Der Jugendgemeinderat möchte in Zukunft auch am Ratstisch sitzen, wenn es um die Kommunalpolitik geht – auch in nichtöffentlichen Sitzungen. Die Chancen für das Anliegen stehen gut.

Markgröningen - Georg Gauger dürfte zufrieden sein. In seiner letzten Sitzung hat der Markgröninger Jugendgemeinderat einstimmig den Antrag des 19-Jährigen verabschiedet. Jetzt muss er mit seinem Papier nur noch eine Hürde meistern: die Abstimmung im „großen“ Gemeinderat. Sollte der an diesem Dienstag ebenfalls zustimmen, hätte er sein Ziel erreicht. Gauger möchte, dass die Jugend in Markgröningen künftig besser gehört wird.

 

Gauger hat beantragt, bei künftigen Gemeinderatssitzungen auch Mitglieder des Jugendgemeinderats zuzulassen. Zumindest bei Themen mit Bezug zu jungen Bürgern will Gauger mit am Ratstisch sitzen. Nicht nur als Zuschauer im Ratssaal, sondern als redeberechtigtes Mitglied. „Der Jugendgemeinderat soll auch Kommunalpolitik machen“, sagt Gauger. Er sieht darin zwei Vorteile. Denn zum einen würden die Gemeinderäte bisher von der Situation der Jugendlichen in Markgröningen zu wenig mitbekommen, und zum anderen solle auch der Politnachwuchs durch die bessere Verknüpfung einen Einblick in die „echte“ kommunalpolitische Arbeit bekommen. „Der Jugendgemeinderat ist nicht nur dazu da, Freizeitangebote zu organisieren“, erklärt Gauger.

Es ist die neunte Wahlperiode des Jugendgemeinderats

Dass es so kommen könnte, wie es sich der 19-Jährige wünscht, dafür stehen die Chancen nicht schlecht. Mit einigen Fraktionen im Stadtparlament habe er schon gesprochen und grundsätzlich grünes Licht bekommen, sagt Gauger. Auch der Markgröninger Bürgermeister Rudolf Kürner ist angetan von der Idee: „Ich halte das für eine gute Geschichte und würde das gerne ermöglichen“, sagt er. Bei dem Jugendgemeinderat in Markgröningen handele es sich schließlich um einen der ältesten im Kreis Ludwigsburg, sagt Kürner. Momentan befindet er sich in der neunten Wahlperiode. „Es wäre schön, wenn der Jugendrat auch an kommunalpolitischen Themen mitarbeiten kann.“

Als Vorbild nennt Gauger in seinem Antrag die Stadt Pforzheim. Zwar gibt es den dortigen Jugendgemeinderat erst seit knapp einem Jahr, doch sitzen die jungen Lokalpolitiker von Beginn an mit den Erwachsenen an einem Tisch. Diana Wolff ist die hauptamtliche Leiterin der Geschäftsstelle des dortigen Jugendrats. „Das Modell funktioniert gut“, sagt sie. An jeder Sitzung des Rats und jeder Ausschusssitzung nehmen zwei Mitglieder des Jugendgemeinderates teil, im Jugendhilfeausschuss haben die Vertreter sogar ein gemeinsames Stimmrecht. Ebenso werden alle Vorlagen des Gemeinderates, die Bezug zu Jugendthemen haben, im jungen Rat behandelt.

Markgröningen ist nicht alleine

Als beratende Mitglieder, sagt Wolff, haben die Junggemeinderäte auch das Recht, an den nichtöffentlichen Gesprächen und Debatten teilzunehmen. Wolff gibt aber zu, dass es zu Beginn der Jugendbeteiligung gewisse Vorbehalte einzelner Fraktionen gegeben habe. „Wir wurden nicht von allen mit offenen Armen empfangen.“ Eine ähnliche Mitbestimmung wie bei den Pforzheimer Kollegen wünscht sich auch Georg Gauger. Daher haben er und die anderen Jugendräte in ihren Antrag auch aufgenommen, an den nichtöffentlichen Sitzungen des Gemeinderats teilnehmen zu dürfen. Vor fehlender Motivation bei den Kollegen aus dem Jugendgemeinderat hat Gauger keine Angst. Drei bis vier der 18 Mitglieder hätten bereits signalisiert, dass sie sich die zusätzliche Arbeit vorstellen könnten. Für nötig hält Gauger, der der SPD angehört, aber eine Einführung in die politische Arbeit. „Dann können wir Jugendgemeinderäte das Ganze auch gut leisten“, ist er überzeugt.

Mit seinem Vorstoß steht Gauger nicht alleine. Auch in Ditzingen wird darüber debattiert, wie künftig ein Jugendparlament aussehen könnte. Der Ausschuss für Finanzen, Kultur und Soziales hat sich dafür ausgesprochen, ein Jugendparlament ins Leben zu rufen. Im Oktober soll der Jugendgemeinderat starten, ein gewählter Sprecher soll auch ein Rederecht im Gemeinderat erhalten. Doch auch in Ditzingen blieb die Diskussion nicht ohne Skepsis. Manfred Grossmann, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler sagte: „Hoffentlich entzünden wir damit nicht nur ein Strohfeuer, das schnell wieder erlischt.“

Kommentar: Nur Mut

Von Julian Illi

Die Idee leuchtet ein: Themen, die die Jugend betreffen, sollten auch mit Vertretern der Jugend besprochen werden. Und wer wäre dafür besser geeignet als jene, die sich ohnehin in ein politisches Amt haben wählen lassen?

Der Vorschlag, Jugendgemeinderäte mit an den „erwachsenen“ Ratstisch zu holen, könnte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: eine jugendliche Sicht der Dinge in die Entscheidungsfindung einfließen zu lassen – und gleichzeitig die Jugendräte selbst auf eine eventuelle lokalpolitische Laufbahn vorzubereiten.

Doch ist auch der eine oder andere Zweifel nicht völlig abwegig. Noch nie schien die Jugend derart entpolitisiert wie heute, das zeigen nicht nur die Wahlbeteiligung und das Durchschnittsalter der Amtsträger im ganzen Land. Doch darf das kein Argument sein, die Jugend deshalb vor der Tür stehen zu lassen.

Um das jugendliche Desinteresse an Politik aufzuhalten, sollten engagierte junge Politiker eine Chance bekommen, sich zu beweisen. Eine Garantie dafür, dass es klappt, gibt es nicht. Aber ein bisschen Mut gehört ja zu jeder guten Idee.