Der deutsche Sänger Max Herre und die französische Chansonette Zaz haben am Wochenende auf dem Stuttgarter Schlossplatz mächtig Stimmung gemacht. Die Besucher kamen in Scharen.

Stuttgart - Zweimal ausverkaufte Arena – und das schon seit vielen Wochen. Das hatten die Veranstalter der Jazz-Open für die zwei Wochenendkonzerte auf dem Schlossplatz mit dem deutschen Popsänger Max Herre am Freitagabend und der französischen Chansonette Zaz am Samstagabend zu vermelden. Zumindest was den Zuschauerzuspruch betrifft, waren diese Konzerte also die Höhepunkte des Festivals, das am Sonntagabend mit dem Briten Jamie Cullum zu Ende ging.

 

Max Herre, familien- und karrierehalber längst nach Berlin umgezogen, jedoch vor 42 Jahren in Stuttgart geboren, konnte dabei sogar gleich das zweite Heimspiel in Serie verbuchen. Im Vorjahr gastierte er unter freiem Himmel in Ludwigsburg, nun also im Ehrenhof des Stuttgarter Neuen Schlosses. Was für ein Déjà-vu-Erlebnis! Vor fünfzehn Jahren, bei der Erstauflage der Hip-Hop-Open auf dem Parkplatz hinter dem heutigen Theaterhaus, beendeten seinerzeit die FK Allstars den Abend, auch mit Max Herre am Mikro und Joy Denalane zur Unterstützung, als das schöne Lied „Esperanto“ das puristische Rap-Festival adelte.

Fünfzehn Jahre später gibt es nun im Ehrenhof das gleiche Lied zu hören, denn schon bald nach der Eröffnung mit „Hallo Welt“ folgt „Esperanto“, gesungen – schön! – von Max Herre und seiner heutigen Ehefrau Joy Denalane, was einen distinguiert stimmungsvollen Abend einläutet.

Fleißige Bühnenhelferlein arrangieren dazu ein Barhockersetting, Herres Wunsch gemäß werden dazu im Publikum die Hände zum Himmel geworfen, sanft wiegen sich händchenhaltende Pärchen, alles ist nett, freundlich und friedvoll. Die originelle Instrumentierung (Quasi-Unplugged-Großband nebst DJ), illustre Gäste (Gentleman, Fetsum, Sekou und Megaloh) und sämtliche Hits (unter anderem „A-N-N-A“) bescheren zwar keinen Rap-Abend, jedoch ein sehr kuscheliges Popevent.

Im Mittelpunkt: Zaz’ Album „Paris“

Am Abend darauf zeigte dann Zaz, was für eine prächtige Wahl sie für die Jazz- Open ist. Selbstsicher auch auf großer Bühne und von überbordender Musikalität: Die Sängerin aus Frankreichs Nordwesten gehört zu den Acts, die man als Festivalchef blind buchen kann, wenn es gilt, die Position des Publikumslieblings zu besetzen. Schon 2013 für einen vielseitigen Auftritt zwischen Chanson, Jazz, Soul und Pop gefeiert, legte sie sich diesmal stilistisch eindeutig fest.

Mit einer zehnköpfigen, im Lauf des Abends durch die SWR Big Band verstärkten Formation geht es durch viel Swing und etwas Gipsy Jazz. Im Mittelpunkt: ihr jüngstes Album „Paris“, eine schmissige Liebeserklärung an die Seine-Metropole. Doch es dauert ein wenig, bis der Funke überspringt – dass dieses Konzert fürs Fernsehen mitgeschnitten wird, scheint Künstler wie Publikum anfangs etwas zu hemmen.

Nach ein bisschen Warmspielzeit entwickelt Zaz dann aber ihre typische Vitalität, scattet mit Verve, die bestens disponierte Band, in der besonders der Klarinettist/Saxofonist Frédéric Couderc Glanzlichter setzt, swingt famos. Die theatralischen E-Gitarren-Einschübe von Edouard Algayon hingegen muss man weder mögen noch witzig finden. Weit ergiebiger: die Unterstützung durch die SWR Big Band und ein prächtiger Auftritt der amerikanischen Sängerin Rhiannon Giddens in Cole Porters „I Love Paris“: halb harmonisches Duett, halb leidenschaftliches Duell.

Joe Dassins Gassenhauer „Champs Elysees“ und Zaz’ trotzig-kraftvoller Hit „Je Veux“ beendeten dann eine schwungvolle, allerdings auch etwas eindimensionale Nummern-Revue. Für die dunklen Seiten der Glitzermetropole, für die leisen Lieder war kaum Platz an diesem Abend. Vielleicht beim nächsten Mal wieder. Dann kann Zaz auch zeigen, dass sie mehr ist als das gutgelaunte Energiebündel. Diesen Job erledigte sie auf dem Schlossplatz allerdings bravourös.

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