Der Satiriker Martin Sonneborn hat einen großen Fankreis: Für sein Gastspiel in Stuttgart musste der Mozartsaal gebucht werden. Dort erfreute er mit einem launigen Abend.

Stuttgart - Es ist schon ein Wahnsinn, was dieser uralte Mann (nach offiziellen Angaben ist er am Montag 52 Jahre alt geworden) erreicht hat: Er war einer der Gründer der PARTEI (Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative), holte die Fußball-WM im Jahre 2006 dank einiger Bestechungsfaxe nach Deutschland und arbeitet, wenn auch wohl sehr wenig, heute als fraktionsloses, aber gutbezahltes Mitglied im Europäischen Parlament. Kein Wunder, dass sich der Mozartsaal der Stuttgarter Liederhalle füllt, wenn „Sonneborn kommt!“ – mit diesem Schriftzug und Martin Sonneborns Konterfei wirbt ein in Braun und Rot gehaltenes Plakat, das an NSDAP-Propaganda erinnert.

 

Über seinen Geburtstag verlor der Satiriker am Montag allerdings kein Wort. Hier in „Dings“, wie Sonneborn jede Stadt begrüßt, dürften die Anwesenden nichts davon gewusst haben. Folglich gab’s auch kein Ständchen. Sei’s drum: Ergebene, die auf Kommando für ihn sängen, kennt der Mann genug. Die PARTEI-Mitglieder verehren ihn als „GröVaZ“ (Größter Vorsitzender aller Zeiten), man sieht sie biertrinkend an Bars oder rauchend auf dem Trottoir, erkennt sie an roten Krawatten und nicht immer perfekt sitzenden Anzügen. Wie jede Partei ist natürlich auch die PARTEI ein Auffangbecken für gescheiterte Existenzen – mehr als 20 000 Mitglieder zählt sie bereits.

ZDF setzte Sonneborn vor die Tür

Durchweg sitzend erzählte Sonneborn, wie er es so weit gebracht hat. Illustriert wurden die Anekdoten mittels einer gewaltigen Leinwand in seinem Rücken. Die Fotos zeigen Sonneborn, der einen Fackelzug vorm Brandenburger Tor anführt. Wahlplakate mit Slogans wie „Inhalte überwinden!“ und „Ja zu Europa, Nein zu Europa!“. Und später auch Videoclips, die beweisen, dass der ehemalige Chefredakteur des Frankfurter Magazins „Titanic“ eben nicht nur völligen Quatsch produziert: Brillant, wie er einst im Auftrag der ZDF- „Heute-Show“ die Deutsche Bank vorführte, die ein kritisches Interview zur angeblich vorhandenen Ethik im Bankenwesen ablehnte, sich aber generöserweise bereiterklärte, Fragen und Antworten für das Gespräch selbst zu formulieren. Wie danken die Öffentlich-Rechtlichen für derlei wirtschaftskritische Journalistendienste? Das ZDF setzte den Investigativsatiriker Sonneborn vor die Tür.

Auf Facebook sorgte der gebürtige Göttinger jüngst mit einem Kommentar zum damals noch nicht abgesagten Treffen Sigmar Gabriels und Benjamin Netanjahus für Diskussionen: „Lustig, zum ersten Mal sind meine Sympathien fast überwiegend auf Gabriels Seite… Ich würde Netanjahu mit ein paar Planierraupen besuchen, ihm das Wasser abstellen und ihn ein bisschen anderweitig demütigen.“ Wie und warum man in Deutschland israelische Politik kritisieren sollte, das offenbarten die Reaktionen, scheint noch lange nicht geklärt.

Auf Aktuelles ging Sonneborn während seines Wie-werde-ich-EU-Parlamentarier-Vortrags allerdings kaum ein. Erst bei der abschließenden Fragerunde widmete er sich etwa Donald Trump: Obschon der US-amerikanische Präsident dem Ganzen eine nie dagewesene Qualität verleihe, sei das Zeitalter derartig bizarrer Politclowns aus Sonneborn’scher Sicht bereits anno 2009 angebrochen – als Sigmar Gabriel zum Vorsitzenden der SPD avancierte. Die Kretschmann-Regierung tat er grinsend als „neofaschistisches Regime“ ab. Und einer jungen Dame, die, den Werdegang Sonneborns als eigenen Karriereweg in Betracht ziehend, sich erkundigte, wie sie es anstellen müsse, um ebenfalls „eines Tages im EU-Parlament Däumchen drehen“ zu können, gab er den goldenen Rat: „Erstmal ins Parlament reinkommen – das ist wichtig. Der Rest läuft wie von selbst.“