Die große Koalition in Berlin will das Asylrecht verschärfen. Im Landtag finden das nicht nur CDU und FDP, sondern auch die Sozialdemokraten okay. Nur die Grünen sind dagegen. Das bringe nichts, sagen sie.

Stuttgart - Ausländerthemen, ob sie nun Flüchtlinge oder Arbeitsmigranten betreffen, waren in Deutschland oft Anlass für hitzige, mitunter auch entschieden überhitzte Debatten. Das galt etwa für den Kampf ums Asylrecht Anfang der 1990er Jahre oder für den Streit über die doppelte Staatsbürgerschaft am Ende jenes Jahrzehnts. Gemessen daran fiel der Schlagabtausch zum Asylrecht, den sich der Landtag am Mittwoch lieferte, sachlich aus – auch wenn Staatsministerin Silke Krebs (Grüne) der CDU vorhielt, sie betreibe „die übliche sachfremde Polemik bei Asylthemen“.

 

Die Opposition warf der Landesregierung vor, die Kommunen bei der Unterbringung von Flüchtlingen im Stich zu lassen, weil sich Baden-Württemberg im Bundesrat auf Betreiben der Grünen einer Verschärfung des Asylrechts verweigere. Die drei Balkanstaaten Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien sollen im Asylverfahrensgesetz auf die Liste der sicheren Herkunftsländer gesetzt werden. Das führt dazu, dass ein Asylantrag als unbegründet abgelehnt wird, es sei denn, der Flüchtling weist nach, dass ihm „abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht“.

Steigende Zahl von Flüchtlingen

Der CDU-Abgeordnete Matthias Pröfrock hält die Änderung für sinnvoll, weil der Anteil der Schutzsuchenden aus diesen drei Ländern bei einer generell steigenden Zahl von Flüchtlingen immer größer werde. In der Konsequenz sei es den Kommunen nicht mehr möglich, eine geeignete Unterbringung der Asylbewerber sicher zu stellen – zu Lasten derer, die fraglos als politisch Verfolgte anzusehen seien. Deshalb liege die Asylrechtsänderung im Interesse des Landes und durchaus auch von Flüchtlingen etwa aus Syrien, die zu fast 100 Prozent als politisch Verfolgte anerkannt würden – im Gegensatz zu den Armutsflüchtlingen vom Balkan. Der FDP-Abgeordnete Andreas Glück sagte: „Ich halte dieses Gesetz eindeutig für richtig.“

In der Sache erhielten CDU und FDP die Unterstützung der Integrationsministerin Bilkay Öney. Die SPD-Politikerin verwies darauf, dass im vergangenen Jahr bereits 5000 Flüchtlinge aus den drei Balkanstaaten nach Baden-Württemberg gekommen seien, was etwa einem Drittel aller Asylbewerber entspreche. Diese Menschen lebten oft elend und in gesellschaftlicher Diskriminierung, „aber mit Verfolgung hat das meist wenig zu tun“. Die Schutzquote im Asylverfahren liege unter 0,5 Prozent. Öney sagte: „Das Asylverfahren dient im Kern dem Schutz vor politischer Verfolgung. Geht dieses Verfahren ins Leere, müssen leider auch unpopuläre Schlussfolgerungen erlaubt sein.“

Grüne: Das bringt nichts

Eine Schwäche wies die Argumentationslinie der Verteidiger der Asylrechtsänderung allerdings auf. Integrationsministerin Öney räumte dies ein, Staatsministerin Krebs von den Grünen wies freudig darauf hin. Bereits jetzt, sagte Krebs, würden etwa 90 Prozent der Asylanträge aus Serbien, Bosnien-Herzegowina sowie Mazedonien „nach eben dem Verfahren behandelt, das greift, wenn ein Land zu den sicheren Herkunftsländern zählt“. Allzu viel, das sagte auch Ministerin Bilkay Öney, sei von der Asylrechtsverschärfung daher nicht zu erwarten.

Der CDU-Abgeordnete Pröfrock wies aber darauf hin, dass die CDU auch Albanien und Montenegro als sichere Herkunftsländer betrachte. Mit dieser Einschätzung habe man sich aber in der großen Koalition in Berlin nicht gegen die SPD durchsetzen können. Frankreich habe zum Beispiel Albanien als sicheren Herkunftsstaat anerkannt. Alle vier Landtagsfraktionen waren sich einig in dem Ansinnen, das Arbeitsverbot für Flüchtlinge von neun auf drei Monate zu reduzieren – so wie es der Gesetzentwurf der großen Koalition bereits vorsieht. Öney sagte, die Lockerung des Arbeitsverbots könne nur ein erster Schritt sein. Auch die restriktive Vorrangregelung müsse fallen. Dabei prüft die Agentur für Arbeit, ob für einen Arbeitsplatz bevorrechtigte Bewerber zur Verfügung stehen – Deutsche also, EU-Bürger oder auch Schweizer.

Der Grünen-Abgeordnete Andreas Schwarz zählte auf, in welcher Weise die grün-rote Koalition die Kommunen bei der Flüchtlingsunterbringung bereits entlaste. So steige die Pauschale, die pro Asylbewerber gezahlt werde, von derzeit 12 600 Euro auf 14 000 Euro im Jahr 2016.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte schon am Dienstag angekündigt, im Doppelhaushalt für die Jahre 2015/2016 die Mittel für die Unterbringung der Flüchtlinge deutlich anzuheben. Sind es in diesem Jahr noch 210 Millionen Euro, so ist für das kommende Jahr von 300 Millionen Euro die Rede und für 2016 sogar von 315 Millionen Euro.