Die Wilhelma muss aus den erheblichen Problemen beim Betrieb des neuen Menschenaffenhauses die richtigen Schlüsse für künftige Bauprojekte ziehen, schreibt StZ-Redakteur Erik Raidt.

Stuttgart - Beim Spatenstich für das neue Menschenaffenhaus der Wilhelma haben sich die Verantwortlichen vor einigen Jahren mit Vorschusslorbeeren gegenseitig überboten: Es hieß unter anderem, in Stuttgart entstehe ein Fünfsternehotel für Gorillas und Bonobos. Inzwischen steht fest, dass von den fünf Sternen derzeit drei zu Unrecht vergeben wurden – die Wilhelma spricht zum ersten Mal öffentlich von erheblichen Mängeln am Bau. Im Alltagsbetrieb knirscht es an allen Ecken und Enden: Kameras fallen aus, Sonnenjalousien funktionieren nur gelegentlich, Bodenbeläge platzen auf. Das Personal ist frustriert.

 

Nun hat ein zweiter Todesfall bei den Bonobos das Fass aus Sicht von Pflegern und Kuratoren zum Überlaufen gebracht. Zwar kann der Zoo nicht zweifelsfrei beweisen, dass die Lungenentzündung, an der ein Jungtier kürzlich starb, durch die technischen Probleme bei der Lüftung verursacht wurde. Doch die Zahl der Erkältungskrankheiten ist in der Stuttgarter Bonobo-Gruppe seit dem Umzug aus dem alten in das neue Menschenaffenhaus spürbar angestiegen.

Neue Rolle als Krisenmanager

Dies ist keinesfalls akzeptabel. Die Verantwortung für die Gesundheit der Tiere berührt den Kernbereich jener Verantwortung, die ein Zoo hat. Deshalb ist es richtig, dass die Wilhelma nun die Probleme transparent macht und Gutachter beauftragt, die die Schuldfragen zu klären haben. Der heutige Zoodirektor Thomas Kölpin kann für die Probleme, die in der Amtszeit seines Vorgängers entstanden sind, nicht haftbar gemacht werden. So viel ist klar. Doch Kölpin muss sich jetzt als Krisenmanager bewähren und auch dafür sorgen, dass der Zoo künftig bei großen Neubauprojekten Architekten beauftragt, die sich mit Zoobauten auskennen.