Seit vielen Jahren kommt Sibylle Hilker mit ihren Tieren an die Margarete-Steiff-Schule in Stuttgart-Möhringen. Die behinderten Schüler lernen beim Umgang mit den Tieren einiges ... Wir haben eine Schulstunde besucht.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen - Vor dem Mädchen im Rollstuhl sitzt Flöckchen. Das weiße Meerschweinchen mit den rosafarbenen Augen knabbert an dem grünen Blatt. Unterdessen füttert ein Junge die Hunde Ella und Titus mit Leckerlis. Ella, ein heller Schnauzer-Labrador-Mix, ist ganz gierig. Sie gewinnt gegen den kleinen, dunklen Chihuahua-Mischling Titus. Den Jungen freut es. Sein Mitschüler gegenüber will auch die Hunde füttern, er weint. Doch als Sibylle Hilker mit den Vierbeinern zu ihm kommt und Ella wieder Titus das Leckerli buchstäblich vor der Nase wegschnappt, klatscht er begeistert in die Hände.

 

Hilker ist Diplom-Psychologin und psychotherapeutische Heilpraktikerin. Vor mehr als zehn Jahren machte sie am Institut für Soziales Lernen in Wedemark eine Fortbildung zur Fachkraft für Tiergestützte Intervention. Seitdem ist sie regelmäßig zu Gast an der Margarete-Steiff-Schule, der ehemaligen Schule für Körperbehinderte, auf den Hengstäckern in Stuttgart-Möhringen. „Es geht um Beziehungen. Die Kinder bauen zu den Tieren Kontakt auf. Oftmals ist das für sie einfacher, als mit anderen Menschen in Beziehung zu treten“, sagt Hilker.

Kommunikation ist das zentrale Thema

Das kann Peter Otto nur bestätigen. „Der Aufbau von Beziehungen ist die Grundlage für jede Kommunikation. An unserer Schule ist das ein zentrales Thema“, sagt der Schulleiter. Die Schüler in der Gruppe an diesem Montagvormittag sind zwischen elf und 16 Jahre alt. Sie sind schwerstmehrfachbehindert. Doch wenn Hilker mit ihren Tieren zu Besuch kommt, können sie ihre Fähigkeiten ausleben. Sie streicheln und füttern die Vierbeiner oder schauen einfach nur zu. Sie spüren die Wärme, den Atem und den Herzschlag der Tiere, wenn sie eines von ihnen auf dem Schoß haben. „Im Gegensatz zu den Menschen nehmen die Tiere ihnen die Arbeit nicht ab. Sie sind nicht versucht, ihnen zu helfen“, sagt Hilker. Das Tier lasse die Dinge einfach geschehen. So würden die Schüler erleben, dass auch sie selbst etwas können, dass sie eine Wirkung haben. „Und das steigert ihr Selbstbewusstsein“, sagt Hilker.

Doch nicht jedes Tier ist geeignet. Hilker führt ihre Schützlinge von klein auf an ihre Aufgabe heran. „Ich muss das Verhalten meiner Tiere in jeder Situation einschätzen können“, sagt die Psychologin. Tiere, denen die Arbeit zu viel Stress bereite, dürfen zu Hause bleiben. „Anstrengend sind die Besuche aber natürlich für alle Vierbeiner. Ella und Titus haben zwar viel Spaß. Aber nachher sind sie müde und wollen schlafen“, erklärt die Expertin. Für die Schüler ist der tierische Besuch eine willkommene Abwechslung. „Aber manche haben am Anfang auch Angst“, sagt Hilker. Doch die überwiegende Mehrheit der Schüler würde die Vierbeiner schnell ins Herz schließen. Das gilt natürlich auch für die gefiederten Gäste. Denn Hilker hat auch Hühner. An diesem Vormittag ist die fünfjährige Alba mit an der Margarete-Steiff-Schule.

Handwerker im GHV spenden für die tiergestützte Pädagogik

Die Schule investiert jährlich einen fünfstelligen Betrag in die tiergestützte Pädagogik. Zuschüsse von der Stadt gibt es dafür so gut wie keine. Das Angebot wird allein vom Förderverein und aus Spenden finanziert. Um so mehr freuen sich Otto und sein Team über die Spende der Handwerker im Gewerbe- und Handelsverein. Am Montag haben Andreas Pollich und Volker Koehl den symbolischen Scheck in Höhe von 1782 Euro übergeben. Etwa 85 Euro steckten die Besucher des Möhringer Herbstes in das von den Handwerkern aufgestellte Sparschwein. Den Rest der Summe legten die Betriebe drauf. „Uns ist das soziale Engagement wichtig, und wir wollen, dass das Geld in Möhringen bleibt“, so Pollich bei der Spendenübergabe.