Marcel Nguyen trägt seit diesem Sommer die Siegesgöttin auf dem Arm. Beim DTB-Pokal in der Stuttgarter Porsche-Arena am Freitag bestreitet er das erste Mal einen internationalen Wettkampf mit dem neuen Körperschmuck.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Stuttgart - Sein Faible für eine gewisse Extravaganz äußerst sich bei dem Turnstar Marcel Nguyen immer stärker – und zwar buchstäblich. Der Porsche-Fahrer trägt nicht mehr nur ausgefallene Frisuren und auffällige Klamotten, sondern auch zwei Tattoos. Den Spruch „Pain is temporary, pride is forever“ (Schmerz ist vergänglich, Stolz bleibt für immer) ließ er sich 2012 auf die Brust schreiben. Und seit diesem Sommer umhüllt seinen linken Unterarm ein neues Nadelkunstwerk .

 

Marcel Nguyen ließ sich dort die Siegesgöttin Nike einstechen, die auch auf seinen beiden Olympia-Silbermedaillen zu sehen ist. Und auf der Hinterseite seines linken Unterarmes lodert nun ebenso gewaltig die olympische Flamme. „Ich finde die Medaillen cool, nicht nur weil ich sie selbst gewonnen habe. Da dachte ich, das Motiv verewige ich mir auf dem Arm“, sagt der 26-Jährige vom MTV Stuttgart. Es dient auch als Motivationshilfe: „Wenn das Training mal schwerfällt, ist das ist eine gute Erinnerung an meine Erfolge, für die ich das ja mache.“

Marcel Nguyen verzichtet auf eine Wildcard

Der DTB-Pokal in der Stuttgarter Porsche-Arena ist der erste internationale Wettkampf, den Marcel Nguyen mit seinem neuen Tattoo bestreitet. Allerdings wird er bei der wichtigsten deutschen Turnveranstaltung seinen Titel im Weltcup nicht verteidigen können. Denn der Deutschvietnamese tritt nur in der am Freitag mit der Qualifikation beginnenden Team Challenge für Vierermannschaften an und nicht in dem hochkarätigen Mehrkampfturnier zum Abschluss am Sonntag. Wegen seines Verzichts auf die Weltmeisterschaften in Antwerpen ist er nicht qualifiziert.

Dank seiner guten Verbindungen zu dem Turnierdirektor Valeri Belenki, der zugleich sein Trainer ist, hätte Marcel Nguyen problemlos eine Wildcard bekommen können. Doch er verzichtete darauf. „Ich bin noch nicht wieder in so einer super Verfassung, dass ich international an allen Geräten vorne mitturnen kann“, sagt der zweimalige Barren-Europameister, der 2013 zu einem Trainingsjahr gemacht hat.

In der Team Challenge startet er mit seinen Stuttgarter Trainingspartnern Daniel Weinert (Kieler MTV) und Helge Liebrich (TV Wetzgau) sowie Andreas Toba, der in der Bundesliga ebenfalls für den neuen Deutschen Meister TV Wetzgau antritt. Marcel Nguyen wird voraussichtlich am Barren, an den Ringen, am Boden und am Sprung turnen. Die Deutschen treffen auf versierte Gegner aus Japan, Russland und auch China mit dem 18-jährigen Barren-Weltmeister Lin Chaopan. „Die Team Challenge wird nicht nur dank Marcels Einsatz in diesem Jahr extrem attraktiv“, sagt Valeri Belenki. „Man könnte fast sagen, dass es kleine Olympische Spiele sind.“

Fabian Hambüchen steht an der Spitze des Starterfeldes

Das achtköpfige Weltcupfeld der Männer wird von dem Weltmeisterschaftsdritten Fabian Hambüchen (TSG Niedergirmes) angeführt. „Ich kann mich nur bei ihm und seinem Team bedanken, dass sie Wort gehalten haben und er startet. Er ist natürlich eine große Zugnummer“, sagt Valeri Belenki. Der Hesse trifft unter anderen auf den WM-Achten Andrey Likhovitskiy und den WM-Elften Fabian Gonzalez (Spanien), mit denen er in der Bundesliga für den Vizemeister KTV Obere Lahn startet.

Fabian Hambüchen turnt also, die anderen Stars fehlen dagegen zum Auftakt der vierteiligen Weltcupserie mit weiteren Stationen in Glasgow, Greensboro (USA) und Tokio – wieder einmal. Diesen Missstand hat Bruno Grandi, der Präsident der Weltverbandes Fig, unlängst in einem Interview mit dem Fachmagazin „Leon“ ganz offen beklagt: „Es ist zwecklos zu behaupten, der Weltcup liefe gut. Er läuft sehr schlecht.“

Valeri Belenki sieht es nicht ganz so drastisch, räumt allerdings einigen Verbesserungsspielraum ein. „Was ich schlecht finde, ist, dass der beste Mann immer absagt“, sagt der Turnierdirektor mit Blick auf den japanischen Olympiasieger und Weltmeister Kohei Uchimura. „Es ist schade, dass die Verbandsleute ihn nicht an den Start bringen. Die deutsch-japanischen Beziehungen sind da zu einseitig.“

Überlegungen zur Aufwertung des Weltcups

Der Termin ist ein Problem. Die Hauptsaison ist vorbei, der Blick geht eigentlich bereits in Richtung des nächsten Jahres – und mit Showauftritten lässt sich leichter Geld verdienen. „Der Weltcup hat schon jetzt eine hohe Qualität. Es gibt bei der Fig und den Ausrichtern aber Bestrebungen, um die Serie weiter zu stärken“, sagt Jörg Hoppenkamps vom Schwäbischen Turnerbund, der den DTB-Pokal als Projektleiter organisiert. Unlängst gab es ein erstes Treffen. „Es laufen Überlegungen, den Weltcup in die Olympiaqualifikation zu integrieren“, sagt Jörg Hoppenkamps.

Das würde das Turnier weiter aufwerten. Wolfgang Drexler ist aber auch mit dem Status quo nicht unzufrieden. „Stuttgart ist eine von vier Stationen des Weltpokals und hat sich fast zur Turnstadt entwickelt“, sagt der Präsident des Schwäbischen Turnerbundes, der zugleich stellvertretender Präsident des baden-württembergischen Landtags ist. „Nichts gegen den VfB, aber wenn man sich die Leistungen so anschaut, können wir schon stolz sein.“ Nicht zuletzt auf Marcel Nguyen, den extravaganten Olympiazweiten.