Die Ermittlungen um Untreue bei der Mediengesellschaft des Landes wurden auf einen zweiten Verdächtigen ausgeweitet. Das Land verlangt derweil Schadenersatz.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Affäre um Unregelmäßigkeiten bei der Medien- und Filmgesellschaft (MFG) des Landes weitet sich aus. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt inzwischen nicht mehr nur gegen den früheren Verwaltungsleiter, sondern auch gegen einen zweiten Beschuldigten. Er wird der Beihilfe zur Untreue verdächtigt, wie eine Behördensprecherin der StZ sagte. Es handele sich nicht um einen Mitarbeiter der MFG, sondern um einen externen Beteiligten. Zusammen mit dem früheren Verwaltungsleiter, dem Untreue vorgeworfen wird, soll er an der Abrechnung von nicht erbrachten Dienstleistungen beteiligt gewesen sein. Dabei ist der Landesgesellschaft ein Schaden von etwa 200 000 Euro entstanden. Die Ermittlungen dürften sich noch mehrere Monate hinziehen, sagte die Sprecherin.

 

Das Verfahren war bereits im Sommer durch eine Anzeige der MFG in Gang gekommen. Dieser waren anonyme Hinweise eines offenkundigen Insiders vorausgegangen – zunächst eher allgemeine an den Kunststaatssekretär Jürgen Walter (Grüne) und dann konkretere an Verantwortliche der Landesfirma. Die Geschäftsführung schaltete in der Folge eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ein, die ihre Untersuchungen im November abschloss. Von dem Mitarbeiter hatte sich die MFG bald nach Bekanntwerden der Vorwürfe getrennt. Dies teilte das Ministerium für Wissenschaft und Kunst erst mit, nachdem der Vorgang durch einen Medienbericht öffentlich geworden war. Im Kerngeschäft – also der Filmförderung und der Medienentwicklung – gebe es „keine Hinweise auf Unregelmäßigkeiten“, betonte das Ressort von Theresia Bauer (Grüne) zugleich.

Rechnungen für nicht erbrachte Leistungen

Der Verwaltungsleiter war seit 2008 bei der Medien- und Filmgesellschaft beschäftigt und direkt den beiden Geschäftsführern unterstellt. Zu seinen Aufgabenbereich gehörten unter anderem die Bereiche Finanzen und Beschaffung. Gleich nach Ablauf seiner Probezeit soll er damit begonnen haben, Gelder der Gesellschaft zu veruntreuen. Zusammen mit dem zweiten Beschuldigten soll er eine Firma gegründet haben, die der MFG nie erbrachte Leistungen in Rechnung stellte. Auf diese Weise seien jährlich 50 000 Euro geflossen. Von dem Exmitarbeiter war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Aufseher und Mitarbeiter der MFG waren von den Vorwürfen gegen ihn völlig überrascht. Der Mann habe einen guten Ruf genossen und als einsatzfreudig, kommunikativ und umgänglich gegolten. „Niemand hätte ihm das zugetraut“, hieß es. Auch dem Aufsichtsrat, dem mehrere Landespolitiker angehören, war nichts aufgefallen. Ohne die anonymen Hinweise wären die Praktiken womöglich noch länger unentdeckt geblieben, verlautete aus dem Gremium. Dauerhaft hätten sie sich allerdings wohl nicht verbergen lassen.

Anwälte sollen Schadenersatz verlangen

Unmittelbar nach dem Bekanntwerden hatte die MFG laut Ministerium „damit begonnen, die Beschaffungs- und Zahlungsprozesse zu überarbeiten“. Zugleich wurden „weitere Schritte zur Überprüfung und Optimierung der Organisation und der Abläufe“ angekündigt. Inzwischen habe die MFG „erste Maßnahmen zur Verbesserung der Verwaltungsabläufe eingeleitet“, sagte ein Ministeriumssprecher auf StZ-Anfrage. Zugleich seien Anwälte beauftragt worden, Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Auch der Aufsichtsrat wolle Organisation und Abläufe weiter überprüfen. Dazu solle in Kürze ein renommiertes Beratungsunternehmen beauftragt werden, mit dem man bereits im Gespräch sei. Eine Prozessanalyse solle helfen, „mögliche Schwachstellen zu erkennen und, soweit erforderlich, präventive Maßnahmen zu erarbeiten“. Der Bericht werde Ende März 2013 erwartet.

Die Stelle des Verwaltungsleiter ist bereits seit August ausgeschrieben. Bisher konnte sie, trotz einiger Interessenten, offenbar noch nicht wiederbesetzt werden. Man suche eine „erfahrene Führungskraft“ mit fundierten Kenntnissen unter anderem in mehreren Rechtsbereichen, im Finanzwesen und im Beschaffungswesen, heißt es im Stellenangebot auf der MFG-Homepage. Verlangt werden zudem „ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten sowie Handlung- Entscheidungs- und Konfliktlösungskompetenz“.

Chefin scheidet 2013 altershalber aus

Auch an der Spitze der MFG steht im kommenden Jahr ein Wechsel an: Die langjährige Geschäftsführerin des Bereichs Filmförderung, Gabriele Röthemeyer, wird Ende November altershalber ausscheiden. Sie ist bereits seit 1995 im Amt und genießt in der Branche bundesweit einen hervorragenden Ruf. Röthemeyers Abschied könnte auch zum Anlass für eine Neustrukturierung der Medien- und Filmgesellschaft genommen werden.