In Ihrem Buch über die Reise schwärmen Sie sehr von Äthiopien. War Addis Abeba das Beste, was Sie erlebt haben?
Es ist schwer zu sagen, welcher Ort der schönste oder wichtigste war. Am meisten überrascht hat mich tatsächlich Äthiopien, das hat mich umgehauen. Ich hab mich sehr geschämt, dass ich vorher so wenig davon wusste. Äthiopien hat mich bewegt, berührt, bereichert wie kaum ein anderes Land. Aber jede der zwölf Städte hatte ihre Berechtigung. Eine von außen betrachtet ruhige und langweilige Stadt wie Kopenhagen hat mir die Möglichkeit gegeben zu verschnaufen. Denn man kann sich ja nicht nur Sensationen zumuten.

Hätten Sie das Jahr anders erlebt, wenn Sie ein Mann gewesen wären?
Als Frau allein zu reisen hat mir eher genützt als geschadet. Frauen wirken erst mal weniger bedrohlich, das erleichtert die Kontaktaufnahme. Ich glaube, einer Frau wird viel mehr Unterstützung zuteil. Ich kenne viele Frauen, die sich so eine Form des Reisens nicht zutrauen würden, weil sie denken, es sei zu gefährlich. Mein Eindruck ist: ganz und gar nicht, eher im Gegenteil.

Es ist also nie etwas passiert?
Nein. Ich muss dazu sagen: Ich bin 1,83 groß und strohblond. Ich sehe aus wie Olivia Jones ohne Make-up – ein Leuchtturm, der durch die Menge geht, gerade in Mumbai oder Shanghai. Ich hatte nie den Eindruck, mir könnte was passieren.

Sie haben viel gelernt in diesem Jahr. Auch übers Reisen, das Sie oft reflektiert haben. Kann man Ihr Buch als kleine Anleitung zum erfolgreichen Reisen verstehen?
Das Buch soll eine Ermunterung sein. Ich freue mich, wenn die Leute sagen würden: Was die kann, kann ich auch. Man kann großartige Dinge erleben, wenn man sich nur darauf einlässt. Mein Buch ist ein Vorschlag: Macht so was auch mal!

Was haben Sie fürs Leben gelernt?
Dass es immer mehrere Optionen gibt. Das Reisen ist die beste Gelegenheit, im eigenen Leben Inventur zu machen, zu schauen: Was will ich wirklich? Und nicht: Was soll ich wollen? Es geht immer mehr, als man denkt. Frauen werden ja beispielsweise auf die Frage reduziert: Kinder oder Karriere. Was ist, wenn man sagt: Weder noch! Ich hab mich gegen Kinder entschieden. Ich habe zwar Karriere gemacht, aber eines der Ergebnisse des Reisens war auch der Entschluss: Ich will nicht mehr funktionieren müssen und mich als Rädchen in diese Maschine einfügen. Das Nachdenken über sich selbst geht im Alltag viel zu oft unter. Sich dafür den Raum zu gönnen ist unbezahlbar.