Der Maschinenbauer Trumpf engagiert sich in China und steigt ins Billigsegment ein. Die Ditzinger übernehmen die Mehrheit bei dem Maschinenbauer JFY.

Ditzingen - Der Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf wagt trotz einer eher angespannten Lage auf den Märkten die größte Übernahme in der 90-jährigen Geschichte des Unternehmens. Nach Angaben von Nicola Leibinger-Kammüller, Vorsitzende der Geschäftsführung, erwirbt Trumpf 72 Prozent der Anteile an dem chinesischen Unternehmen Jiangsu Jinfangyuan (JFY). Die Chinesen stellen in Yangzhou, knapp 300 Kilometer westlich von Shanghai, ebenso wie Trumpf Maschinen zur Blechbearbeitung her. Ziel der Ditzinger ist nach den Worten von Geschäftsführer Mathias Kammüller der Einstieg in das Segment von Maschinen der mittleren Preisklasse in China; die Schwaben decken durchweg das obere Segment ab. Kammüller macht den Unterschied mit einem Beispiel deutlich: Die günstigste Trumpf-Stanzmaschine kostet 300 000 Euro, ein entsprechendes JFY-Fabrikat 100 000 Euro. Die mögliche Expansion von China aus auf Drittmärkte, so sagte Kammüller, stehe erst zu einem späteren Zeitpunkt auf der Agenda; zunächst gehe es um den chinesischen Markt selbst.

 

„Der Erwerb der Mehrheit an diesem chinesischen Vorzeigeunternehmen“, so sagte Nicola Leibinger-Kammüller, „stärkt uns im wichtigsten Maschinenbaumarkt der Welt.“ Sie bezeichnete es als ungewöhnlich, dass einem Mittelständler diese Investition ermöglicht wurde, zumal im Maschinenbau, den die chinesische Regierung als Schlüsselbranche betrachtet. Angaben über den Kaufpreis macht Trumpf nicht. Nach Kammüllers Erläuterungen kann Trumpf den Kauf so mit eigenen Mitteln bestreiten, dass die Nettoverschuldung nicht steigt.

Auch die Kanzlerin konnte nicht helfen

Den ersten Kontakt zu JFY hat Trumpf bereits Anfang 2010 aufgenommen. Die Chinesen, die 1997 privatisiert wurden, erwogen zwischenzeitlich den Gang an die Börse. Letztlich entschieden sich die 21 Eigentümer aus Kammüllers Sicht aber für eine Partnerschaft mit Trumpf, da sie darin bessere Entwicklungsmöglichkeiten sehen. Die Verträge sind bereits seit Februar 2012 ausgehandelt; perfekt ist der Kauf erst jetzt, nachdem auch die letzte behördliche Genehmigung erteilt wurde. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die von Trumpf eingeschaltet wurde, konnte bei ihrem Besuch in China im Sommer 2012 die Vorgänge nicht erkennbar beschleunigen.

Die verbleibenden 28 Prozent der JFY-Anteile liegen jetzt bei noch 15 Miteignern. Das Unternehmen erwirtschaftet mit knapp 700 Mitarbeitern einen Umsatz von 70 Millionen Euro. Den Gewinn vor Zinsen und Steuern beziffert Trumpf auf 5,9 Millionen Euro. Trumpf selbst ist in China ebenfalls mit einer produzierenden Tochtergesellschaft präsent. In Shanghai und dem nahe gelegenen Taicang produzieren etwa 530 Mitarbeiter Blechbearbeitungsmaschinen im High-End-Bereich, die für etwa 180 Millionen Euro Umsatz sorgen. Trumpf China und JFY sollen nach dem Willen der Trumpf-Chefetage auch weiter getrennt unter ihren Marken am Markt auftreten und kooperieren.

Trumpf liefert künftig Laser an JFY

JFY liefert bereits Maschinenrahmen für die in China verkauften Trumpf-Produkte; die Lieferungen sollen intensiviert werden. Trumpf wiederum wird künftig JFY mit Lasern beliefern. Das ist ein Novum für die Ditzinger, die die Laser bisher grundsätzlich nur in eigene Maschinen einbauen. Da Trumpf sein Laser-Knowhow als wichtigen Wettbewerbsvorteil betrachtet, zieht das Unternehmen eine Fertigung in China nicht in Erwägung. Dass dieses Land stark an deutscher Technik interessiert ist, weiß auch Trumpf-Chefin Leibinger-Kammüller. Aber aus ihrer Sicht geht das Unternehmen kein unkalkulierbares Risiko ein. Künftig werden bei JFY drei Trumpf-Mitarbeiter tätig sein, unter anderem der Finanzgeschäftsführer. Zudem wird ein 20-köpfiges Kooperationsteam unter der Leitung von Mathias Kammüller gebildet. Er übernimmt auch den JFY-Aufsichtsratsvorsitz.