Dass zwei Marktaufseher bestechlich gewesen sein sollen, haben einige Händler erst über Gerüchte erfahren. Die betroffenen städtischen Mitarbeiter sind mittlerweile nicht mehr im Amt. Offen über den Vorgang reden, mag kaum ein Händler.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Die Gerüchteküche unter den Beschickern des Wochenmarktes auf dem Marktplatz brodelt. Der Grund ist die fristlose Entlassung der beiden langjährigen Marktaufseher (wir haben berichtet). Die Stadt hatte kürzlich alle Händler in einem Brief darüber informiert, allerdings keinen Grund für den abrupten Wechsel der Aufseher genannt.

 

„Ich habe vorher schon von den Entlassungen gewusst, denn ich habe auf dem Großmarkt davon gehört“, sagt einer der Händler, der wie alle anderen, die sich am Samstag bei einer Umfrage der Stuttgarter Zeitung zu den Vorgängen geäußert haben, nicht will, dass sein Name veröffentlicht wird. „Der Vorwurf ist da. Da wird schon was dran sein“, findet er. „Ich bin seit 30 Jahren hier und bin ein paar Mal mit meinem Stand umgezogen“, berichtet er. Aber er habe nie etwas beobachtet, das er in Zusammenhang mit der Bestechlichkeit der beiden Marktaufseher bringen könne.

Händler berichten von Reibereien

Anders einer seiner Kollegen: „Ich habe schon mitgekriegt, dass der eine der beiden immer wieder mal volle Tüten bekommen hat. Ob er den Inhalt bezahlt hat, weiß ich natürlich nicht.“ Er habe auch gesehen, dass dieser Kontrolleur an einem der Stände regelmäßig ein Bier bekommen habe. Er selbst sei mit jenem Mitarbeiter der Stadt nicht besonders gut ausgekommen. Es habe immer wieder Reibereien wegen der Einhaltung der Verkaufszeit gegeben. Die endet um 13 Uhr, um 14 Uhr muss abgebaut sein. „Manche verkaufen eben noch während des Abbauens“, berichtet der Händler, der mehrfach versucht hat, einen anderen Standplatz zu bekommen. Mit Naturalien habe er jedoch nie versucht, seinem Wunsch Nachdruck zu verleihen. „Ich habe von anderen gehört, dass es früher noch schlimmer war und man durch Schmieren mit Geld weitergekommen ist.“

Vor rund 15 Jahren habe er über einen der beiden jetzt entlassenen Aufseher seinen Standplatz erhalten, berichtet ein anderer Marktbeschicker. Ihm seien keine Bestechlichkeitsversuche bekannt – „und von mir gab es nie ein Kuvert zu Weihnachten“, erzählt er. Ein Gemüseanbauer berichtet, dass er kaum Kontakt mit dem Aufseher gehabt habe. „Wir haben unseren Stand schon immer an der gleichen Stelle gehabt, und ich habe auch nichts Attraktives zum Verschenken.“

Über kursierende Gerüchte schockiert

Eine Händlerin, die seit Jahrzehnten auf dem Marktplatz verkauft, betont, dass der städtische Mitarbeiter „immer korrekt“ gewesen sei. Sie habe gedacht, dass er aus gesundheitlichen Gründen aufgehört habe, und eine Kollegin, die einen großen Obst- und Gemüsestand betreibt, hatte die gleiche Vermutung und sagt, dass sie über die kursierenden Gerüchte regelrecht schockiert sei. Ein weiterer Händler und Gemüsebauer will sich darauf erst gar nicht einlassen: „Für mich gilt das Schreiben vom Marktamt – sonst nichts. Ich habe was gegen üble Nachrede.“