Tag sechs im Dschungelcamp. Seit fünf Tagen nur eine Frage: Wie bändigt man diese unsägliche Larissa? Das Dschungelcamp hat, endlich, eine Antwort darauf gegeben. Und unser Autor hat einen neuen Held. Bis auf weiteres.

Kultur: Tim Schleider (schl)

Tag sechs im Dschungelcamp. Seit fünf Tagen nur eine Frage: Wie bändigt man diese unsägliche Larissa? Das Dschungelcamp hat, endlich, eine Antwort darauf gegeben. Und unser Autor hat einen neuen Held. Bis auf weiteres.

 

Stuttgart - Ehrlich, wer hätte das gedacht? Seit fünf Tagen schlägt sich die deutschsprachige Welt, jedenfalls jener Teil, der von und in ihr das „Dschungelcamp“ verfolgt, was natürlich samt und sonders allesamt Menschen ohne Bildung, ohne Werte, ohne Anstand und ohne Ziele im Leben sind; also seit fünf Tagen schlägt sich jener Teil der deutschsprachigen Welt, den wir im Folgenden der Einfachheit halber einfach „Hartz Hundert“ nennen, mit der Frage um: Wie bändigt man diese unsägliche Larissa?

Oder: Wie bringt man dieses hysterische Nervenbündel, die es mitten in der Nacht schafft, sich aus Angst vor einem Frosch mit ihrer Hängematte komplett einmal um sich selbst zu drehen, wenigstens ansatzweise ein wenig zur Vernunft? Und wie schafft man es, sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass es gemäß der Logik besagten „Dschungelcamps“ mindestens noch eine weitere gute Woche dauern wird, bis dieses offensichtlich jahrelang völlig verzogene, verzärtelte und uns zusehends verzagende austrische Blag endlich abmarschiert zurück zu Champagner und Käsepieksern ins Hotel?

Doch die Folge vom Mittwochabend brachte eine Antwort! Und woher kommt die Antwort? Aus dem Osten! Wer weiß Rat und Hilfe und kennt das Rezept? Der sehnige Muskelmann? Der dunkelhäutige Boxer? Das Leipziger Allerlei? Der oberbeinharte Designer? Nein, nein, nein, viermal Nein! Rat und Hilfe kommt allein von der Hochkultur! Das Rezept kennt allein der große Filmschauspieler, der legendäre Paul aus dem Defa-Meisterspielfilm „Die Legende von Paul und Paula“, nebenbei bemerkt übrigens der Lieblingsfilm unserer Bundeskanzlerin ever-ever-ever (hat sie so ähnlich mal im Deutschen Filmmuseum gesagt!).

Unser Held, bis auf weiteres

Er ist bis auf weiteres unser Held: Winfried Glatzeder, von den in diesem Jahr nun endlich wunderbar eingespielten Moderatorenduo Zietlow/Hartwich seit Tagen schon umbenannt in: „der Glatzen-Peter“ (obwohl er gar keine hat, ist aber trotzdem lustig). Larissa und Winfried gemeinsam in der Dschungelprüfung – das konnte doch eigentlich nicht gut gehen, nachdem noch just am Tag zuvor der Altmime beim finsteren Aufblicken von seinem Bohnentopf der Jungsirene im spontanen Hass und beim Beschimpfen die Hülsenfruchtreste geradezu ins ungeschützte Gesicht gespuckt; ach, was: GESPIEN hatte. Aber Winfried aus der Hochkultur des Ostens weiß, wie es dann mit Larissa doch im Ernstfall prima geht.

Eine Nacht drüber schlafen, und dann ... Klare Zielvorgaben! „Wir schaffen das!“ Klare Ansagen! „Du hältst jetzt mal die Klappe!“ Eindeutige Grenzziehung! „Hör auf zu zappeln, oder es setzt was!“ Bei Nichtbefolgung Androhung unverzögerter Sanktionen: „Ick schaller Dir gleich eine!“ Bei deutlichen, sichtbaren Erfolgen aber auch unverzügliche Belohnungen: „Mann, bist du stark. Ich wusste, dass du das kannst, Mädel. Ich bin so stolz auf dich!“

Wie am Schnürchen

Und Larissa? Prompt läuft alles wie am Schnürchen. Sie wächst über sich hinaus. Sie hält still. Sie schweigt still. Winfrieds gute alte FDJ-Pädagogik („F“ für „Fräuleins“, „D“ für „Dürfen“, „J“ für „Janz jenau tun, wat ick sage“) führt zum Planerfolg. Okay, ein bisschen hilft beim Stillhalten natürlich auch der Sand, in dem Larissa bis zum Kopf vergraben wird. Und Stillschweigen ist ebenfalls unbedingt ratsam angesichts der Krabben und Ameisen, die sonst sofort in ihre Mund (man könnte auch sagen: in ihre Klagenfurt) krabbeln würden. Jedenfalls: zehn Sterne! Voller Erfolg! Applaus, Applaus!

Ehrlich, der Autor dieser Kolumne hat sich richtig gefreut über Ablauf und Ergebnis dieser Prüfung, denn so ein ganz kleines bisschen geht es beim „Dschungelcamp“ ja zu wie in einem Shakespeare-Königsdrama (allerdings noch ohne klaren König). Und wenn wir bei der Heimkehr von Larissa und Winfried ins Camp die Mine der bisher so erfolgreich dominanten Melanie richtig gedeutet haben, dann schaute das Leipziger Allerlei angesichts des großen Stern-Erfolges der von ihr so penetrant im Dschungelkollektiv Verarschten nun ihrerseits ganz schön gearscht aus der kargen Wäsche. Ihre an den vorigen Tagen so erfolgreich praktizierte Strategie, auf Kosten Larissas ordentlich Punkte bei den Zuschauern zu machen, dürfte nun erstmal Essig sein.

Wann geht’s weiter? Ach schade, erst Donnerstagabend.

PS: Womöglich ist es übrigens gar nicht so, dass in der deutschsprachigen Welt ausschließlich Menschen ohne Bildung, ohne Werte, ohne Anstand und ohne Ziele im Leben, kurzum: dass nur das berühmte „Hartz Hundert“, bei dem selbst Schuldenscheffe Zwegert nicht mehr klingeln mag, gerade Tag für Tag das „Dschungelcamp“ verfolgt. Wie wir darauf kommen? Nun, wer auf der RTL-Webseite zum Dschungelcamp so hin und her surft, findet dort etwas weiter unten eine Anzeige für die „RTL Partnersuche für Akademiker und Singles mit Niveau“, also für Menschen, die ja bekanntlich mindestens „Hartz never-never-never“ sind und welche dieses einmalige Angebot laut Algorithmenweisheit des Kölner Senders in ihren stillen Nachtstunden offenbar just an dieser Stelle im Internetdschungel suchen und finden. Übrigens, wer diesbezüglich noch einen Rat sucht: Wenn man bei der Partnersuche schon eine Wahl hat, nämlich zwischen einem Akademiker und einem Single mit Niveau, sollte man sich auf jeden Fall für den Single entscheiden. Für die anderen gibt’s schließlich überall im Land diese Swingercamps (im Januar übrigens bei Abgabe eines Doktortitels aus Tschechien gleich am Eingang zum halben Preis inklusive Gästehandtuch und Salatbuffet).

Alle bisher erschienenen Teile unserer Kolumne "Mehlwurm, Kakerlake & Co." gibt es hier.