Zirkuskinder, Wasserflöhe, 3D-Drucker, Männer, die alte Computer sammeln und eine Mini-Corvette fahren: Ein Besuch beim Stuttgarter Messeherbst bietet interessante Einblicke.

Psychologie und Partnerschaft: Eva-Maria Manz (ema)

Stuttgart - Der kurioseste Stand ist in Halle fünf. Während nebenan Besucher mit modernsten 3D-Druckern und Lötkolben tüfteln, strahlen dort in altem Glanz ein Commodore VC 20, ein Atari 800 und ein CPC 646. Der „Verein zum Erhalt klassischer Computer“ hat sich ganz der Vergangenheit verschrieben und präsentiert bei der „Hobby und Elektronik“ in diesem Stuttgarter Messeherbst seine schönsten Stücke. Vier Teenager sitzen mit gegelten Haaren gebannt am Joystick. „Bomb Mania“ heißt ein Spiel, das sie fesselt. „Das ist voll geil.“ Manfred Schwab muss lachen: „Ein 25 Jahre altes Spiel!“

 

Mit dem Verein, den Schwab 2004 gegründet hat, zeigt er auf Messen, was noch in den alten Kisten steckt. Schon faszinierend, so ein Amiga 1000 – „1985 hat der 7000 Mark gekostet!“ Wie kann es überhaupt sein, dass diese Rechner noch laufen? Aus heutiger Sicht sind sie leicht zu reparieren, erklärt Manfred Schwab. Die Nutzer müssen die Rechner sauber halten und oft betreiben. „Sonst trocknet die Elektronik ein.“ Der Verein ist in Stuttgart gemeldet, die Mitarbeiter kommen aus ganz Deutschland und der Schweiz. Aus Nostalgie pflegen sie die alten Computer liebevoll.

Kleine Autos lassen Männerherzen höher schlagen

Auf nostalgische Männer trifft man auch in Halle drei. Bei der „Modell Süd“ stehen sie mit Baseballkäppis auf erhöhten Plattformen und lassen Flugzeuge fliegen. Oder Miniboote über eine Wasserfläche brettern. Und dann gibt es da noch diese kleinen Autos: Corvettes, Mustangs und ein Camaro ZL 1. In der Miniversion für fast jeden erschwinglich.

Modellbahnfans fotografieren kleine Fachwerkhäuser und blau blinkende Feuerwehrwagen. „Des isch Spur Null“, sagt ein Besucher. Ein älterer Mann mit brauner Schürze erklärt, wie man kleine Bäume selber baut, möglichst echt sollen sie aussehen selbstverständlich. Für eine naturgetreue Fichte oder einen Laubbaum braucht man Kupferdraht und Moos. Und weil Grün nicht gleich Grün ist, gibt es verschiedene Rasenpräparate im Angebot. Mit und ohne Büsche, in hell und in dunkel, alle winzig klein.

Für die winzigsten Besucher braucht es ein Mikroskop

Doch es geht noch kleiner. Im Ökomobil auf der Spielemesse sind die winzigsten Besucher nur durchs Mikroskop zu erkennen. Da schwimmt etwas: ein Wasserfloh. Wer ihn nicht erkennt an seinen vielen Beinen (die versteckt er gern), kann in einem Bestimmungsbuch nachlesen: „Er macht hüpfende Bewegungen, lebt nur in Tümpeln und Seen, nicht in Flüssen.“ Rita und Franziska, beide im Freiwilligen Sozialen Jahr, haben sich einen Löffel voll Teichwasser unter die Linse gelegt. Sie fahren mit dem Ökomobil des Regierungspräsidiums oft in den Wald, untersuchen dort die Natur. Dabei sollen Kinder das Leben der Tiere und Pflanzen bis in die letzten Winkel kennenlernen. Mit Lupen und dem Mikroskop können sie untersuchen, was in der Natur lebt, und was der Mensch schützen muss.

Drittklässler zeigen Zirkus-Kunststücke

Nebenan kommt die dritte Klasse der Stuttgarter Pragschule groß raus: Vorhang auf für den Zirkus Praguli! Ein blondes Mädchen kurbelt an einer Drehorgel, Manege frei! Andere versuchen sich an Einrädern und Hula-Hoop-Reifen. Und Tyress hat das mit dem großen Ball voll raus: Er balanciert und bekommt sogar ein bisschen Applaus. Peter Burkhardt, Rektor der Pragschule, stellt zusammen mit seinen Drittklässlern ein Projekt vor, das von der Kids-Initiative der Stadt Stuttgart unterstützt wird. Die Kinder haben ein Jahr lang jede Woche zwei Stunden Zirkus auf dem Stundenplan. „Sie sind richtig aufgeblüht“, erzählt der Rektor. An diesem Tag zeigen die Kinder, was sie gelernt haben.

Am Ende landen wir wieder bei dem 3D-Drucker. Denn Commodore, Modellbahn und Hula Hoop hin und her: mit dem 3D-Drucker kann man alles selber bauen, oder? Hier vor dem leuchtenden roten Strahl des schwarzen Wunderdruckers erfüllen sich am Ende dann alle Wünsche? Christian Franger von der Jugendhausgesellschaft Stuttgart lacht, naja, auch der Drucker habe noch Kinderkrankheiten. Die Geräte sind neu in drei Stuttgarter Jugendhäusern, für Workshops und Werkstätten mit den Kindern gedacht. Und das moderne Teil fasziniert auch hier auf der Messe die Massen: die Besucher bleiben stehen, während der Drucker langsam den heißen Kunststoffstrahl ausspuckt, und gucken so gebannt wie die Menschen einst in den 50er-Jahren vor den ersten Fernseh-Schaufenstern.

Öffnungszeiten: Die genannten Messen sowie die Messe „Kreativ“ sind bis zum 23. November täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, zudem ab Freitag die „Babywelt“ und „Eat and Style“.