Innenminister Gall warnt entschieden davor zu kiffen. Gerade auf Jugendliche habe der Konsum von Cannabis schädliche Folgen. Darum ist er für das Verbot von Cannabis. Kretschmann sieht das aber anders.

Stuttgart - Die Jugend ist weitaus besser als ihr Ruf.“ Justizminister Reinhold Gall (SPD) ist sichtlich bemüht, die Entwicklung der Jugendkriminalität positiv zu zeichnen. Die Zahlen sprechen in weiten Teilen für diese Sichtweise: Es gab im Jahr 2014 immerhin 6,7 Prozent weniger Gewalttäter unter 21 Jahren als ein Jahr zuvor. Im Zehn-Jahres-Vergleich stehen die heutigen Jugendlichen sogar noch besser da: 43,6 Prozent beträgt der Rückgang der Zahl der Tatverdächtigen. Bei den Diebstählen sank die Zahl der Tatverdächtigen innerhalb von zehn Jahren um mehr als 38 Prozent, bei den Sachbeschädigungen um 40 Prozent. Auch für das laufende Jahr hält der positive Trend bei den jugendtypischen Straftaten bisher an, berichtet Gall.

 

Kopfzerbrechen bereiten der Polizei aber die zunehmenden Rauschgiftdelikte. Knapp 11 300 junge Menschen unter 21 Jahren wurden im vergangenen Jahr aktenkundig, darunter 185 Kinder unter 14 Jahren. Das nennt der Innenminister einen „sehr bedenklichen“ Anstieg. Insgesamt nahm die Zahl der jungen Rauschgiftkriminellen gegenüber dem Jahr 2013 um mehr als 16 Prozent zu.

„Falsches Signal“

Für Reinhold Gall ist das Anlass, deutlich Position zu beziehen: „Die Bagatellisierung von und die anhaltende Legalisierungsdebatte bei Cannabis sind unverantwortlich und das völlig falsche Signal an die Jugend“. Gall zeigte sich „zutiefst davon überzeugt“, dass die Verharmlosung des Rauschgifts die Jugend gefährde. Er führte diverse Studien aus Boston an, wonach Rauschgift bei Jugendlichen zu gesundheitlichen Schäden führe: „Die Leistungsfähigkeit in der Schule sackt ab, Verhaltensauffälligkeiten treten auf.“

Klar positionierte sich der sozialdemokratische Innenminister gegen seinen grünen Ministerpräsidenten. Winfried Kretschmann hatte Tendenzen für eine Legalisierung von Cannabis erkennen lassen. Gall sagte am Donnerstag: „Ich bin gegen die Legalisierung von Cannabis“. Eine Diskussion über den Umgang mit dem Rauschgift begrüßt er dennoch. „Das gibt auch der Polizei und mir die Gelegenheit, unsere Meinung zu sagen, dass nämlich Cannabis eine gefährliche Einstiegsdroge ist.“ Dabei zeigte sich Gall überzeugt, dass er die Mehrheit der Bevölkerung auf seiner Seite habe.

Das Argument, dass Alkohol trotz gefährlicher Folgen gesellschaftlich anerkannt sei, lässt Gall nicht gelten. Es könne nicht die Konsequenz sein, dass deshalb Cannabis auch anerkannt werde. Der CDU-Faktionschef Guido Wolf sagte, Cannabis sei ein gefährliches Rauschmittel, seine Legalisierung könnte einen falschen Eindruck vermitteln. Im vergangenen Jahr stand mindestens jeder vierte jugendliche Gewalttäter unter Alkoholeinwirkung. Ein Drittel der Rauschgiftdelikte gingen dem Landeskriminaldirektor Martin Schatz zufolge auf das Konto von Cannabis.

Polizei setzt auf Aufklärung

Die Kriminalpolizei setzt auf Vorbeugung und Aufklärung. Gall verwies darauf, dass die Polizei jetzt allen Schulen des Landes „ein flächendeckendes Präventionsangebot“ mache. Dabei geht es um die Schwerpunktthemen Gewaltprävention, Vorbeugung von Mediengefahren, um Aufklärung zu Suchtgefahren und die Prävention in Sachen Verkehrsunfällen. Gall begrüßte, dass das Kultusministerium die Prävention als Leitperspektive in die Bildungspläne aufnehmen wolle.

Trotz der weitgehend positiven Entwicklung hat die Kriminalpolizei 2014 erstmals seit dem Jahr 2007 wieder mehr Tatverdächtige unter 21 Jahren gezählt, insgesamt 58 304, ein Plus von 3,2 Prozent seit 2007. Das führt Gall zu großen Teilen auf Begleitdelikte wegen der gestiegenen Flüchtlingszahlen zurück. Allein wegen Aufenthalts- und Asylverstößen wurden 3500 junge Flüchtlinge aktenkundig. Es folgen laut Gall Delikte wie Diebstähle und Schwarzfahren.