Die Stadthalle in Freiberg am Neckar ist so marode, dass Regenwasser innen teilweise zentimeterhoch steht. Weil die nötige Sanierung zu lange aufgeschoben wurde, wird es jetzt teurer. Freiberg ist für solch eine Kostensteigerung nicht das einzige Beispiel im Kreis Ludwigsburg.

Kreis Ludwigsburg - Bei gutem Wetter scheint alles in Ordnung: Kinder tollen in der Stadthalle in Freiberg, es ist Sommerferienfreizeit. Vor drei Wochen stand hier noch zentimeterhoch Wasser. Daran erinnern die fleckigen Holzbalken an der Decke und ein paar Wassereimer am Boden, die das letzte Tröpfeln auffangen sollen. „Ich habe es noch nie erlebt, dass es in ein Gebäude derart reinregnen kann“, sagte der Bürgermeister Dirk Schaible in der vergangenen Gemeinderatssitzung. Während des Wolkenbruchs habe es quasi keinen Unterschied gemacht, ob man im Freien oder in der Halle gestanden habe.

 

Die Stadt ist damit in der unangenehmen Situation, Mehrkosten für eine Sanierung aufzuwenden, die sie sich eigentlich hatte sparen wollen. Statt geplanten 70 000 Euro für „Flickschusterei“, wie man es auch im Rathaus nennt, müssen nun schätzungsweise 150 000 Euro für eine Instandsetzung bezahlt werden. Und dann ist immer noch nicht gesagt, ob diese Instandsetzung genügt. Der Stadtbaumeister Kai Find bringt es auf den Punkt: „Jeder Euro, den wir hier investieren, ist ein Euro zu viel.“ Denn die Stadthalle soll in fünf Jahren abgerissen werden, wenn der millionenschwere Neubau der Oscar-Paret-Schule abgeschlossen ist und das Stadtzentrum neu geordnet werden kann.

Jetzt bekommt die Stadt die Quittung

Wegen des Mega-Projekts der neuen Stadtmitte verzichtete die Stadt im Jahr 2011 darauf, die Stadthalle für 850 000 Euro umfassend zu sanieren. Jetzt bekommt sie die finanzielle Quittung.

Ähnlich nachlässig hat die Stadt Markgröningen in den vergangenen Jahren ihr Stadtbad behandelt. Die Stadtkasse ist chronisch klamm, vor allem wegen der Sanierung des Schulzentrums am Benzberg, dessen Kosten inzwischen auf rund 28 Millionen Euro angewachsen sind. Nun gilt Markgröningen als eine der am höchsten verschuldeten Kommunen im Kreis Ludwigsburg. Also wurde eine Sanierung des Bades über Jahre hinweg verschoben. Die Schäden in dem maroden Gebäude wurden sukzessive schlimmer. Dennoch versah der Gemeinderat die eigentlich vorgesehene 165 000 Euro teure Sanierung des Bades wieder mit einem Sperrvermerk.

Dann, im Mai dieses Jahres, schlug das Kreis-Gesundheitsamt Alarm: Das Bad brauche dringend eine Notsanierung, weil die Bausubstanz schlecht sei und es hygienische Mängel gebe, etwa Keime in der Warmwasseranlage. Die Stadt stand vor einem Herkulesprojekt. Rund 2,4 Millionen Euro koste eine umfassende Sanierung, kalkulierte man im Rathaus. Kürzlich hat der Gemeinderat dennoch den Weg nur für eine kleine, vorläufige Lösung frei gemacht. Knapp 80 000 Euro gibt die Stadt aus, damit das Nötigste geflickt werden und das Bad vorerst geöffnet bleiben kann.

Von den Decken tropft es auch in Ditzingen

Wasser, das von der Decke in Eimer tropft, ist auch an der Ditzinger Theodor-Heuglin-Schule ein bekanntes Bild. Die Lehrer dort mussten ihre Schüler lange in sanierungsbedürftigen Pavillons unterrichten. Immer wieder war die Sanierung aufgeschoben worden: Es würde noch ein Jahr lang funktionieren, hieß es dann aus den Reihen der Verwaltung. Die Stadträte waren darüber nicht unglücklich, zumal, als in der Wirtschafts- und Finanzkrise auch noch die Gewerbesteuereinnahmen wegbrachen. Das Hinauszögern über einen so langen Zeitraum führte jedoch dazu, dass die Verwaltung dem Gemeinderat zuletzt die Modernisierung dringend ans Herz legte.

Zu diesem Zeitpunkt war allerdings schon klar , dass sich das Schulgelände umfassend wandeln würde, der Gemeinderat hatte beschlossen, die Werkrealschule in eine Gemeinschaftsschule umzuwandeln – mit allen Konsequenzen, die eine räumliche Neugestaltung mit sich bringt. In der kommenden Woche rücken die Bagger an, um die Pavillons abzureißen. Für den Neubau sind für die Jahre 2017 und 2018 rund zehn Millionen Euro geplant, ebenso viel wie für die Bestandsgebäude, deren Sanierung 2018 und 2019 im Haushalt vorgesehen sind.

In Gerlingen rottet das Waldfreibad vor sich hin

Mit Sanierungsprojekten, die durch das Hinausschieben unmöglich oder viel teurer wurden, hat auch Gerlingen Erfahrung. Vor 25 Jahren ist das Waldfreibad im Krummbachtal geschlossen worden, weil die Naturfreunde als Eigentümer die Sanierungsauflagen nicht stemmen konnten. Seither rottet das Bad vor sich hin, an eine Wiedereröffnung ist nicht mehr zu denken. Zweites Beispiel ist das Breitwiesenstadion. Die Sanierung wurde immer weiter hinausgeschoben, weil anderes wichtiger schien und die Kapazität im Bauamt gebunden hat. Vor einem Jahr musste die Stadtverwaltung dann das Stadion für den Betrieb sperren, weil die Verletzungsgefahr für die Sportler zu hoch war. Mittlerweile wird das Stadion zwar saniert – aber nun betragen die Kosten mehr als eine Million Euro. Am Anfang war noch von einer sechsstelligen Summe die Rede gewesen.

Eine richtige Aufsicht über diese kostspielige Sanierungs-Aufschieberitis der Kommunen gibt es nicht, denn es gilt der Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung. Die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) in Karlsruhe kann lediglich bei gravierenden Rechtsverstößen einschreiten – und das ist eine Verletzung der beiden Haushaltsgrundsätze Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit keineswegs.

Die Stadt Freiberg will nun prüfen, wie das Dach der Stadthalle möglichst günstig wieder dicht gemacht werden kann. Für den Stadtbaumeister Kai Find kann es nicht schnell genug gehen: „Noch im August sollte die Lösung abgeklärt sein.“