Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Es brauchte dann aber noch einige Zeit, bis sich sein Leben so radikal änderte, wie er es sich immer gewünscht hat. Das hat viel mit Ralph Demaisons zu tun. Ein Mediziner, den er bei einer Fernsehproduktion über das Thema Füße kennenlernte, vermittelte den Kontakt. Die Begegnung darf man wohl als schicksalhaft bezeichnen. Demaisons ist Orthopädieschuhmeister bei der Ortema, dem an die orthopädische Klinik in Markgröningen angeschlossenen Unternehmen der Orthopädietechnik. Aber irgendwie ist er auch ein Künstler, der Schuhunikat um Schuhunikat schafft. In dem gleichaltrigen Demaisons fand Nickels einen, der die Wünsche seines Kunden zu seinen eigenen macht. Die Chemie zwischen den beiden stimmt obendrein. Und auch Demaisons ist erst zufrieden, wenn er für seinen Kunden wirklich die unkomplizierteste Schuhlösung gefunden hat. Das liegt vielleicht an seinem auch nicht ganz direkten Weg hin zu seinem jetzigen Job. Nach dem Zivildienst hat der Waldorfschüler einen Studienplatz an der Stuttgarter Modehochschule. Irgendwie ist ihm das zu viel Chi-Chi. Er wechselte in eine klassische Schuhmacherlehre. Das ist ihm nach einiger Zeit zuviel Handwerk – und zu wenig Mensch. Da kommt der Wechsel in die Orthopädieschuhmacherei wie gerufen. Hier kann er von allen Neigungen etwas leben.

 

Nickels und Demaisons verstehen sich auf Anhieb. Nickels ist ein fordernder und kritischer Kunde mit sehr genauen Vorstellungen. Er sagt, was er will und was nicht. Demaisons mag das. Er muss verstehen, was sein Gegenüber braucht. „So eine Aufgabenstellung wie bei Herrn Nickels hatte ich noch nie“, sagt er. Aber die beiden ticken ähnlich und gehen mit der gleichen Hartnäckigkeit vor. Und sie haben den gleichen Humor. Auf eine Schublade in der Orthopädiewerkstatt hat ein Kollege die Warnung „Finger weg, sonst Finger ab“ geklebt. Nickels sieht das, als er sich umdreht, und schüttelt sich vor Lachen. Demaisons lacht mit. Längst sind die beiden Freunde.

Diese Schuhe geben Nickels eine Form von Freiheit

In den Jahren, in denen Nickels immer wieder die 400 Kilometer aus der Gegend um Bitburg in der Eifel ins Strohgäu mit seinem Auto fährt, entstehen ständig verbesserte Schuhmodelle. Sorgsam baut Demaisons das Innenleben des neuen Schuhs auf – über Gipsabdruck, Sohlenkonstrukt, Schachtaufbau. Ein solches Orthopädieschuhpaar zum Preis von etwa 1500 Euro gesteht die Krankenkasse Lothar Nickels zunächst jährlich zu.

Doch es geht ja in diesem Fall nicht nur um die Beschaffenheit des Schuhs. Mindestens so wichtig ist der richtige Verschluss. Ihn ohne Hilfe Dritter öffnen zu können, gibt Nickels eine Form von Freiheit, die er vorher so nicht kannte. Kunde und Experte tüfteln gemeinsam und finden die richtige Lösung. Nickels selbst fährt nach Österreich, um mit dem Verschlusshersteller zu sprechen. Dem imponiert Nickels und seine selbstbewusste Erscheinung. Er gibt sein Okay, die Verschlüsse zu verwenden.