Ein US-amerikanisches Forscherteam hat offenbar zum ersten Mal menschliche Embryonen mit dem Erbgut einer fremden Person erzeugt und daraus Stammzellen entnommen. Die Zellen könnten sich einmal therapeutisch nutzen lassen.

Stuttgart - Nach mehreren erfolglosen Versuchen haben Forscher nun erstmals menschliche Embryonen geklont, die sich so weit entwickelten, dass ihnen Stammzellen entnommen werden konnten. Aus diesen Zellen lassen sich beispielsweise Herz- und Nervenzellen nachzüchten. Wenn sie das Erbgut eines Patienten in sich tragen, der solches Ersatzgewebe benötigt, verringert sich die Gefahr von Komplikationen. Die Arbeit des US-amerikanischen Teams um Shoukhrat Mitalipov von der Oregon Health & Science University ist im Fachmagazin „Cell“ erschienen. Vor neun Jahren hatte der südkoreanische Forscher Hwang Woo Suk ein ähnliches Ergebnis präsentiert, seine Arbeit hatte sich aber später als Fälschung herausgestellt. Mehrere Fachkollegen, darunter der Schweizer Biologe Dieter Egli von der New Yorker Stammzell-Stiftung, bezeichnen die neue Studie jedoch als gute Arbeit.

 

Das Team um Shoukhrat Mitalipov nutzt ein Verfahren, mit dem schon zahlreiche Tiere geklont worden sind – allen voran das Schaf Dolly. Dazu wird einer Eizelle ihr Kern mit der DNA entfernt und durch den einer anderen Zelle ersetzt. Der neue Kern kann etwa aus der Hautzelle eines Patienten stammen, der Ersatzgewebe benötigt. Die neue DNA, die darauf programmiert ist, die Funktionen einer Hautzelle zu erfüllen, wird in der Eizelle in einen ursprünglichen Zustand zurückversetzt. Dieter Egli weist jedoch darauf hin, dass die Zellkerne in der aktuellen Studie größtenteils von Föten stammen, also aus sehr jungen Zellen. Es könne sein, dass sich die Zellkerne von Erwachsenen nicht so leicht umprogrammieren ließen, sagt er.

Das Klonen eines Menschen soll damit noch nicht möglich sein

Die bisherigen Versuche dieser Art sind gescheitert, weil sich die manipulierten Eizellen mit dem neuen Erbgut nicht mehr richtig teilten und die Embryonen nicht wuchsen. Mitalipov und seine Kollegen haben die Technik an mehreren Stellen so verändert, dass sich der Embryo nun doch so weit teilt, das er am Ende aus mehr als hundert Zellen besteht. In diesem Stadium können einige Stammzellen entnommen und untersucht werden. Sie sind den natürlichen embryonalen Stammzellen recht ähnlich. Das Verfahren soll ungewöhnlich effizient sein: aus etwa der Hälfte der anonym gespendeten Eizellen ließ sich ein geklonter Embryo erzeugen. Um die Embryonen wachsen zu lassen, sei mehr als nur ein Trick nötig gewesen, wird Mitalipov in der Zeitung „USA Today“ zitiert. Wie beim Lotto müssten alle Zahlen stimmen.

Sollten die Embryonen weiter wachsen, wäre es im Prinzip möglich, dass auf diese Weise ein geklonter Mensch geboren wird. Shoukhrat Mitalipov hält das nach Experimenten an Stammzellen von Rhesusaffen für unwahrscheinlich: Mit derart geklonten Embryonen habe sich bisher keine Schwangerschaft herbeiführen lassen. Aus seiner Sicht steht das Züchten von Ersatzgewebe zu therapeutischen Zwecken im Vordergrund. Dieter Egli ergänzt ein weiteres Motiv: Es gehe auch darum, genauer zu verstehen, wie sich Zellen entwickeln.

In den vergangenen Jahren hat sich eine parallele Forschungslinie etabliert, in der sogenannte iPS-Zellen (induziert pluripotente Stammzellen) untersucht werden. Sie beruht auf einem Verfahren, dass Shinya Yamanaka 2007 erfunden hat und für das er 2012 mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet worden ist: Die Hautzelle eines Patienten wird dabei chemisch in einer bestimmten Art und Weise behandelt, die sie in einen Zustand versetzt, der dem einer Stammzelle ähnelt. Gespendete Eizellen werden in diesem Verfahren nicht benötigt. Dieter Egli zufolge ist noch offen, welche Zellen besser sind.