Hätte es mit Pascal Wehrlein und Lewis Hamilton nicht funktioniert?
Ich kann den Pascal wirklich gut leiden, kenne ihn seit er 14 ist und bin mitverantwortlich für seinen Weg. Ich habe persönlich eine große Freude an ihm. Autofahren kann er richtig gut, er ist auch ein explosiver Charakter, so wie Herr Hamilton. Im Auto ist das durchaus positiv, aber in der Kombination mit Lewis muss man diese Explosivität durchaus berücksichtigen.

Junge Fahrer müssen sich die Hörner abstoßen

Sie hatten also keine Lust mehr auf den „Krieg der Sterne“, Teil zwei.
Der Hauptgrund, warum nicht Pascal das Rosberg-Cockpit bekommen hat, war, dass wir ihn nicht verbrennen wollten. Wir haben ein Programm, das aus zwei oder drei Jahren Ausbildung besteht, um ihn bereit zu machen für einen Mercedes. Wenn er die Leistung bis dahin bringt und sich auch als Persönlichkeit und Leader innerhalb eines Teams weiterentwickelt, kann er sich dafür qualifizieren. Wenn wir ihn 2017 neben Lewis in einen Silberpfeil gesetzt und verbrannt hätten, das hätte mir leid getan. Jeder junge Fahrer muss sich in der Formel 1 die Hörner abstoßen, bevor er fehlerfrei fährt. Und das muss man dem Pascal auch zugestehen.
Hat Lewis Hamilton sich den neuen Kollegen Bottas ausgesucht?
Lewis ist bei uns als Fahrer angestellt. Das ist die rechtliche Grundlage. Damit hat er keinen Einfluss auf solch eine Entscheidung. Aber er ist ein wichtiger Bestandteil des Teams. Also habe ich ihn in dieser Frage konsultiert. Wir haben einige Stunden bei mir in Oxford in der Küche verbracht und darüber geredet, welche Fahrer zur Auswahl steht und wer in die engere Wahl kommt. Beim einen oder anderen sagte Lewis: ,Wenn du glaubst, dass es zwischen mir und Nico schon heiß zur Sache gegangen ist, dann gibt es da eine Explosion‘. Bei Valtteri sagte er, dass er ihn gut leiden könne, respektiere und schätze.
Mit wem wäre es den zur Explosion gekommen?
Das gibt es ja einen Namen aus der Historie, in der es zwischen den beiden Piloten eine richtige Explosion gab. Unser spanischer Freund (Fernando Alonso, Anm. d. Redaktion) hat da bei uns natürlich auch Narben hinterlassen.

Hamilton verbringt viel Zeit in der Fabrik

Haben Hamilton die Jahre mit Rosberg nicht auch angestrengt?
Klar, weil nicht auch richtig was konnte. Er hat nicht nur auf der Strecke sondern mit all seiner Kraft auch psychologisch dagegengehalten. Das hat auch an Lewis‘ Kräften gezehrt. Er kam jetzt aus diesem Winter so gut zurück, wie ich ihn noch nicht erlebt habe: gut trainiert, wesentlich leichter als vorgegeben, was im Hinblick auf unser schweres Auto ein wesentlicher Vorteil ist. Er ist guter Dinge und verbringt viel Zeit in der Firma. Wir haben mehr Kontakt denn je, und das ist etwas, was wir uns als Ziel genommen haben.
Bottas hat einen Einjahresvertrag, Hamilton ist bis Ende 2018 dabei. Schauen Sie schon nach Alternativen?
2018 eröffnen sich Alternativen, die interessant sein können, aber im Moment verschwenden wir keine Zeit daran und konzentrieren uns darauf, Bottas auf Speed zu bringen.
Etwa Sebastian Vettel?
Ich habe zu ihm persönlich ein gutes Verhältnis und kann ihn unheimlich gut leiden. Er würde auch zum Team passen. Sebastian ist aber einer, der seinem jetzigen Arbeitgeber absolut loyal ist. Als Nico zurückgetreten ist, gehörte er nicht zu den auch interessanten Bewerbern auf das Cockpit. Er sagte nur: ,Oh, das ist jetzt aber überraschend‘. Er haut sich mit allem, was er hat, bei Ferrari rein. Was die Zukunft bringt werden wir sehen. Es wäre fahrlässig, den Sebastian nicht auf der Rechnung zu haben.
Vettel im Mercedes, das wäre doch eine charmante Sache.
Klingt gut. Aber so gut es klingt, so wenig spielt das jetzt eine Rolle. Mein liebstes Szenario ist, dass es mit Valtteri und Lewis funktioniert.

Fast 1000 PS im Heck

Was werden die neuen Regeln bewirken in der neuen Saison?
Diese Autos sind richtige Monster. Die Kurvengeschwindigkeiten sind in den schnellen Ecken um 40 Kilometer pro Stunde schneller als im letzten Jahr. Die Fahrer spüren den Nacken wesentlich mehr. Wir haben die Sitze verändern müssen, weil die G-Kräfte so stark sind, dass die Fahrer in den Sitz gedrückt werden. Sie erleiden da Prellungen, und das hat es noch nie gegeben. Aber das Überholen wird bis zu 50 Prozent schwieriger. Weil die Autos eine Welle hinter sich erzeugen, die doppelt so stark ist als bei der Fahrzeuggeneration davor.
Mit wie viel PS sind Sie unterwegs?
Da spricht man nicht so darüber, aber es geht in die Richtung unter 1000 PS.
War es an der Zeit, dass Bernie Ecclestone geht?
Ich glaube, es gibt wenige Vorstandsvorsitzende von großen Unternehmen, die 86 sind. Bernie ist immer noch ziemlich auf Zack, aber wir gehen jetzt in ein anderes Zeitalter. Das Konsumverhalten von Medien und von Unterhaltung verändert sich gerade. Es ist eine richtige Revolution, bei der es darum geht, drei Generationen von Konsumenten zu befriedigen. Die einen konsumieren über traditionelle Medien, die anderen digital. Und die ganz jungen wollen an der Formel 1 aktiv teilnehmen, sie wollen mitspielen, mitgestalten, mitkommunizieren. Sie spielen zeitgleich ein Game, hören dem Moderator zu und kommunizieren währenddessen über Skype auch noch mit ihren Freunden. Das ist für mich als 45 völlig unverständlich, wie soll es dann für einen 86-Jährigen verständlich sein?
Macht sich die neue Führung schon bemerkbar?
Wir haben schon eine Sitzung gehabt, wo die neuen Leute ihre Vision der der Zukunft der Formel 1 präsentiert haben. Die Präsentation war Top. Die meisten Dinge machen Sinn. Der Fokus liegt ganz klar auf der Unterhaltung. Der Eventcharakter muss zunehmen. Das Autorennen per se ist das Wichtigste, und es muss Unterhaltungscharakter und mehr Variabilität haben. Ich spreche da von engem Racing, starke Persönlichkeiten bei den Fahrern herausbringen, denn sie sind die Helden. Gleichzeitig muss man dem Zuschauer vor Ort mehr bieten. Ich meine da etwa Aktivitäten für die Kinder, billigere Tickets, Food Courts, Musikkonzerte. In diesen belangen sind die Amerikaner Experten. Austin war im letzten Jahr knallvoll.