Mit Ramon Gehrmann kehrte beim SGV Freiberg der Erfolg zurück. „Wir sind ein gesunder Verein mit einer überragenden Infrastruktur und einer überragenden Jugendarbeit. Mittelfristig ist die Regionalliga möglich“, sagt der Trainer.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Freiberg - Wer etwas Außergewöhnliches leistet, der kann auch kräftig feiern. Das taten die Verbandsliga-Fußballer des SGV Freiberg meisterhaft. Erst auf dem Spielfeld und in der Kabine nach dem 3:0 beim VfL Sindelfingen – danach auf der Stuttgarter Partymeile im Cavos und Aerclub. „Es ist doppelt gut, einen Thomas Gentner im Team zu haben“, sagt Freibergs Trainer Ramon Gehrmann mit einem Schmunzeln. „Zum einen auf dem Spielfeld und dann auch noch, weil er so gute Beziehungen hat.“ Durch dessen älteren Bruder C hristian, den Profi des VfB Stuttgart, öffnen sich auch kurzfristig Türen – wie bei den Feierlichkeiten nach der geglückten Oberligarückkehr.

 

„Wir haben eine herausragende Saison gespielt“, meint Gehrmann. Nur zwei Niederlagen setzte es in bisher 27 Spielen. Der Vorsprung auf Verfolger TSG Backnang beträgt satte zehn Punkte. Da tut man sich in der Regel schwer, aus diesem exzellent funktionierenden Kollektiv jemanden hervorzuvorzuheben. Gehrmann tut es dennoch: Auf Nachfrage nennt er die Namen der Verteidiger Tobias Fausel und Clemens Schlimgen. Wobei weitaus bekanntere Spieler im Kader stehen: neben Gentner zum Beispiel Marco Pischorn, Marcel Ivanusa, Mahir Savranlioglu, Sven Schimmel, David Kienast oder auch Michael Deutsche, der sich allerdings in der Winterpause nach bis dahin 14 Saisontoren für vier Monate zum Studium in die USA verabschiedete.

Der SGV ging immer als Favorit ins Spiel

Sie alle hatte Gehrmann zu einer schlagkräftigen Einheit geformt, die den Oberliga-aufstieg souverän schaffte. 2012 war ihm das mit dem SGV schon einmal gelungen. Damals hatten sich die Freiberger am letzten Spieltag im direkten Duell mit dem FSV 08 Bissingen durchgesetzt – vor 2500 Zuschauern. „Das war ein Stück weit emotionaler“, erinnert sich Gehrmann, „doch drei Spieltage vor Schluss schon durch zu sein hat auch etwas.“ Zumal seine Mannschaft in jedes Spiel als klarer Favorit ging. Was auch in der Verbandsliga kein Vergnügen ist.

Das Team hat dem Druck standgehalten. Der Betriebsunfall ist behoben. Denn im Vorjahr waren die Freiberger überraschend aus der Oberliga abgestiegen. In Marijo Maric, Christian Werner, Benjamin Götz und Marcus Wenninger versuchten sich vier verschiedene Trainer – erfolglos. Zuvor waren in der Oberliga die Plätze drei, vier und fünf herausgesprungen. Unter dem Trainer Ramon Gehrmann, der in der Freiberger Desaster-Runde 2015/16 aber als Nachwuchstrainerbeim Karlsruher SC tätig war. Nach einem Jahr heuerte er wieder in Freiberg an. Und mit ihm kehrte der Erfolg zurück. Warum er den KSC trotz eines Zweijahresvertrags verlassen hatte? „Wäre ich beim KSC geblieben, dann hätte ich den Fußball-Lehrer-Schein nicht machen können. Sie hätten einen zweiten hauptamtlichen Trainer einstellen müssen. Das war dem Club zu teuer“, erklärt Gehrmann.

Gehrmann war Co-Trainer von Kramny und Keller

Mit einem Engagement in Freiberg war alles unter einen Hut zu bringen: Die Fußball-Lehrer-Ausbildung, die Gehrmann im März erfolgreich abgeschlossen hat, die Mission Wiederaufstieg mit dem SGV und seine Arbeit als Lehrer (donnerstags und freitags) am Untertürkheimer Wirtemberg-Gymnasium in den Fächern Sport, Geschichte, Gemeinschaftskunde, Wirtschaft und Psychologie. „Jetzt geht es mir so gut wie noch nie“, sagt der Ehemann und Vater von zwei kleinen Kindern (fünf und zwei Jahre alt), der früher fünf Jahre in der Jugendabteilung des VfB Stuttgart aktiv war. Als U-19-Assistenzcoach von Trainern wie Jens Keller, Jürgen Kramny oder Marc Kienle.

Vertrag bis 2018 – mit Ausstiegsklausel

In Freiberg fühlt er sich sehr wohl. Sein Vertrag läuft bis 30. Juni 2018. Würde ein höherklassiges Angebot ins Haus flattern, gibt es eine Ausstiegsklausel. Was in Freiberg möglich ist? „Mittelfristig die Regionalliga. Wir haben zwar nur ein geringes Zuschauerinteresse, aber wir sind ein gesunder Verein mit einer überragenden Infrastruktur, einer überragenden Jugendarbeit und einer überragenden Lage im Großraum Stuttgart“, zählt Gehrmann begeistert auf. Hinzu kommt ein top Trainer-Duo: Fußball-Lehrer Gehrmann wird vom promovierten Sportwissenschaftler Christian Werner unterstützt. Zu viel der Theorie? Ballbesitzfußball-Fan Gehrmann zitiert Arrigo Sacchi, der mit dem AC Mailand ganz entscheidend die Art und Weise prägte, wie heute Fußball gespielt wird: „Ein Jockey muss schließlich auch nicht als Pferd geboren worden sein.“