Kanzlerin Merkel hat ihren Staatsbesuch in China beendet. Es war ein Balanceakt: Zwischen dem Werben für gute Wirtschaftsbeziehungen auf der einen und dem Einsatz für die Menschenrechte auf der anderen Seite.

Kanzlerin Merkel hat ihren Staatsbesuch in China beendet. Es war ein Balanceakt: Zwischen dem Werben für gute Wirtschaftsbeziehungen auf der einen und dem Einsatz für die Menschenrechte auf der anderen Seite.

 

Peking - Mit einem Aufruf an chinesische Studenten zu kritischem Denken hat Kanzlerin Angela Merkel ihren China-Besuch beendet. In einer Rede an der renommierten Tsinghua-Universität setzte sich Merkel für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte in China ein. „Nur eine Gesellschaft, die offen ist, die pluralistisch ist und jedem seine Freiräume gibt - jedenfalls nach meiner Meinung - ist in der Lage, Zukunft erfolgreich zu gestalten“, sagte Merkel am Dienstag vor den Studenten.

Zum Abschluss ihrer dreitägigen China-Visite schlugen Empfehlungen des neu geschaffenen deutsch-chinesischen Wirtschaftsausschusses Wellen, die nicht mit Merkel abgestimmt waren. Als kontrovers galt der Wunsch, die Regierungen und Unternehmen beider Seiten sollten sich für ein besseres China-Bild in deutschen Medien einsetzen. In den Empfehlungen wird auch ein mit Steuergeldern finanzierter Innovationsfonds genannt.

Bei ihrem Besuch hatte die deutsche Wirtschaft mehrere Abkommen mit einem Volumen von mehr als zwei Milliarden Euro abgeschlossen. Außer von Regierungschef Li Keqiang, den sie mehrmals traf, wurde die Kanzlerin auch von Staats- und Parteichef Xi Jinping empfangen. Der Präsident nahm sich mit einem Abendessen viel Zeit für Merkel. In ihrer Begleitung reiste eine hochkarätige Wirtschaftsdelegation.

Die großen Leitgedanken der deutsch-chinesischen Kooperation seien Fortschritt und Innovation, sagte Merkel. Dazu gehöre, kritische Fragen zu stellen, das bessere Argument zu suchen und darüber zu streiten. „Das alles setzt voraus, dass man Neuland sucht“, sagte Merkel und beschrieb die Tsinghua-Universität als prädestinierten Ort der Freiheit.

Merkel hob die Bedeutung des Landes mit seinen 1,3 Milliarden Menschen in der Welt hervor. „Wenn es China wirtschaftlich gut geht, hat die ganze Welt etwas davon.“ China sei zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegen.

Entscheidungen in China hätten Auswirkungen auf die ganze Welt - auch auf Deutschland. „Heute lässt sich keine einzige Frage mehr ohne China und ohne Mitwirkung Chinas lösen.“

Dabei ging sie auf den Umweltschutz, erneuerbare Energien und soziale Bedingungen ein. Eine intakte Umwelt und soziale Balance schafften gute Lebensqualität. „Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet nicht, auf Wirtschaften zu verzichten“, sagte die Bundeskanzlerin. „Das ist ein Missverständnis.“ Ganz im Gegenteil liege darin die Chance neue Formen des Wirtschaftens zu entdecken. Zum Zeichen dafür ließ sie sich im Anschluss Elektro- und Hybridautos von deutschen und chinesischen Herstellern präsentieren.

Vor ihrer Rede an der renommierten Tsinghua-Universität hatte Merkel den früheren Ministerpräsidenten Wen Jiabao getroffen. Das Verhältnis von Wen und Merkel gilt als gut und freundschaftlich. Wen, Vorgänger von Amtsinhaber Li Keqiang, war von 2003 bis 2013 Regierungschef und damit acht Jahre Merkels direkter Gesprächspartner. In diese Zeit fallen sechs China-Besuche der Kanzlerin sowie Chinas Verstimmung über ihre Einladung des Dalai Lama ins Kanzleramt 2007.