Drei Mannheimer wollen mit ihrer App Stocard das Modell der Kundenkarte modernisieren. Einnahmen generiert die App noch nicht. Zudem droht Konkurrenz von Apple.

Stuttgart - Als Apple vergangene Woche in San Francisco sein neues mobiles Betriebssystem iOS 6 vorstellte, staunte David Handlos nicht schlecht. „Ich war schon sehr überrascht – und auch ein bisschen verärgert“, sagt der 25-Jährige, der vor wenigen Tagen seinen Master in Betriebswirtschaft an der London School of Economics abgeschlossen hat und nun wieder in seiner einstigen Studentenstadt Mannheim wohnt.

 

Grund seiner Erregung ist eine in iOS 6 integrierte neue App namens Passbook, mit der iPhone-Nutzer ab Herbst etwa Boarding-Karten für Flüge oder Kundenkarten einscannen und diese dann gebündelt von ihrem Mobilgerät aus nutzen können. Eine digitale Alternative zu Plastikkarten, die den Geldbeutel ausbeulen oder Rabattcoupons, die im entscheidenden Augenblick eben doch meist auf dem Küchentisch liegen bleiben.

160.000 Downloads innerhalb eines Jahres

Genau das ist allerdings auch die Idee hinter der App Stocard, die Handlos zusammen mit den beiden Mannheimer Wirtschaftsinformatikern Björn Goß (24) und Florian Barth (28) vor rund einem Jahr an den Start gebracht hat und seither kostenlos über den iPhone-App-Store und Google Play anbietet. Mittels Stocard können Nutzer den Barcode auf ihren Kundenkarten – sei es von der Videothek um die Ecke, Klamottenläden oder Baumärkten – fotografieren, speichern und auf Wunsch im Display ihres Handys anzeigen lassen. An der Kasse muss dann nur noch das Handy an den Scanner gehalten werden statt der jeweiligen Plastikkarte.

Rund 350 Karten ohne Zahlungsfunktion sind laut Handlos aktuell in der App voreingestellt. Ein Modell, das bei Handynutzern durchaus Gefallen findet. „Stocard wurde mittlerweile über 160 000-mal runtergeladen“, sagt Handlos. Zudem habe Apple das Produkt mittlerweile als eine der besten Apps des Jahres 2011 ausgezeichnet.

Leise Kritik an Apple

Ein Erfolg, mit dem die drei Start-up-Gründer nicht gerechnet hätten, wie Handlos sagt, der ihnen aber bald auch ein Stück weit Probleme bereiten könnte. „Apple greift immer wieder geschickt erfolgreiche Ideen auf, um sie in das eigene System zu integrieren“, sagt Handlos im Hinblick auf die angekündigte Passbook-App. Sich mit Hilfe des deutschen Patentrechts gegen solch einen „Ideenklau“ zu schützen, sei sehr schwierig. „Nur gegen ganz dreiste Kopien können wir vorgehen.“

Doch es ist auch nicht das Bestreben der Stocard-Erfinder, sich gegen Apple zur Wehr zu setzen, ohne dessen App-Store die ganze Erfolgsgeschichte der Mannheimer schließlich überhaupt nicht möglich gewesen wäre. Vielmehr wollen sie sich noch stärker auf die Weiterentwicklung von Stocard fokussieren – auch um damit in absehbarer Zeit einmal Geld verdienen zu können.

Denn: „Stocard selbst wird immer kostenlos bleiben“, sagt David Handlos. Einnahmen könnten die Mannheimer daher erst erzielen, wenn die Unternehmen, die hinter den Kundenkarten stehen, noch stärker mit eingebunden werden – etwa indem sie über die App zielgerichtete Rabattangebote oder Aktionen in Umlauf bringen.

Weiterer Werbekanal für Firmen

„Einige teils große Firmen sind da schon auf uns zugekommen“, sagt Handlos. Eine App wie Stocard biete den Unternehmen schlicht einen weiteren Kommunikationskanal. Zudem falle das Porto für umfangreiche Rabattaktionen per Brief dadurch weg und man könne sichergehen, dass Kunden die Coupons auch mit sich führen, wenn sie das jeweilige Geschäft betreten. Geplant sei, dass diese Funktion ab Herbst den Händlern zur Verfügung stehe, sagt Handlos. Dann könne jeder für sich testen, wie effektiv dieser Kanal sei.

Datenschutzrechtlich sei dies alles unbedenklich. „Wir speichern keine personenbezogenen Daten“, sagt Handlos. Es würden lediglich von den Partnerfirmen ausgewählten Kundennummern Coupons angeboten. Die Daten selbst lägen wie bisher auch bei den Anbietern der Kundenkarten.

Was die Konkurrenz aus dem Hause Apple angeht, so ist Handlos zuversichtlich. Erstens würde Stocard ja auch für Android-Geräte angeboten. Außerdem dauere es noch eine Weile, bis Passbook auch in Europa verfügbar sei. „Diesen Zeitvorsprung wollen wir nutzen.“