Es wird zu einer unendlichen Geschichte: Die Eröffnung des neuen Menschenaffenhauses in der Wilhelma verzögert sich erneut – dabei laufen seit Jahren die Kosten aus dem Ruder.

Stuttgart - Preisfrage: In Stuttgart gibt es derzeit ein nicht gerade unumstrittenes Neubauprojekt – dabei laufen seit Jahren die Kosten aus dem Ruder, die eben verkündeten Zeitpläne sind Monate später bereits überholt. Rund um die Baustelle zeigt sich, dass die beteiligten Partner oft nicht auf einer Linie liegen: Die Architekten sagen dies, die Finanziers jenes und die Auftraggeber haben eine ganz eigene Meinung zu der Sache, die sie aber lieber nicht so laut öffentlich sagen. Um welches Stuttgarter Neubauprojekt handelt es sich also?

 

Genau: um die Menschenaffenanlage in der Wilhelma. Seit Dienstag ist es mal wieder so weit, es gibt einen neuen Sachstand. Wie schon so oft. Noch im Sommer verkündete der Zoo, dass man sich beim Affenhaus der Fertigstellung entgegenhangle. Im Dezember sollten die ersten Affen von der alten Anlage in ihr neues Heim umziehen – im Februar 2013 würde der 20 Millionen Euro teure Neubau dann für die Besucher geöffnet. Dieser Zeitplan ist nun hinfällig. Nach einer Baubesprechung am Montag räumt der Zoodirektor Dieter Jauch ein, dass die Affen erst im Februar in die neue Anlage umziehen können.

Erneut zwei Monate im Verzug

„Wir sind derzeit mindestens zwei Monate im Verzug“, erklärt Jauch, „eigentlich hätten wir das Haus bereits im September übernehmen sollen. Tatsächlich konnten wir erst gestern mit den Einrichtungsarbeiten beginnen.“ Nicht nur die Bauten von Hascher Jehle Architekten (Kunstmuseum) sind aufwendig – die nun erst erfolgenden Inneneinrichtungen für Gorillas und Bonobos sind es auch. Kletteranlagen, Karussells und Seile werden montiert. „Bei jeder Affenart rechnen wir mit einer Einbauzeit von vier Wochen“, so Jauch.

Die Affen dürfte es wenig jucken, wann sie in das neue Haus einziehen – bei den Besuchern der Wilhelma sieht das vermutlich anders aus. Es sei ungewiss, so der Zoo, ob die feierliche Eröffnung der Anlage für das Publikum wirklich vor dem Ende des ersten Quartals 2013 stattfinden könnte. Im Klartext: es steht derzeit in den Sternen, ob der Neubau in den für die Wilhelma wichtigen Osterferien im nächsten Jahr schon geöffnet hat. Schon in diesem Jahr hat die gewaltige Dauerbaustelle im oberen Bereich der Wilhelma ihren Teil mit dazu beigetragen, dass die Besucherzahlen deutlich unter denen des Vorjahres liegen.

Die Kosten steigen und steigen

Der Ärger rund um den Neubau wird für den Stuttgarter Zoo allmählich chronisch: Bereits Anfang 2007 hat das Büro Hascher Jehle Architekten den Zuschlag für das Projekt erhalten, man hoffte auf einen Baustart noch 2008. Dieser verzögerte sich jedoch immer wieder, bis schließlich im April 2010 erst der Spatenstich erfolgte. Man hoffte damals auf eine Bauzeit von zwei Jahren. Doch im Frühjahr 2012 war es offensichtlich, dass das Projekt sich nicht nur erneut verzögert, sondern weitaus teurer wird, als gedacht: War ursprünglich von Gesamtkosten in Höhe von 13 Millionen Euro die Rede, liegt die derzeitige Schätzung bei 20 Millionen Euro.

Häppchenweise werden und wurden dafür Gründe nachgereicht: Mal musste das Areal von Bombenresten befreit werden, mal war die brummende Baukonjunktur an der Kostenexplosion Schuld, dann erwiesen sich dringend notwendige Hydraulikschieber an den Gehegen als außerordentlich teuer. Wer nun an den jüngsten Verzögerungen Schuld ist? „Die Wilhelma ganz bestimmt nicht“, sagt Dieter Jauch, „wir haben die Hölzer für die Inneneinrichtung schon länger eingelagert.“ Immerhin: bei einer exklusiven Führung für Mitglieder des Wilhelma-Fördervereins stieß die neue Anlage auf Gefallen, wie die Einträge im Gästebuch nahe legen: „Es wird so schön. Im nächsten Leben will ich ein Affe in der Wilhelma werden.“ Und: „Haltet mir ein Zimmer frei!“ Die Frage ist jetzt nur, ab wann das Zimmer wirklich frei wird.