In der neuen Netflix-Serie „The Crown“ steht Matt Smith als britischer Prinzgemahl Philip an der Seite von Königin Elisabeth II.

London - In Deutschland gilt Matt Smith noch als Geheimtipp, doch in Großbritannien ist er seit seiner Titelrolle in der kultisch verehrten Fernsehreihe „Doctor Who“ (2010 bis 2014) bekannt wie ein bunter Hund. Im Kino war der 34-jährige Engländer zuletzt in dem Film „Stolz und Vorurteil und Zombies“ zu sehen.

 
Mr. Smith, Sie spielen in der SerieThe Crown“ Prinz Philip, den Mann der britischen Königin. Jeder kennt ihn, aber eigentlich auch wieder nicht, oder?
Genau das fand ich an dieser Rolle so spannend. Denn tatsächlich wissen wir so gut wie gar nichts über diesen Mann. Er ist für die Öffentlichkeit letztlich ein Rätsel, auch wenn viele Menschen vermutlich ein Bild von ihm im Kopf haben: das eines ungehobelten Dummkopfs. Dabei entspricht das nicht der Realität, wie unsere Serie zeigt.
Welches Bild haben Sie inzwischen von ihm?
Ich glaube, dass er ein sehr intelligenter und durchsetzungsfähiger Mann ist, der an dem Zeitpunkt, an dem „The Crown“ einsetzt, an einem Scheidepunkt in seinem Leben steht. Er ist hin- und hergerissen zwischen seiner großen Liebe Elizabeth und der Vorstellung, dass er in der Zukunft immer untergeordnet und zwei Schritte hinter ihr sein wird. Er war ein begabter Marineoffizier, doch mit der Heirat muss er seine Karriere aufgeben. Und seinen Namen obendrein. Das kann für jemanden wie ihn nicht leicht gewesen sein – und ich denke, dass man als Zuschauer mit diesem Zwiespalt mitfühlen kann.
In der Serie wird kein Hehl daraus gemacht, dass es in der Ehe der beiden etliche Probleme gab . . .
Selbstverständlich, und das Thema wird immer präsenter, je weiter die Serie voranschreitet. Ob Elizabeth es will oder nicht: Für sie muss die Krone immer vor ihrem Mann kommen. Und das wird Philip von seinem und ihrem Umfeld auch immer wieder unmissverständlich klar gemacht. Je größer der Druck auf sie wird, desto größer werden parallel auch seine Bedürfnisse. Das ist kein Konflikt, den man einfach so übergehen kann.
Aber haben Sie den Eindruck, dass Philip über die Jahre hinweg in seine Rolle hineingefunden hat?
Das steht zu vermuten, oder? Wie alle Dinge braucht so etwas wahrscheinlich einfach Zeit. Irgendwann hat er akzeptiert, dass gewisse Anforderungen und Aufgaben zu seinem Leben gehören. Doch als junger Mann wollte er einfach nur Familienoberhaupt sein und in seinem eigenen Haus leben statt in einem Palast, wo er letztlich nicht das Sagen hat.
Inzwischen sind Sie also ein Fan von Philip?
Früher hatte ich nicht sonderlich viel Ahnung von der Königsfamilie. Aber inzwischen ist sie mir richtig ans Herz gewachsen. Philip natürlich ganz besonders. Er hat in seiner Kindheit und Jugend unglaublich viel durchgemacht, seine Lebensgeschichte ist auch schon vor der Hochzeit verdammt interessant. Von seinen Eltern hatte er zum Beispiel im Grunde so gut wie gar nichts, weswegen er sich später selbst nichts sehnlicher wünschte als eine eigene Familie. Dass er dann ausgerechnet in die vielleicht komplizierteste Familie der Welt einheiratete, ist eigentlich ganz schön ironisch.
Haben Sie Philip eigentlich mal getroffen?
Nein, nie. Aber Charles und William durfte ich mal kurz kennen lernen. Beides wirklich sympathische Männer.
Monarchie-Kritiker sind Sie nie gewesen?
Nein, ich glaube an die Monarchie. Sie abzuschaffen wäre schade, denn sie gehört doch zur britischen Identität. Seit jeher fasziniert das britische Königshaus die Menschen auf der ganzen Welt mehr als alle anderen, etwa das dänische oder das schwedische. Warum genau das eigentlich so ist, kann ich gar nicht sagen. Aber ich bin davon überzeugt dass sich – aller Kritik zum Trotz – so bald daran nichts ändern wird.
Mal hypothetisch gesprochen: Könnten Sie sich vorstellen, Teil der Königsfamilie zu werden?
Ich glaube das wäre wirklich gar nichts für mich. Allein der Verlust der Anonymität wäre mir zu viel, im Vergleich dazu hat es ein bekannter Schauspieler ja gut. Außerdem müsste man so viel aufgeben. Ich könnte nicht mehr frei meine Meinung äußern. Ich könnte nicht mehr jederzeit dorthin reisen, wo es mich gerade hinzieht. Im Grunde dürfte ich einfach überhaupt keine Entscheidung mehr treffen, bei der ich nur an mich und nicht ans Wohl des Königshauses denke. Natürlich ist es ein großes Privileg, Teil der Monarchie zu sein. Aber eben doch auch eine große Last.
Ein bisschen kennen Sie sich allerdings auch aus mit großen Erwartungen und Verpflichtungen, immerhin spielten Sie vier Jahre den „Doctor Who“, Englands vielleicht beliebtesten Fernsehhelden. Fiel es Ihnen schwer, sich nun wieder auf eine Serie einzulassen?
Ich brauchte ein paar Jahre Pause, aber eigentlich sind Serien genau mein Ding. Ich mag es sehr, dass man in diesem Format so viel Raum hat, eine Figur auszuloten. Bei einem Kinofilm gibt es bestenfalls zweieinhalb Stunden Zeit, um eine Geschichte mit Leben zu erfüllen. Bei „The Crown“ haben wir dafür zehn Stunden. Das ist doch ein enormer Luxus.
Zurückgeschreckt sind Sie aber vor einem anderen Langzeit-Engagement: die Hauptrolle im Musical „American Psycho“ haben Sie 2014 nach gut zwei Monaten an den Nagel gehängt.
Ich hätte problemlos weitermachen können. Aber ich wollte einfach nicht ein Leben als Sänger führen. Acht Wochen am Almeida Theatre in London waren toll, doch hätten wir dann auf einer der großen West End-Bühnen weitergemacht, wären es noch einmal mindestens zehn mehr gewesen. Und hätte ich mich auf den Transfer zum Broadway nach New York eingelassen, wäre das sogar eine Verpflichtung von einem halben Jahr gewesen. Das wollte ich einfach nicht, denn die Disziplin, die man an den Tag legen muss, wenn man jeden Abend live singen muss, brachte mich echt an meine Grenzen.