Der Friseurmeister Jürgen Schwartz schneidet in seinem Salon „Schnittstelle“ nicht nur Haare, sondern gibt auch Malkurse.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Friseur war schon immer sein Traumberuf. Doch ein ganzes Leben lang nur Haare zu schneiden, fand Jürgen Schwartz langweilig – und seine Eltern hielten es für zu unsicher. Überhaupt werde man mit Abitur nicht Friseur, sagten sie. Auf dem Weg zu seinem eigenen Salon, den er nun seit zehn Jahren in der Römerstraße 6 betreibt, hat Jürgen Schwartz deshalb einige Umwege genommen. Den Eltern zuliebe lernte zuerst „was Gescheites“ und schloss eine kaufmännische Lehre ab. „Danach durfte ich Friseur werden“, erzählt der heute 53-Jährige und lacht.

 

Malen ist seine zweite Leidenschaft

Vor ein paar Jahren entdeckte Schwartz seine zweite Passion – allerdings eher per Zufall. Eine Bekannte überredete ihn, mit zu einem Malkurs nach Plochingen zu kommen. Malen mit Acrylfarben – entstanden sind damals bei den meisten bunte Blumenbilder. „Das hörte sich für mich total nach Hausfrauenkurs an. Da hatte ich echt keine Lust drauf“, sagt Schwartz. Dennoch ist er geblieben und entdeckte seine Begeisterung für die bildende Kunst. Sein Atelier hat er zu Hause in Fellbach, doch viele Bilder stehen in seinem Salon im Stuttgarter Süden. Seit September gibt er dort einmal wöchentlich eigene Malkurse für Einsteiger und Hobby-Picassos. Mit dieser Kombination ist der gebürtige Hamburger heute glücklich und zufrieden, auch wenn er damit nicht reich werde.

Früher verdiente Schwartz seine Brötchen in verschiedenen Friseursalons in Stuttgart, richtig gefallen hat es ihm auf Dauer in keinem. Deshalb kehrte er nach Norddeutschland zurück und ging auf die Meisterschule. Stuttgart vermisste er eigentlich nur wegen seiner Amateur-Comedygruppe. „Deshalb bin ich zurückgekommen“, sagt er.

Jürgen Schwartz fing in seinem ehemaligen Betrieb wieder an, eigentlich sollte er dort eine eigene Filiale übernehmen. „Da wurde ich aber etwas über den Tisch gezogen“, sagt er heute. Die große Leidenschaft für den Friseurberuf war erst einmal weg. Jürgen Schwartz entschied sich deshalb für eine ganz andere Laufbahn und schrieb sich an der Universität Tübingen im Fach Pädagogik ein. „Ich war damals in so einem großen Motivationsloch“, begründet er seine Entscheidung, mit 29 Jahren ein Studium anzufangen. Nach dem Abschluss absolvierte er ein Referendariat, der Beruf des Lehrers gefiel auch den Eltern. Schule sei aber nicht seins gewesen, sagt Schwartz. Das System habe ihm nicht gefallen, weshalb er das Lehrerdasein wieder aufgab. Zwar sei es eine interessante Erfahrung gewesen, räumt er ein. Doch irgendwann habe er sich gedacht: „Bleib bei deinem Leisten.“ So kam Schwartz zu seinem Salon in der Römerstraße.

Der Friseur gibt nun auch Malkurse

Nebenbei malte er zunächst nur für sich selbst, stellte die Bilder in seinem Salon aus. Dabei sei ihm die Idee gekommen, in der Stuttgarter Innenstadt selbst Kurse zu geben. Sein erster Kurs läuft bereits, bald soll ein zweiter folgen. Seinen Schülern gefalle es, sagt Schwartz. „Ganz beseelt“ gehe sie immer nach dem Kurs nach Hause, habe ihm zum Beispiel eine Teilnehmerin neulich gesagt. „Alle kriegen auch immer eine kleine Leinwand mit, dann können sie daheim weiterschaffen“, sagt Schwartz. Das komme gut an. So ist aus dem Friseur mit Pädagogik-Studium am Ende doch noch ein Lehrer geworden.