Der 33-Jährige, der im Juli mit einem Messer zwei Polizisten in Stuttgart angegriffen hatte, wollte von den Beamten in Notwehr erschossen werden. Das sagte der Mann vor Gericht.

Stuttgart - Die Messerattacke eines 33-Jährigen auf zwei Polizisten im Juli in Stuttgart war nach Angaben des Angreifers ein Selbstmordversuch. Sein Plan sei es gewesen, die Polizisten unter einem Vorwand zu einer Tiefgarage zu locken, ein Messer zu zücken und dann von den Beamten in Notwehr erschossen zu werden, erzählte der 33-Jährige am Montag als Angeklagter vor dem Stuttgarter Landgericht. Die Staatsanwaltschaft glaubt jedoch nicht an die Geschichte vom „Suicide by cop“ („Suizid durch Polizisten“), weshalb sich der Angeklagte wegen versuchten Mordes in zwei Fällen verantworten muss.

 

„Ich hatte mir das anders vorgestellt“, sagte der arbeitslose Industriemechaniker am Montag. „Es tut mir leid.“ Bei seiner Attacke auf zwei Streifenpolizisten am 10. Juli 2016 wurde ein Beamter durch einen Stich nahe der Halsschlagader schwer verletzt. Die Polizisten, die er zuvor wegen angeblichen Gasgeruchs per Notruf alarmiert hatte, wehrten sich mit Schüssen gegen den Angreifer. Der Mann wurde lebensgefährlich verletzt. Zwei Kugeln steckten heute noch in seiner Schulter und in seinem Rücken, sagte er. Das Landgericht hat sieben Verhandlungstage bis zum 22. Dezember angesetzt.

Mit 17 Jahren auf sich allein gestellt

Der Angeklagte wurde 1983 in Polen geboren. Seine Familie kam 1989 als Spätaussiedler nach Deutschland. Der Vater starb schon ein Jahr später bei einem Autounfall, wie er erzählte. Die Mutter verfiel dem Alkohol, starb zehn Jahre später mit 38 Jahren. Mit 17 waren er und sein ein Jahr jüngerer Bruder ihm zufolge auf sich allein gestellt, kümmerten sich als Mutterersatz auch um einen deutlich jüngeren Stiefbruder. Alkohol und teils auch Drogen nahmen auch in seinem Leben eine immer größere Rolle ein. Ein Sägenhersteller war sein letzter Arbeitgeber. „Rumgehangen und gefeiert“ habe er in der Zeit vor der Tat. „Ich wollte mir das Leben nehmen“, sagte er. „Die sollten mich plattmachen.“

War der Mann mit der Glatze tatsächlich lebensmüde? Oder hatte sich bei ihm eine Art Hass gegen Polizisten angestaut? Mehrere Fälle wurden zum Prozessauftakt angesprochen. Es gebe doch „erhebliche Zweifel“ daran, dass es sich um einen Suizid durch provozierte Schüsse von Polizisten, einen „Suicide by cop“, gehandelt habe. Auch kurze Zeit vor der Tat habe es einen Zwischenfall mit der Polizei gegeben. Nach einer Rangelei in einem Supermarkt wollte der 33-Jährige - wieder alkoholisiert - eine Anzeige erstatten und fühlte sich von den Beamten nicht erstgenommen. „Die haben nur gelacht.“