Am Tübinger Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik soll es an Affen künftig keine Versuche mehr geben. Die Tierschutzbeauftragte des Landes, Cornelie Jäger, wirft jetzt die Frage auf, ob diese Versuche überhaupt noch nötig sind.

Tübingen - Die Ankündigung des Abteilungsdirektors am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen, Nikos Logothetis, künftig auf Tierversuche an Primaten verzichten zu wollen, hat die Debatte darüber neu angefacht. „Selbstverständlich frage ich mich nun,“ so die Landestierschutzbeauftragte Cornelie Jäger am Sonntag, „welche Auswirkungen diese Entscheidung für andere Forschungseinrichtungen hat, die bislang sehr ähnliche Experimente durchführen.“

 

Wenn ein so renommierter Forscher wie Logothetis derlei Versuche an Rhesusaffen für entbehrlich halte, stelle sich die Frage, ob das nicht auch für „andere vergleichbare Versuche“ gelte, die bisher als zwingend eingeschätzt wurden, räsoniert Jäger. Die Unerlässlichkeit eines Tierversuchs ist eine wichtige Voraussetzung für die Genehmigung von Tierversuchen.

Erschütternde Aggression

„Ich hoffe sehr, dass es nach dieser wegweisenden Entscheidung von Professor Logothetis und gerade in Zusammenarbeit mit den hochkompetenten Wissenschaftlern des Tübinger Max-Planck-Institutes gelingt, zusätzlich neue Ansätze und Verfahren ohne Belastungen für Tiere zu entwickeln, um den Geheimnissen des Denkens und Fühlens nachzuspüren,“ so Jäger.

Die Max-Planck-Gesellschaft hatte vergangene Woche erklärt, Logothetis wolle nach Abschluss der laufenden und bereits genehmigten Experimente an Primaten zukünftig nur noch an Nagetieren forschen. „Die immer wieder aufkeimenden Anfeindungen, die Vielzahl an Drohmails und Beschimpfungen“ seien für alle Beteiligten am Tübinger Institut „eine große Belastung“ gewesen. Die „intolerante, teilweise menschenverachtende Aggressivität mit der manche unter dem Deckmantel der Anonymität für die Ideen des organisierten Tierschutzes eintreten, hat uns erschüttert“, heißt es in der Mitteilung der Max-Planck-Gesellschaft. Sie bedauere Logothetis’ Entscheidung.

Südwesten ist ein Schwerpunkt

In der Max-Planck-Gesellschaft werde es aber unabhängig davon „auch weiterhin tierexperimentelle Forschung an nicht-humanen Primaten“ geben. Das sei „nach wie vor der einzige Weg“, um Behandlungsansätze für neurologische Gehirnerkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson und psychiatrische wie Schizophrenie zu finden.

Das Tübinger Institut ist seit Herbst 2014 Zielscheibe der Anfeindungen von Tierschützern. Ein eingeschleuster Tierpfleger hatte Filmaufnahmen von den Versuchstieren gemacht, die im Fernsehen ausgestrahlt worden waren. Baden-Württemberg liegt als bedeutender Standort biomedizinischer Forschung trotz in den vergangenen Jahren rückläufigen Zahlen mit insgesamt etwa 500 000 Versuchstieren bundesweit auf einem vorderen Platz.