Mario Kreh soll schaffen, was bis jetzt keiner seiner Vorgänger geschafft hat: mehr Touristen in die Stadt holen und mehr Veranstaltungen. Dabei wird der 39-Jährige allerdings Unterstützung bekommen.

Region: Verena Mayer (ena)

Ludwigsburg - Im gesamten deutschsprachigen Raum hat ein Headhunter einen Chef für den Ludwigsburger Eigenbetrieb Tourismus und Events gesucht, fündig wurde er schließlich in: Ludwigsburg. In der kommenden Woche tritt Mario Kreh, so heißt der Gefundene, sein neues Amt an. Im Interview erklärt er, warum es kein Manko ist, dass er sich mit Tourismus kaum auskennt und warum Helene Fischer vermutlich nie in der Arena auftreten wird.

 
Herr Kreh, darf ich Sie Super-Mario nennen?
Nein!
Aber Sie sind doch der Supermanager!
Eben nicht! Ich finde den Begriff Supermanager absolut unpassend. Ich weiß, er ist plakativ. Aber Supermanager bedeutet, dass einer alles alleine macht – der Job hier ist aber so komplex, so vielfältig, dass ich mir so jemanden nicht vorstellen kann. Gebraucht wird ein Teamplayer!
Mit Superkräften?
Vielleicht mit Supernerven. Man braucht in dem Job eine gewisse Ruhe, die Fähigkeit, seine Mitarbeiter zu führen. Anders als in Göppingen werde ich hier weniger im operativen Bereich tätig sein, sondern mehr im planerischen und strategischen. Die Mitarbeiter, die direkt dran sind, die wissen, wie das Geschäft funktioniert. Einige habe ich schon kennengelernt – und ich bin sehr angetan.
Ihre beiden Vorgänger in diesem Amt sind gescheitert. Wissen Sie wirklich, worauf Sie sich eingelassen haben?
Klar gibt das zu denken, wenn zwei Vorgänger innerhalb kurzer Zeit gehen. Die Gründe kenne ich nicht, ich war nicht dabei. Ich hoffe, dass ich es besser hinbekomme. Ich trau’ es mir zu, sonst hätte ich den Job nicht angenommen.
Obwohl Sie bis jetzt nichts mit Tourismus und Stadtmarketing zu tun gehabt haben.
Ich habe in den Gesprächen mit dem Oberbürgermeister und den Stadträten im Vorfeld immer gesagt, dass ich wenig Expertise in diesen Bereichen habe – dass es aber auch schwierig werden wird, jemanden zu finden, der beides beherrscht. Ein Bundesliga-Handballer kann nicht auch Bundesliga-Basketballer sein, obwohl die Sportarten sehr viel gemeinsam haben. Ähnlich ist es mit den Aufgabengebieten Tourismus/Stadtmarketing und Arena-Management/Events. Entweder macht man in einem Bereich Abstriche – oder man nimmt einen, der in beidem nicht optimal ist.
Heißt das, dass die Stadt Abstriche macht oder dass Sie in beidem nicht optimal sind?
Weder noch! Es wird geprüft, eine Stellvertreterposition zu schaffen, die sich um den Schwerpunkt Tourismus und Stadtmarketing kümmert. Die Entscheidung muss noch die politischen Gremien durchlaufen, aber ich hoffe sehr auf diese Stelle. Wenn es an der Spitze zwei Personen gäbe, die sich ergänzen in ihrer Expertise und ihren Erfahrungen, dann wäre das der optimale Weg. Es muss ja Gründe geben, warum die Vorgänger vorzeitig gegangen sind.
Bis jetzt haben Sie erfolgreich die EWS-Arena in Göppingen gemanagt. Kommen künftig alle Sportler und Künstler nach Ludwigsburg, weil Sie hier die Fäden ziehen?
Ich hoffe natürlich schon, dass ich meine Kontakte einbringen kann.
Haben Sie schon Ideen?
Es gibt auf jeden Fall Veranstaltungen, die ich hier unterrepräsentiert sehe.
Helene Fischer?
Die ganz Großen bekommt man nicht hier her. Das ist eine einfache Rechengeschichte: Wenn man in Stuttgart 2000 Plätze mehr füllen kann, macht man ein paar Hunderttausend Euro mehr Umsatz. Warum sollte ein Veranstalter also mit den ganz großen Gigs nach Ludwigsburg gehen oder nach Göppingen, wenn er nach Stuttgart gehen kann? Große Weltkünstler suchen sich Weltstädte aus. Und nicht mal Stuttgart ist immer unter den Top-Städten.
Was fehlt Ihnen dann in Ludwigsburg?
Eine Stärke von uns in Göppingen war der Comedybereich, in Ludwigsburg finde ich diesen Bereich unterrepräsentiert. Aber ich bin sicher, dass Ludwigsburg auch einige dieser Künstler haben wollte. Warum haben die sich für Göppingen entschieden? Was wurde dort anders gemacht? Die Antworten auf diese Fragen werden wir herausfinden müssen, um besser zu werden.
Könnten die permanenten Manager-Abgänge der Arena geschadet haben?
Das Image wurde dadurch sicher nicht verbessert, die Wechsel wurden in der Branche schon beachtet. Ob sie aber Veranstalter davon abgehalten haben, nach Ludwigsburg zu gehen, kann ich nicht beurteilen. Es war nicht so, dass der Betrieb dadurch lahmgelegt war. Die Mitarbeiter haben ja weiter gearbeitet.
Wie beurteilen Sie die Arena?
Die Arena ist sehr funktional, sehr passend. Schön steil aufsteigend. Speziell beim Basketball ist das gut für die Sicht und die Stimmung. Und sie ist technisch wirklich sinnvoll geplant, soweit ich das bis jetzt beurteilen kann.
Mit der Auslastung scheint die Stadt nicht zufrieden zu sein. Sogar als Sorgenkind wurde die Arena schon bezeichnet.
Ich kann nicht sagen, ob die MHP-Arena mehr Veranstaltungen hat als die EWS-Arena oder andere vergleichbare Veranstaltungsstätten. Mir ist nicht bekannt, dass diese Zahlen kommuniziert wurden. Es gibt verschiedene Fachforen, wo ein bundesweiter Austausch unter vielen Arenen stattfindet, auch was die Auslastung angeht. Ludwigsburg hat sich daran nie beteiligt, daher fehlen mir die Vergleichswerte. Aber ich weiß, dass ich von Göppingen immer wieder neidisch herüber geschaut habe, wenn in der Ludwigsburger Arena im Sommer eine Ausstellung stattgefunden hat. „Die Körperwelten“ zum Beispiel oder „Tutanchamun“.
Auch wenn diese Ausstellungen teilweise nicht so gut besucht waren?
Das ist die Frage: Will man viele Belegungstage haben oder möchte man richtig Geld verdienen? Wenn ein Veranstalter zwei Monate hier ist, zumal in einer Zeit, in der Hallen nicht stark nachgefragt werden, wird er sicher keinen Marktpreis zahlen. Ist es dann gut, dass man 60 Belegungstage drin hat oder zahlt man letztlich drauf?
Darauf haben Sie noch keine Antwort?
Ich weiß noch nicht, wo der Schwerpunkt gesetzt wird. Ich habe noch keinen Einblick in die Preisgestaltung und die finanzielle Lage des Eigenbetriebs. Aber wenn man nur nach Belegungstagen geht, ist die MHP-Arena nicht schlecht.
Glauben Sie, man stellt eines Tages noch mal die Frage, ob die Arena angesichts der vielen Veranstaltungsstätten in der Region wirklich nötig war?
Selbst wenn, die Antwort wäre einfach: Sie ist notwendig. In Ludwigsburg brauchen die Basketballer eine bundesligataugliche Halle, so wie in Göppingen die Handballer. Die Clubs können nicht in Stuttgart spielen, auch wenn es damals diesbezügliche Bestrebungen von dort gab. Das heißt: Beide Hallen sind zwingend notwendig. Nun muss man eben schauen, welche Angebote um die Ankermieter drumrum gestrickt werden.
Finden Sie es auch lustig, dass ein Headhunter im gesamten deutschsprachigen Raum nach dem Supermanager für Ludwigsburg gesucht hat – um ihn letztlich in Ludwigsburg zu finden?
Ja. Aber anders wäre es nicht gegangen. Ich weiß nicht, ob ich mich beworben hätte, wenn die Stelle ganz klassisch ausgeschrieben gewesen wäre. Das Headhunter-Verfahren hat mir die Möglichkeit gegeben, mich mit jemand Neutralem zu unterhalten und erste Eindrücke zu sammeln. Das war ja auch bei mir ein Prozess, bis ich mich zur Bewerbung entschieden hatte. In Göppingen ging es mir gut, und ich hatte eigentlich keinen Grund zu wechseln.
Was hat Sie bewogen, das Risiko zu wählen?
Ich sehe meine neue Stelle als wahrscheinlich einmalige Chance: Wer hat schon die Möglichkeit, in seiner Heimat einen Job zu machen, in dem man so viel beeinflussen und entwickeln kann.

Ein Mann, viele Aufgaben

Person
Mario Kreh, Jahrgang 1977, hat in Stuttgart Sport- Management studiert und ging danach zur Management- und Marketingagentur Saltico nach Göppingen. Dort arbeitete er sich in die Position des Geschäftsführers hoch und übernahm 2012 das Management der EWS-Arena. Mario Kreh ist in Ludwigsburg aufgewachsen und lebt mit seiner Familie in Eglosheim.

Stelle
Seine neue Stelle tritt Mario Kreh am 1. Juli an. Er ist dann Leiter des Eigenbetriebs Tourismus und Events. Zu den Veranstaltungsstätten, die er verantwortet, gehören außer der Arena das Forum und die Musikhalle. Der Eigenbetrieb war 2012 gegründet worden. Dafür waren die Fachbereiche Tourismus und Veranstaltungsstättenmanagement zusammengelegt worden.

Geschichte
Wegen des großen Aufgabenspektrums der Stelle war schnell die Rede vom Supermanager. So super waren die bisherigen Stelleninhaber aber nicht. Der erste, Thomas Stürm, ging nach viereinhalb Monaten. Der zweite, Holger Schmuacher, warf im Herbst das Handtuch. Zuletzt hielt der Personalamtschef Robert Nitzsche den Betrieb am Laufen.