Die Nachfrage nach Wohnimmobilien zum Kauf wird auch in diesem Jahr in Stuttgart weiter ansteigen. Allerdings sind die Käufer längst nicht bereit, jeden Preis zu bezahlen, so eine Umfrage unter Maklern.

Stuttgart - Wer in diesem Jahr plant, eine Eigentumswohnung oder ein Haus in der Landeshauptstadt zu kaufen, wird sich nach wie vor schwertun. Hinzu kommt: aufgrund der niedrigen Zinsen konkurrieren immer öfter Anleger und Eigennutzer um das knappe Angebot bei den Eigentumswohnungen vor allem in den begehrten Lagen von Stuttgart-West, -Süd und -Mitte. 'Die Nachfrage nach Wohnimmobilien ist in Stuttgart über alle Segmente hinweg weiter hoch', sagt Kerstin Schmid, Leiterin Private Immobilien bei Ellwanger & Geiger. Licht am Ende des Tunnels sieht sie lediglich bei den 'exorbitanten Preissteigerungen' aus den vergangenen Jahren.

 

'Die Käufer schauen immer genauer auf die Preise und informieren sich wieder intensiver, bevor sie tatsächlich eine Kaufentscheidung treffen', so Schmid. Da Faktoren wie die Ausstattung, die Lage oder der energetische Zustand einer Immobilie wieder eine größere Rolle bei der Entscheidung spielten, müssten die Verkäufer mit realistischen Preisvorstellungen an den Markt gehen. Ansonsten liefen sie Gefahr, am Ende sogar weniger als den aktuellen Marktpreis für ihre Immobilie zu erhalten.

Bei bevorzugten Wohnlagen hält sich das Preisniveau

Auch Robin Frank, Geschäftsführer der Immobilienvermittlung BW der BW-Bank, beobachtet bei den Kaufinteressierten eine zunehmende Preissensibilität, wobei auch notwendige Investitionen bei der Preisfindung berücksichtigt würden. Andererseits werde auf Käuferseite mitunter versucht, auf die ohnehin oft hohe subjektive Werteinschätzung der zu verkaufenden Immobilie noch einen vermeintlich marktbedingten Wertsteigerungsfaktor draufzupacken - in der Hoffnung, dass der boomende Markt das akzeptiere. 'Die Erfahrung zeigt jedoch, dass überhöhte Angebotspreise nicht zwangsläufig zum Ziel führen', so Robin Frank.

Ausnahme: 'Bei Häusern in den bevorzugten Wohnlagen wird sich das Preisniveau weiterhin auf hohem Niveau bewegen, wobei in Einzelfällen weitere Preissteigerungen nicht ausgeschlossen sind', räumt der Experte ein. In den Stuttgarter Vororten zeige sich allerdings sowohl bei den Wohnungen als auch bei den Häusern eine eher moderate Preisentwicklung. Weil 'signifikante' Zinsänderungen nicht in Sicht seien, erwartet auch Frank Leukhardt, Geschäftsführer bei Colliers International, eine anhaltend hohe Nachfrage bei den Wohnimmobilien. Zudem werde aus seiner Sicht der 'seit vielen Jahren anhaltende Trend' des Zuzugs aus der Region in die Landeshauptstadt dazu führen, dass der Markt in der Landeshauptstadt noch enger werde. Daher zeichne sich in Stuttgart auch ein wesentlich höherer Preisanstieg bei den Kauf-Wohnimmobilien ab als in der Region.

'An der Nachfrage werden auch die sich verändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen nichts ändern. Zumindest so lange nicht, wie günstige Finanzierungskonditionen Eigennutzer locken oder alternative Anlagemöglichkeiten dem Kapitalanleger fehlen', glaubt Frank Leukhardt. Wer eine Wohnimmobilie allerdings als Anlageobjekt erwirbt, müsse unter Umständen Abstriche bei der Rentabilität machen. Beklagt wird von der Branche ganz allgemein die zunehmende Einflussnahme der Politik auf den Markt durch gesetzliche Neuregelungen wie das Bestellerprinzip, die Mietpreisbremse oder 'bürokratische Hemmnisse'. 'Durch die Verbraucherrichtlinie zum Widerrufsrecht und die Identifikationspflicht nach dem Geldwäschegesetz haben wir einen deutlich höheren administrativen Aufwand bei einem aus Verbrauchersicht nicht erkennbaren Nutzen.

Wohnungsbaupolitik war noch nie so schlecht

Im Gegenteil: an sich einfache Vorgänge wie das Zusenden eines Exposés werden zu komplexen Prozessen, die beim Kunden nicht immer auf Verständnis stoßen', kritisiert Robin Frank die Vorgaben. Erich Hildenbrandt wird da noch deutlicher: 'In den zurückliegenden 40 Jahren hat es noch nie eine so schlechte Wohnungsbaupolitik mit so beratungsresistenten Politikern gegeben wie heute. Das grenzt fast schon an Arroganz', ärgert sich der Stuttgarter Makler über die zahlreichen gesetzlichen Neuregelungen.

Vor dem Hintergrund des Bestellerprinzips (bei Vermietung von Wohnimmobilien: wer den Makler beauftragt, bezahlt) werde es für Maklerunternehmen immer wichtiger, sich durch Qualität sowie den Umfang der Dienstleistungen von Wettbewerbern abzuheben. 'Für Eigentümer muss der Mehrwert einer Maklerbeauftragung klar erkennbar sein. Sonst werden diese künftig versuchen, ihre Wohnungen selbst zu vermieten', sagt Kerstin Schmid.