Nach meiner Erfahrung fällt die medizinische Betreuung weiter optimal aus, aber die persönliche Betreuung durch Ärzte und Pflegepersonal ist etwas zurückgedrängt worden. Das ist leider weitgehend aus ökonomischen Gründen erfolgt. Durch die kürzeren Liegezeiten und damit schnelleren Entlassungen hat sich auch die Zeit für Gespräche und Zuwendung verkürzt.

 

Auf dem Gebiet der Tumorchirurgie haben wir uns weit hinausgewagt. Diese Disziplin hat sich zwar chirurgisch-technisch weit entwickelt, so dass wir sogar älteste Patienten operieren können, aber damit hat sie auch zugleich ihre Grenzen erreicht. Tumorchirurgie ohne flankierende Maßnahmen wie Chemo-, Strahlen- und Immuntherapie führt meist nicht zur vollständigen Heilung, eher zu einem Aufschub im Krankheitsverlauf. Es sind große Anstrengungen erforderlich, um noch vor Beginn der Tumortherapie die richtige Therapie festzulegen und damit den Patienten die größtmöglichen Erfolgschancen zu verschaffen. Noch fehlen häufig für die Schlüssel für die richtige Therapie.

Auch sind die Folgeprobleme der komplexeren Operationen und der älter werdenden Patienten für die Kliniken nicht ausreichend bedacht: höhere Komplikationsrisiken, damit höhere Kosten und längere Liegezeiten. Sie führen zu einer steigenden Belastung des ohnehin begrenzten Budgets und des Personals. Die Mehrbelastungen können die Kliniken unter den gesetzlich vorgegebenen Bedingungen nicht mehr auffangen. Ein Überdenken und Anpassen ist dringend angezeigt.

Zur Person: Michael Martin, Chirurg, war bis 2010 leitender Oberarzt am Klinikum Stuttgart und hat dort alle Stufen vom Assistenzarzt bis zum offiziellen Vertreter des Chefarztes durchlaufen.