Der etwas verschlamperte Kunstdetektiv Allmen soll in einer Edelherberge ein geklautes Gemälde finden. Er hat keine Ahnung, wie das gehen soll, stolpert aber mal los. Das wird zur leichten Sommerlektüre.

Stuttgart - Einen richtigen Plan hat dieser John von Allmen ja nicht, aber gerade das macht ihn sympathisch: Ein bisschen Geld ranschaffen wäre nicht schlecht, allein schon, um den finanziellen Abstieg, der von seiner Villa in deren Gartenhaus geführt hat, zumindest zu verzögern. Da trifft es sich gut, dass der Schweizer Gelegenheits-Kunstdetektiv von höherem Stand, der zwei lateinamerikanische Assistenten und eine ausgesuchte Garderobe zu unterhalten hat, eines schönen Tages von einer seltsamen alten Dame um Hilfe gebeten wird.

 

Aus ihren Privatgemächern in ihrem heruntergekommenen Hotel ist der Erbin eines beträchtlichen Industrievermögens ein wertvolles Gemälde abhandengekommen: Es zeigt einen Strauß Dahlien, mit dem der französische Realist Henri Fantin-Latour einst die Vergänglichkeit der vollen Blüte beschwor. Allmen checkt dort ein, aber einen Plan hat er immer noch nicht.

Man ahnt schon, dass es anders wird

„Er wusste nicht, wo anfangen und wie vorgehen“, schreibt der Schweizer Bestsellerautor Martin Suter, der im Gegensatz zu seinem Detektiv einer klaren Vorstellung folgt: Suter stattet sein schmales Ermittlerbändchen „Allmen und die Dahlien“ mit der selben erzählerischen Geschmeidigkeit aus wie seine großen Romane und borgt sich von denen auch die faszinierend versponnene und immer wieder fesselnde Plot-Strategie: Man ahnt schon, dass es anders ausgehen wird, als man denkt. Aber man weiß nie, wie.

Allmen hingegen hat keine Ahnung und stolpert so rein in seinen Fall, bis ihn sein Diener Carlos, der ihm auch die Schuhe putzt und das Frühstücksei zubereitet, auf die Idee bringt, die Beziehungen der Hotelgäste untereinander zu erforschen. Allmen tut wie ihm geheißen, und stößt auf allerlei Merkwürdigkeiten. Ein Greis stirbt beim Essen im Hotelrestaurant, und alte Fotos an der Wand verraten, wer einst wem sehnend verbunden war, und wer sich wann dazwischenwarf. Mit dem Geschick des versierten Schnitzeljagd-Veranstalters legt Suter da seine Fährten für den Leser aus, ohne der Whodunit-Frage übertriebene Bedeutung beizumessen: „Was kam ihm bekannt vor an ihr? Am ehesten ihre Augen.“

Ein Schlamper stromert durch die Welt

Denn allemal wichtiger als ordentliche Ermittlungen sind dem Beobachtungsweltmeister Suter immer schon die alltäglichen Klippen gewesen, die geeignet sind, den Lebenstörn nachhaltig zu stören: Da stehen zwei Rezeptionistinnen „lächelnd hinter dem Empfangstresen, beide gleich bereit, seine Frage zu beantworten“. Und selbstverständlich hasst es Allmen, dazu gezwungen zu werden, sich gegen eine der beiden zu entscheiden. Dieses liebenswert staunende Durch-die-Welt-Stromern ist es auch, das den disziplinierten Schriftsteller und seinen schlamperten Detektiv dann doch noch verbindet.

Nur ist es leider auch so, dass gewisse Leute etwas dagegen haben, den Verbleib der gemalten Dahlien geklärt zu wissen. Als Allmen sich des Rätsels Lösung nähert, bekommt er erstmal eins übergezogen. Sein Schuhputz- und Frühstücksbring-Diener erledigt nun neben der Hilfsermittler-Arbeit auch noch die Krankenpflege. Man könnte sich gut vorstellen, von einem gutmütigen Typen wie ihm die ganze Geschichte von „Allmen und den Dahlien“ abends an einer Bar erzählt zu bekommen. Denn Martin Suters neues Buch ist eine ziemlich gute Lösung, wenn man Lust auf eine angeregte Unterhaltung hat – aber keine Lust, selbst was zu sagen.

Martin Suter: „Allmen und die Dahlien.“
Roman. Diogenes. 214 Seiten, 18,90 Euro. auch als E-Book, 16,99 Euro.