Ein 26-Jähriger setzt mit einer unfassbaren Tat ganz Japan unter Schock: In einem Behindertenheim nahe Tokio sticht er mit Messern auf Bewohner ein. Seine Attacke soll er bereits im Februar in einem Brief an das Parlament angekündigt haben.

Sagamihara - In einem Behindertenheim in Japan hat ein früherer Mitarbeiter mindestens 19 Menschen mit Messern getötet. Während seines etwa 40-minütigen Amoklaufes verletzte der Mann am frühen Dienstagmorgen in dem Heim in Sagamihara rund 50 Kilometer westlich von Tokio mindestens 25 weitere Bewohner, 20 davon schwer, wie die Behörden mitteilten. Zwei Stunden später stellte sich der 26-Jährige der Polizei. Als mögliches Motiv gilt Hass, aber auch Rache wegen seiner Entlassung aus dem Heim.

 

In einem Brief an das japanische Parlament hatte der Mann im Februar die Tat angekündigt. Unklar blieb zunächst, ob er das Schreiben wie beabsichtigt dem Präsidenten des Unterhauses überreichen konnte. Der Nachrichtenagentur Kyodo zufolge ging der Brief an die Polizei in Tokio und die Polizei in dem Ort, wo der Mann wohnte, wurde über die Drohungen informiert. Der Verdächtige hatte im Schreiben seinen genauen Namen, Adresse und Telefonnummer hinterlassen. Doch offenbar geschah danach nichts. Der Gouverneur der Präfektur Kanagawa, Yuji Kuroiwa, entschuldigte sich am Dienstag dafür, nicht auf die Warnsignale reagiert zu haben.

Attacken auf Heime geplant

In dem Schreiben, das Kyodo jetzt nachdruckte, verlangte der Mann, dass alle Behinderten mit Methoden der Sterbehilfe getötet werden sollten. Zudem brüstete er sich in den Zeilen damit, er habe die Fähigkeit, 470 Behinderte zu töten und plane Attacken auf zwei Heime.

Der Tatverdächtige hatte seit 2012 in dem Heim für geistig Behinderte gearbeitet und war erst im Februar aus zunächst nicht bekannten Gründen entlassen worden. In einem Medienbericht wurde möglicher Frust über seine Entlassung aber auch Hass als Motiv für sein Handeln genannt. Ein Nachbar sagte, er habe zunächst Ärger in dem Heim gehabt, weil er ein Tattoo getragen habe.

Aus dem Umfeld des Heimes hieß es, der Mann sei höflich und aufrecht gewesen. Doch irgendwann soll er damit begonnen haben, in seinem Bekanntenkreise zu erzählen, dass Behinderte getötet werden sollten. Der Kriminologe Yasuyuki Deguchi sagte, sein Verhalten sei typisch für einen, der Groll gegen etwas hege und Vergeltung suche, um sich dann der Polizei zu stellen. „Dieses Ziel (der Rache) zu erreichen, ist alles, was er wollte“, sagte der Experte dem TV-Sender Asahi.

Frühe Morgenstunden genutzt

Zum Tatort soll Satoshi U. mit einem schwarzen Auto gefahren sein, in dem sich mehrere Messer befanden. Er habe die frühen Morgenstunden genutzt, in denen sich wenig Personal in dem Heim aufhält. Durch ein eingeschlagenes Fenster sei er in den ersten Stock vorgedrungen, so die Behörden. Gegen 2.30 Uhr (Ortszeit) ging demnach ein Notruf eines Angestellten der Einrichtung bei der Polizei ein.

Rund zwei Stunden nach dem ersten Notruf tauchte laut Polizei ein Mann auf einer Wache auf, der sich als Tatverdächtiger zu erkennen gab. Er wurde festgenommen.

Die Regierung in Tokio zeigte sich erschüttert über die Tat. Die Behörden arbeiteten hart daran, im Rahmen der Ermittlungen „das ganze Bild“ zu erfassen, sagte ein Regierungssprecher. Gewaltverbrechen sind in Japan relativ selten. Wegen der strikten Waffengesetze greifen Täter normalerweise zu Messern.