Maria Riesch holt sich in Lenzerheide den Weltcup-Gesamtsieg. Ihrer Teilzeit-Freundin Lindsey Vonn gefällt das gar nicht.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Lenzerheide - Überall die Rote Karte: das Weltcupfinale der Alpinen in Lenzerheide war ganz unter dem Eindruck der Absagen gestanden. Weil bei den Frauen und Männern wegen des schlechten Wetters jeweils der Super-G und der Riesenslalom gekappt werden mussten, krönte sich Maria Riesch erstmals zur Gesamt-Weltcupsiegerin - während die um drei Punkte geschlagene Amerikanerin Lindsey Vonn so angefressen war, dass sie ihrer Pseudofreundin nicht einmal gratulierte.

 

Und so folgte prompt die fünfte Absage. Beim Saisonauftakt in Sölden erklärte Vonn, dass sie im April Trauzeugin bei der Hochzeit von Riesch und ihrem Manager Marcus Höfl sein werde. Doch wohl auch die Nichtgratulation in Lenzerheide führte im inzwischen unerträglichen Freundinnentheater zwischen der Deutschen und der Amerikanerin zur Roten Karte für Lindsey Vonn. "Ich habe nie gesagt, dass die Lindsey meine Trauzeugin wird, sondern nur, dass es meine Schwester ist."

Das Freundinnengetue nervt die Szene

Diese Weltcupsaison hat es verdient, dass sie zu Ende ist. Das Freundinnengetue zwischen den weltbesten Skirennläuferinnen nervt die komplette Szene. Mal hassen sie sich, dann kuscheln sie wieder, später lügen sie sich an - Stand Lenzerheide liegt die sogenannte Freundschaft in Scherben. Diese auf Drittklässlerniveau inszenierte Zickenkrieg führt dazu, dass Sportlerinnen und Sportler in den Hintergrund geraten, die es wert wären, mal in den Genuss von Aufmerksamkeit zu kommen.

Etwa der Gesamtweltcupsieger Ivica Kostelic, der mit 31 Jahren endlich auch mal die Große Kristallkugel gewann - wie schon seine jüngere Schwester Janica. Oder das pfundige Madl aus Kreuth, Viktoria Rebensburg. Die Absage des Riesentorlaufs machte die Bayerin endgültig zur Gewinnerin der Kleinen Kristallkugel in dieser Disziplin. Das war aus deutscher Sicht in Lenzerheide neben dem Riesch-Erfolg und dem dritten Platz von Felix Neureuther im Slalom nach der verkorksten Heim-WM ein versöhnlicher Abschluss. Der Finalsieg der Deutschen gegen Italien im abschließenden Teamwettbewerb komplettierte die wohltuende Bilanz.

Die nette Frau Rebensburg durfte bei der Pressekonferenz in der Schulaula von Lenzerheide noch mit großen Augen erzählen, dass für sie "ein Traum wahr geworden" sei. Doch danach platzierte sich Maria Riesch auf dem Podium - und schon wurde es wieder ernst. Auch sie freute sich über den Pokal, der ihr noch fehlte. Sie ist Olympiasiegerin, Weltmeisterin, der Gesamtsieg fehlte ihr noch. Um die Bedeutung herauszustreichen, bediente sie sich eines fachfremden Vergleichs. "Es ist die sportliche Krönung und wie in der Formel-1-Weltmeisterschaft - denn wer die meisten Punkte holt, der gewinnt."

Lindsey Vonn: mal Feindin, mal Freundin, mal Lügnerin

Doch dann, es dauerte nicht lange, kam wieder das Thema aller Themen auf den Tisch: Lindsey Vonn. Mal Feindin, mal Freundin, mal Lügnerin. Der Ärger mit ihr (Riesch: "Ich habe in den letzten Rennen Nerven gezeigt"), hätte die Deutsche fast noch um den Erfolg gebracht. Vonn zickte bei der WM in Garmisch, schimpfte über die Pisten und zog sich frühzeitig schmollend zurück. Das holte auch Vater Siegfried Riesch aus der Deckung. "Was Lindsey da veranstaltet, ist affig", sagte er. Dabei hatte doch Vonn im Elternhaus ihrer ehemaligen Busenfreundin oft hochmotiviert mitgemacht, als am Weihnachtsbaum "O du fröhliche" angestimmt wurde.

Am Samstagabend waren sich die beiden Alphafrauen der Branche bei einem Sponsorentermin gezielt aus dem Weg gegangen. "Schon seit zwei Wochen gibt es Reibereien", sagte Riesch. Als die Große Kristallkugel verteilt wurde, beklagte sich die Partenkirchenerin über die Regungslosigkeit der US-Lady auf dem Podium. "Ich habe sie umarmt und gratuliert, aber von ihr kam nichts", sagte Riesch und steigerte sich richtig rein: "Es enttäuscht mich natürlich schon irgendwo, weil ich die letzten drei Jahre oft das Nachsehen hatte und immer sportlich fair gratuliert und ihre Leistungen respektiert und akzeptiert habe."

Rivalin äußert sich per Pressemitteilung

Sie versuchte sich das Verhalten der Amerikanerin irgendwie zu erklären. "Es ist schwierig, und wenn man halt wie die Lindsey so erfolgsverwöhnt und immer nur auf das Gewinnen aus ist, ist es wahrscheinlich noch schwieriger", sagte Riesch in Lenzerheide.

Vonn ihrerseits hatte sich darüber mokiert, dass ihr die ausgefallenen Rennen die Chance auf ihren vierten Gesamtweltcupsieg nacheinander genommen hatten. Sie schlug vor, noch am heutigen Montag Rennen nachzuholen. Zum Erfolg der Rivalin äußerte sie sich nur per Pressemitteilung. Sie fühle sich am Boden zerstört und freue sich sehr für Riesch, hieß es da.

Um die Ungereimtheiten auszuräumen, gibt es für die Siegerin jetzt nur einen Weg: "Ich erwarte von Lindsey, dass sie auf mich zukommt." Ausgang ungewiss ...

Gesamtsieger seit 15 Jahren

Frauen:

2010/2011 Maria Riesch (Partenkirchen)

2009/2010 Lindsey Vonn (USA)

2008/2009 Lindsey Vonn (USA)

2007/2008 Lindsey Vonn (USA)

2006/2007 Nicole Hosp (Österreich)

2005/2006 Janica Kostelic (Kroatien)

2004/2005 Anja Pärson (Schweden), 2003/2004 Anja Pärson (Schweden)

2002/2003 Janica Kostelic (Kroatien)

2001/2002 Michaela Dorfmeister (AUT)

2000/2001 Janica Kostelic (Kroatien)

1999/2000 Renate Götschl (Österreich)

1998/1999 Alexandra Meissnitzer (AUT)

1997/1998 Katja Seizinger (Halblech)

1996/1997 Pernilla Wiberg (Schweden)

Männer:

2010/2011Ivica Kostelic (Kroatien)

2009/2010 Carlo Janka (Schweiz)

2008/2009 Aksel Lund Svindal (Norwegen)

2007/2008 Bode Miller (USA)

2006/2007 Aksel Lund Svindal (Norwegen)

2005/2006 Benjamin Raich (Österreich)

2004/2005 Bode Miller (USA)

2003/2004 Hermann Maier (Österreich)

2002/2003 Stephan Eberharter (Österreich)

2001/2002 Stephan Eberharter (Österreich)

2000/2001 Hermann Maier (Österreich)

1999/2000 Hermann Maier (Österreich)

1998/1999 Lasse Kjus (Norwegen)

1997/1998Hermann Maier (Österreich)

1996/1997Luc Alphand (Frankreich)