Die Kampagnenschmiede mit 30 Mitarbeitern war maßgeblich daran beteiligt, 150000 Menschen gegen TTIP zu mobilisieren. Das Internet macht’s möglich.

Berlin - Die Demonstration gegen ein Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP), die am Samstag die Mitte Berlins lahmlegte, war eine der größten der vergangenen Jahre. Die Polizei schätzt, dass sich 150 000 Menschen beteiligten, die Veranstalter gehen von 250 000 aus. Maßgeblichen Anteil an der Mobilisierung hatte eine kleine Organisation mit 30 fest angestellten Mitgliedern, die vom beschaulichen niedersächsischen Ort Verden aus operiert. Campact heißt der Verein, dem seine Kritiker unterstellen, den Protest mit Zuspitzungen und Vereinfachungen zum Selbstzweck zu erheben.

 

Unbestreitbar ist, dass Campact seit 2004 eine Art der Kampagnenführung etabliert hat, die deutlich effektiver und schneller Massen bewegen kann, als dies frühere Bürgerbewegungen konnten. Das Internet und die sozialen Medien machen es möglich, aber auch die Ausrichtung am Machbaren, die sich die Kampagnenschmiede selbst gegeben haben. Besteht keine Aussicht auf Erfolg, wird gar nicht erst mobilisiert.

Millionenbudget für Kampagnen

„Unsere Aufgabe ist es, politisch interessierten Menschen mit wenig Zeit die Möglichkeit zu geben, den Unterschied zu machen“, beschreibt Campact-Sprecher Jörg Haas das Prinzip. Campact fungiert somit in gewisser Weise als Dienstleister, der im linksliberalen Spektrum die Chancen von Kampagnen sondiert, Interessierten Einfluss- und Protestangebote macht und deren Schlagkraft bündelt. Campacts schärfste Waffe ist ein Mail-Verteiler. Über 1,7 Millionen Menschen haben sich dort registriert und über die Jahre ihre politischen Interessen hinterlegt. Finanziert wird Campact über Spenden. 5,6 Millionen Euro betrug das Budget im Jahr 2014.

Eine Kampagne kann sowohl von der Zentrale als auch von den Förderern auf den Weg gebracht werden. Das Kernteam analysiert die Nachrichtenlage, steht in Kontakt zu anderen Nichtregierungsorganisationen mit größerer fachlicher Expertise und prüft die Chance, ob sich durch eine Kampagne wirklich etwas verändern kann. Wird dies bejaht, werden 5000 Mail- Adressaten zufällig angeschrieben, um das Interesse an einer größer angelegten Kampagne zu prüfen. Kritiker monieren deshalb, dass nicht politische Überzeugung das Hauptmotiv der Aktivisten ist, sondern das Erzielen maximaler Aufmerksamkeit.

Breite Palette an Themen

Campact bietet freilich auch den umgekehrten Weg an. Über die Internet-Plattform „We act“ können Aktivisten selbst Appelle starten und Unterschriften sammeln. Entwickeln diese Initiativen im Netz ausreichend Überzeugungskraft, übernimmt Verden die Kampagnenführung, sucht fachlich kompetente Kooperationspartner im Lager der Nichtregierungsorganisationen und versucht so, maximale öffentliche Schlagkraft zu entwickeln. Diese Herangehensweise ist auch der Grund, weshalb Campact sich so unterschiedlicher Themen wie Vorratsdatenspeicherung, TTIP oder Fracking annimmt.