Beim Testspiel gegen England hat die deutsche Nationalmannschaft leichtfertig die Führung aus der Hand gegeben. Einen Sieger gab es in der DFB-Auswahl trotzdem: Mario Gomez. Der Stürmer bewies, dass wieder mit ihm zu rechnen ist.

Berlin - Die deutsche Nationalelf hat beim Testländerspiel gegen England leichtfertig die 2:0-Führung und damit den möglichen Sieg aus der Hand gegeben. Einen Sieger gab es in der DFB-Auswahl trotzdem: Mario Gomez, der erstmals seit seinem Doppelpack gegen die Niederlande bei der EM 2012 wieder im Nationaltrikot getroffen hat. Auch sonst bewies der Stürmer, dass wieder ihm zu rechnen ist.

 
Herr Gomez, 2:0 geführt, 2:3 verloren – wie lässt sich das erklären?
Eigentlich unerklärlich. Im Nachhinein muss ich sagen, es war etwas dumm, dass wir dieses Spiel nicht gewonnen haben. Wir haben gegen eine starke Mannschaft 2:0 geführt und hätten bis dahin sogar mehr Tore schießen können.
Und dann?
Dann haben wir dem Gegner plötzlich viel zu viele Räume gelassen, sie haben das eiskalt ausgenutzt. Man hat gesehen: die Engländer haben eine Mannschaft, die vielleicht nicht die großen Namen in ihren Reihen hat - aber viele hochtalentierte Spieler. Sie haben ihre Spielweise etwas geändert. Wenn man ihnen Platz lässt, nutzen sie das gnadenlos aus. Am Ende sind wir selbst schuld, dass wir das Spiel verloren haben.
Muss man sich deshalb Sorgen ums deutsche Team machen?
Nein. Aber es sollte uns mit Blick auf die Europameisterschaft eine Warnung sein. Man hat gesehen, dass es nicht nur Deutschland, Frankreich und Spanien gibt, sondern viele sehr gute Mannschaften. Bei der Euro bedeutet so ein Spiel die Heimreise - aber ich kann mir aber nicht vorstellen, dass uns bei einem Turnier so etwas passieren könnte. Im Moment ist es noch so, dass viele von uns extrem wichtige Spiele im Verein haben. Deshalb sollte man das nicht überbewerten.
Wie sehr tröstet es Sie über die Niederlage hinweg, dass Sie ein Tor erzielt haben – in der Nationalmannschaft Ihr erstes seit fast vier Jahren.
Ich freue mich natürlich darüber, ist doch klar. Aber ich muss auch sagen: ich bin jetzt 30, und ich bin schon auch ein bisschen davon weggekommen, allein die Tore zu sehen.
Wirklich? Ein Stürmer will doch immer Tore schießen.
Ich habe in meiner Karriere viele Tore geschossen - trotzdem war nicht immer nur Zufriedenheit zu spüren. Ich merke selbst, wann ich gut im Spiel bin. Bei den Bayern musste ich damals mein Spiel umstellen, weil wir sehr offensiv gespielt haben. Ich bin da nur vorne im Strafraum rumgestanden und habe dadurch meine Stärken verloren: in die Tiefe zu gehen, den Verteidiger zu attackieren – all diese Dinge, die mich davor beim VfB ausgezeichnet haben. Jetzt bin ich wieder da, wo ich mal war. Jetzt habe ich wieder die Form von früher.
Wie haben Sie das geschafft?
Durch harte Arbeit. Ich spüre: ich habe wieder die Körner und die Power, um die weiten Wege zu machen und der Mannschaft dadurch zu helfen. Das zeigt mir: der ganze Aufwand der letzten Monate, das harte Training hat sich gelohnt.
Dann sind Sie in der Nationalmannschaft also wieder zurück?
Ich war doch nie wirklich weg. Ich versuche jetzt so weiter zu machen. Ich persönlich war schon beim Spiel in Frankreich zufrieden, weil ich auch da erstmals wieder gespürt hatte, dass ich dem Gegenspieler wieder wehtun kann. Ich fühle mich gut, habe wieder Spaß am Fußball. Das war eine Zeit lang nicht mehr so. Jetzt versuche ich, jeden Moment zu genießen, alles mitzunehmen.
Was erwarten Sie vom Spiel gegen Italien am Dienstag?
Wir wissen ja alle, dass die Italiener eine Turnierbestie sind. Auch sie haben aber ihre Spielweise etwas verändert. Sie haben viele Spieler, die mit dem Ball gehen können und natürlich wie immer eine gute Defensive. Das wird kein einfaches Spiel. Ich glaube aber schon, dass es wichtig ist, dass wir in die EM-Vorbereitung mit einem Sieg gehen.
Gibt es irgendwelche Zweifel, dass Sie bei der EM dabei sind?
Ich hoffe das sehr, aber ich mache mir nicht mehr so einen Kopf darüber, ob ich dabei bin. Ich kann nur sagen: Ich bin in einem sehr guten Kontakt mit dem Bundestrainer, ich weiß, was er von mir erwartet. Es gibt von meiner Seite auch keinerlei Groll, dass ich bei der Weltmeisterschaft nicht dabei war. Damals war ich nicht in der Verfassung. Das ist jetzt anders, und darüber bin ich sehr froh.