Gehen, walken, joggen: wer sich regelmäßig bewegt, hat bessere Chancen, bis ins hohe Alter körperlich und geistig fit zu bleiben. Dabei hilft es schon eine moderate sportliche Betätigung.

Stuttgart - Es ist sicherlich mit die schlimmste Vorstellung, wenn man ans Älterwerden denkt: Nach und nach den Verstand zu verlieren. Es beginnt damit, dass man nicht mehr weiß, wo der Schlüssel liegt, und es geht damit weiter, dass man plötzlich seine Freunde und Angehörige nicht mehr erkennt. Alzheimer und andere Formen der Demenz werden in der alternden Gesellschaft zu einem bestimmenden Erkrankungsbild. „Demenz ist ein Leiden, das einen verheerenden Einfluss auf die Lebensqualität der Betroffenen hat“, sagte Ellen Freiberger vom Institut für Biomedizin des Alterns an der Uni Erlangen-Nürnberg kürzlich bei einem Journalisten- Workshop des Instituts Danone Ernährung für Gesundheit. Dies habe zudem einen Einfluss auf die Lebensqualität der Angehörigen sowie auf das gesellschaftliche Leben und das gesamte Gesundheitssystem.

 

Demenz ist weder heilbar noch lässt sich das Fortschreiten mit Medikamenten aufhalten. Noch gibt es keine wirksamen Mittel. Daher ist es umso wichtiger, vorbeugend zu wirken – auch wenn sich die Experten einig sind, dass der kognitive Zerfall letztendlich nicht aufgehalten werden kann. Man kann eine drohende Demenz möglicherweise erkennen, bevor die Vergesslichkeiten auftreten. Gefährdete Personen tun sich schwer im sogenannten Multitasking, also sich auf mehrere Dinge gleichzeitig zu konzentrieren – beispielsweise beim Gehen gleichzeitig Rechenaufgaben zu lösen. Das ist für ältere Menschen mit verlangsamter Hirnleistung ein großes Problem. In wissenschaftlichen Studien bleiben sie stehen beim Rechnen.

Gut ist, wenn man sich beim Spazierengehen unterhalten kann

Auf den Alltag übertragen heißt dies: Gefährdete Personen können sich nur schwer beim Spazierengehen unterhalten. Sie gehen nicht mehr weiter, wenn sie etwas sagen wollen. Zudem lässt die sogenannte Ganggeschwindigkeit auf die geistige Leistungsfähigkeit schließen. Neuere Studien hätten gezeigt, so die Biomedizinerin, dass eine verringerte Ganggeschwindigkeit bereits ein erstes Zeichen für eine kognitive Veränderung sein könnte. „Liegt die Ganggeschwindigkeit unter 0,8 Meter pro Sekunde, so ist man gefährdet. Das ist das Arbeitstempo des Sensenmanns“, berichtet Ellen Freiberger. Wer sich hingegen mit mehr als 1,4 Meter pro Sekunde bewege, laufe dem Sensenmann davon.

Mit Erhöhung der Ganggeschwindigkeit und regelmäßiger Bewegung könnte das Risiko einer Demenz gesenkt werden. So hat sich beispielsweise während einer neunjährigen Studie gezeigt, dass Menschen, die sich viel bewegen, wesentlich bessere geistige Fähigkeiten haben als Menschen, die zu viel Zeit auf dem Sofa verbringen. In bildgebenden Verfahren habe man erkennen können, dass das Gehirn durch die Bewegung besser durchblutet werde, das Volumen zunehme, sich mehr Verbindungen zwischen den einzelnen Hirnstrukturen und Neuronen ergeben und mehr Neurotransmitter, also Botenstoffe zwischen Nerven und anderen Zellen ausgeschüttet werden. All dies führe zu einer besseren Verarbeitung im Gehirn. Und die gute Botschaft für alle: Es ist nie zu spät, man kann in jedem Alter mit Sport beginnen und noch positive Effekt erzielen. „Gehen sie mit ihrem Hund spazieren, auch wenn sie gar keinen haben“, empfiehlt Freiberger. Es reiche, wenn man dreimal am Tag um den Block gehe, zwischendurch auch mal ein wenig schneller, um etwas ins Schwitzen zu kommen. Generell gelte: wer sich 150 Minuten in der Woche moderat bewege, tue seinem Geist und Körper Gutes. Für zusätzliche Gesundheitseffekte sorgen 300 Minuten moderater Sport.

Wer sich fit hält, bliebt länger jung

Wer sich fit hält, bleibt länger jung. Er fühlt sich besser und damit möglicherweise jünger, als es in seinem Ausweis steht. „Es ist gar nicht so einfach, das Alter eines Menschen zu bestimmen“, erklärt Andreas Simm von der Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie des Uniklinikums Halle. Das Alter werde unterschiedlich definiert. Zum einen gebe es das kalendarische Alter, das die Anzahl der gelebten Jahre messe und das sich an jedem Geburtstag weiterdrehe. Man könne jedoch mit 80 Jahren noch ebenso geistig fit und tatkräftig wie ein gesunder 50-Jähriger mitten im Leben stehen. Oder eben mit 60 Jahren schon ziemlich gebrechlich sein. Daher habe man den Begriff des biologischen Alters eingeführt. Dieses beinhalte den Gesundheitszustand des Einzelnen im Vergleich zu einem Kollektiv. Um individuelle Krankheitsrisiken abzuschätzen, interessieren sich Altersforscher mehr für das biologische Alter eines Menschen als für das kalendarische.

Altern bedeute ein fortschreitendes zelluläres Chaos im Körper, vergleichbar einem gänzlich unaufgeräumten Zimmer eines Jugendlichen. Dies kann man auch auf molekularer Ebene messen. Derartige Faktoren könnten gewissermaßen als Biomarker für das Altern dienen. Einer dieser Marker könnten die sogenannten AGE sein, die Advanced Glycation Endproducts. Dies sind Produkte aus der sogenannten Maillardreaktion, die man aus der Chemie kennt. Sie entstehen beispielsweise, wenn Kaffee geröstet oder Kuchen gebacken wird, aber auch im menschlichen Körper.

Lebensstil beeinflusst „Altersmoleküle“

Mit dem Alter sammeln sich diese AGE an – mit vielfältigen Folgen, etwa für das Herz-Kreislaufsystem. Die AGE führen zu neuen Querverbindungen im Gewebe, was dieses steif werden lässt. Die Gefäße verlieren an Elastizität und der Herzmuskel wird weniger beweglich. Damit wird weniger Blut durch den Körper gepumpt und die Organe mit weniger Sauerstoff versorgt. „Die AGE kann man beispielsweise in der Haut messen“, berichtet Simm. Eine Möglichkeit dazu ist eine Biopsie, also ein Gewebeschnitt. Da dies jedoch kein breit anwendbares Verfahren sei, bediene man sich der Autofluoreszenz der Haut. Dabei wird die Haut mit Licht im ultravioletten Bereich angestrahlt. Die AGE absorbieren das Licht und je nach Anzahl dieser Moleküle entsteht ein bestimmtes, von der Haut abgegebenes Strahlenspektrum. Aus den Messungen des Wissenschaftlers hat sich ergeben, dass sich der Lebensstil auf die Höhe der AGE auswirkt: Raucher oder Diabetiker haben wesentlich mehr dieser Stoffwechselprodukte als beispielsweise Sportler. Und wer regelmäßig Sport betreibt, kann den AGE-Gehalt beeinflussen. „Man kann also mit regelmäßigem Sport seine AGE senken und damit auch sein biologisches Alter. Man fühlt sich demnach jünger“, erklärt Simm.

Während der langen Nacht der Wissenschaft in Halle bietet der Altersforscher diese Methode regelmäßig an. Und er hat die Beobachtung gemacht, wie motivierend die Messung sein kann: „Viele Leute kommen jedes Jahr wieder, um sich messen zu lassen. Nicht wenige treiben nur aus diesem Grund das Jahr über Sport, um sich biologisch gewissermaßen zu verjüngen.“

Zwei unterschiedliche Arten der Intelligenz

Kristalline Intelligenz
Zu diesem Fachbegriff zählen erlernte Inhalte wie etwa das Schulwissen: Sprachen, Lesen und Rechnen. Diese Fähigkeiten werden durch das Leben geprägt und sind abhängig von der Umwelt. Neben den abgespeicherten Fakten zählen dazu auch erlernte Fähigkeiten wie das Fahrradfahren. Auch die Erinnerungen einer Person findet man in dieser Kategorie.

Fluide Intelligenz
Diese Fähigkeit umfasst die geistige Flexibilität eines Menschen. Die fluide Intelligenz bestimmt, wie schnell eine Person eine Situation erfassen und sich auf diese einstellen kann. Hier wird bestimmt, mit welcher Geschwindigkeit eine Information verarbeitet werden kann. Auch logisches Denken zählt dazu, ebenso die Lösung eines Problems.

Unterschiedliches Altern
Die kristalline Intelligenz ist von Alterungsprozessen kaum betroffen, die fluide Intelligenz hingegen sehr. Diese ist großteils genetisch beeinflusst und kann durch Hirnerkrankungen gemindert werden. Die fluide Intelligenz steigt bis zum Jugendalter an, bevor sie dann stagniert und bereits ab einem Alter von 30 Jahren wieder nachlassen kann.