Ein spanischer Frauenname wird zum Inbegriff für Autos. Der Markenname Mercedes stand früher einmal aber nicht nur für Pferdestärken, sondern wurde auch für Schreibmaschinen, Korsetts und Zigaretten gebraucht.

Bad Cannstatt - Hochwertig, schnell und traditionsreich sind nur einige wenige Adjektive, die den meisten Menschen in Deutschland und wahrscheinlich auf der ganzen Welt einfallen, wenn sie den Namen Mercedes-Benz hören. Untrennbar ist der Begriff heute mit Fahrzeugen verknüpft. Doch das war nicht immer so.

 

Die Firma Lindauer etwa ließ um 1900 die Marke Mercedes als Warenzeichen für eine Korsettmarke beim kaiserlichen Patentamt eintragen, erzählt Manfred Schmid vom Planungsstab Stadtmuseum. „Dieser Markenschutz galt für zehn Jahre. Nach 1914 taucht der Name im Sortiment der Firma Lindauer nicht mehr auf.“ Auch die Cannstatter Schuhfabrik Haueisen & Cie AG. vertrieb laut Schmid nach dem Ersten Weltkrieg ihre Erzeugnisse unter der Marke Mercedes in Verbindung mit einem Affen, der einen Schuh in der rechten Hand hielt. Mercedes scheint schon zu diesem Zeitpunkt für Qualität gestanden zu haben.

Nicht zuletzt informiert das Archiv des Stuttgarter Autobauers darüber, dass früher Zigaretten unter dem Namen Mercedes vertrieben wurden. Außerdem wurden laut einer Sprecherin im Haus früher einmal auch Fahrräder und Schreibmaschinen produziert. Diese Schreibmaschinen trugen aber nicht den Namen Mercedes, sondern DMG (Daimler-Motoren-Gesellschaft), weil die DMG im Jahr 1913 der Büromaschinenfabrik Zella-Mehlis in Thüringen für damals 10 000 Mark die Lizenz, Büromaschinen unter dem Namen Mercedes zu vertreiben, verkauft hatte. Doch wie entwickelte sich der Qualitätsname Mercedes eigentlich?

Spanischer Frauenname wird Markenname

Mit der Erfindung des schnelllaufenden Motors und des Automobils legten Gottlieb Daimler und Carl Benz in den 1880er Jahren unabhängig voneinander den Grundstein für den motorisierten Individualverkehr. Beide brachten ihre privaten Entwicklungsarbeiten mit Hilfe von Geldgebern und Teilhabern in eigene Unternehmen ein: In Mannheim gründete Benz im Oktober 1883 die Firma Benz & Cie., in Cannstatt entstand im November 1890 die Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG).

Um ihre Produkte bekannt und unverwechselbar zu machen, suchten beide Firmen nach einem einprägsamen Warenzeichen. Zunächst waren es die Namen der Erfinder selbst, Benz und Daimler, die für den Ursprung und die Qualität der Motoren und Fahrzeuge bürgten. Doch während sich die Schutzmarke von Benz & Cie. namentlich nicht veränderte, taucht für die Fabrikate der DMG nach der Jahrhundertwende der völlig neue Markenname Mercedes auf.

Mercedes ist ein spanischer Frauenname und bedeutet Gnade. Mercedes hieß die 1889 geborene Tochter des in Baden bei Wien und in Nizza lebenden österreichischen Geschäftsmanns Emil Jellinek. Der sportbegeisterte Jellinek war ein Anhänger des technischen Fortschritts und überzeugt, dass das Automobil die Zukunft verändern würde. Bereits 1897 reiste er nach Cannstatt und bestellte seinen ersten Daimler-Wagen, einen 6-PS-Riemenwagen mit Zweizylindermotor. Schon bald war das im Oktober 1897 gelieferte Fahrzeug mit seiner Höchstgeschwindigkeit von 24 Stundenkilometern Jellinek zu langsam.

Vater trägt den Namen seiner Tochter

Jellinek forderte von der DMG immer stärkere und schnellere Fahrzeuge und meldete diese ab 1899 auch zu Rennveranstaltungen an – allen voran bei der Woche von Nizza. Bei diesen Rennen trat er gewöhnlich unter seinem Pseudonym Mercédès auf. Diesen in Automobilistenkreisen schließlich sehr bekannten Namen benutzte Jellinek zunächst nicht als Automobilmarke, sondern als reinen Team- und Fahrernamen. Anfang April 1900 trafen die DMG und Jellinek eine Vereinbarung über den Vertrieb von Daimler-Wagen und -Motoren. Mit der Entscheidung, einen neuen Motor zu entwickeln, der „den Namen Daimler-Mercedes führen“ sollte, wurde Jellineks Pseudonym auch zur Produktbezeichnung.

Am 22. Dezember 1900 lieferte die DMG den ersten mit dem neuen Motor ausgerüsteten Wagen an Jellinek, einen 35 PS-Rennwagen. Dieser erste Mercedes, entwickelt von Wilhelm Maybach, dem Chefkonstrukteur der DMG, sorgte zu Beginn des Jahrhunderts für Furore und gilt heute als das erste moderne Automobil.

Am 23. Juni 1902 wurde der Name Mercédès als Warenzeichen angemeldet und am 26. September gesetzlich geschützt. Emil Jellinek erhielt im Juni 1903 die Erlaubnis, sich fortan Jellinek-Mercedes zu nennen. „Wohl zum ersten Mal trägt der Vater den Namen seiner Tochter“, kommentierte Jellinek.