Ein zweites Törchen zum Spielplatz? Keine große Sache, sollte man meinen. Doch im Falle der Hauptmannsreute hat sich daran eine Kontroverse entfacht.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-West - Ein zweites Törchen zum Spielplatz? Keine große Sache, sollte man annehmen. Doch im Falle der Hauptmannsreute hat sich daran eine Kontroverse entfacht, die jüngst im Bezirksbeirat ihre Fortsetzung fand. Allerdings gab es dort zuletzt eine deutliche Mehrheit für einen zweiten Zugang. Fraglich ist, ob das Tor tatsächlich kommt, denn der Architekt Wolfgang Zaumseil hat bereits angekündigt, urheberrechtlich gegen diesen baulichen Eingriff der Anlage vorgehen zu wollen. Das sei, wie er zugibt, zwar „schweres Geschütz“, aber er sehe nicht ein, warum man an einem Konzept etwas ändern sollte, auf das sich so viele Beteiligte und Betroffene in langwierigem Prozess geeinigt hatten.

 

Der Mehrgenerationenspielplatz in einer steilen Senke an der Hauptmannsreute ist im Juni vergangenen Jahres eröffnet worden. Er war ein aufwendiges Projekt gewesen, dessen Kosten sich am Ende auf fast 300 000 Euro beliefen. Die Idee zur „Go West – Oase für Jung und Alt“, so der Name des Spielplatzes, ist schon älter, 2012/2013 wurde endlich auch das Geld dafür bereit gestellt. Bereits 2008 hatte auf Initiative des Jugendrates West, des Bezirksbeirates und des Stadtseniorenrats eine Planungswerkstatt mit Anliegern und Nutzern stattgefunden. Dabei brachten sich auch die unweit gelegene Nikolauspflege, die Hasenbergschule und das Hölderlin-Gymnasium ein. Sie planten mit dem Architekten Wolfgang Zaumseil die Anlage mit Rutsche, Sandkasten, Balancierbalken, Radtrainer, Schachtisch und Holländerscheibe. Nun fragt sich Zaumseil, warum man an einer Gestaltung, die alle zufrieden stelle und funktioniere, etwas ändern sollte. „Es gibt überhaupt keinen Anlass.“

Der Bezirksvorsteher Reinhard Möhrle argumentierte in der Sitzung genau umgekehrt: Einst habe man keinen zweiten Eingang wollen, weil man unkontrollierten Zugang, Lärm und Zerstörungswut fürchtete. Doch laut Anwohnern, Nutzern und der Polizei gab es seit der Eröffnung keine Vorkommnisse. Daher könne man von der einstigen Vorsichtsmaßnahme abrücken. Viele Leute wünschten dies: „Im Bürgerhaushalt war das zweite Tor auch drin. 193 Menschen fanden es gut, 84 fanden es nicht gut.“

Mit einem zweiten Eingang hätten Fußgänger über Treppen und steile Wege eine direkte Verbindung vom Hölderlinplatz bis zur Hauptmannsreute. Heute müssen sie einen Bogen um den Spielplatz schlagen. Der SPD-Bezirksbeirat Heinrich Schneider argumentierte, dass die soziale Kontrolle des Platzes sogar in höherem Maße gewährleistet sei, wenn mehr Menschen ihn als Durchgang nutzten. Er verspreche sich insgesamt eine stärkere Frequentierung des Platzes. Susanne Wetterich von der CDU hielt dagegen: Kleine Kinder seien mit einem zweiten Zugang schlechter zu beaufsichtigen, sie könnten davonlaufen.

Einig war man sich darin, dass man den Durchgang wieder schließen werde, sollte es Ärger geben. Auf breite Zustimmung stieß ferner der Vorschlag von AfD-Bezirksbeirat Rolf-Peter H. Kress, das zweite Tor zwar anzubringen, aber nachts abzuschließen. „Es müsste unter den Nachbarn eine Art Patenschaft für den Schlüssel geben.“ Der Architekt Zumseil hält dies für keine gangbare Lösung: „Die Idee hatten wir schon beim ersten Tor, aber die Nachbarn haben es abgelehnt, den Schlüsseldienst zu übernehmen.“ Sie hätten Konflikte befürchtet, wenn sie Leute vom Platz schicken müssten, um schließen zu können.

Zaumseil hofft, das zweite Tor noch verhindern zu können – zur Not und eher ungern will er die juristische Keule schwingen: Es handele sich bei dem Platz um eine „künstlerische Arbeit von hohem gestalterischen Anspruch“. Jede Veränderung berühre seine Rechte als Urheber. Überdies befürchtet der Architekt, dass ein zweites Tor weitere Eingriffe nach sich ziehen würden, dass beispielsweise Spielgeräte verrückt werden müssten und in sofern das ausgeklügelte Ensemble aus Pflanzen, Möbeln und Geräten beeinträchtigt würde. Vor allem aber, so Zaumseil, würde der jetzige Charakter des Ortes zerstört. Der umfriedete Platz sei ein ruhiger und geschützter Rückzugsort, wo sich Menschen geborgen fühlten. „Es ist eben ein entscheidender Unterschied, ob ein Raum durchquert werden kann oder geschlossen ist.“