Politik: Matthias Schiermeyer (ms)
Ein Fokus der IG Metall liegt auf mehr Flexibilität in Schichtbetrieben. Können Sie sich da Veränderungen vorstellen?
Das weiß ich noch nicht genau. Dass wir nicht alle Mitarbeiter 40 Jahre lang im Drei-Schicht-Betrieb beschäftigen können, wissen unsere Firmen auch. Wenn das Ganze entsprechende Konsequenzen beim Entgelt der Mitarbeiter hat, können wir darüber reden. Es kann aber nicht sein, dass Mitarbeiter beim Einkommen auf höchster Ebene abgesichert werden, bei den Arbeitsbedingungen aber Erleichterungen in Anspruch nehmen. Wir setzen da wie bisher auf freiwillige betriebliche Lösungen.
Kann es zu einem Deal kommen: Verbesserungen bei der Arbeitszeit gegen Abschläge beim Entgelt?
Da warte ich ab, wie die tatsächliche Forderung aussieht. Ich bin davon überzeugt, dass das innerhalb der IG Metall noch ein heftiges Gerangel geben wird, wenn sie ihre konkreten Überlegungen bekannt macht. Diese finden nicht alle richtig. Es gibt auf Arbeitnehmerseite erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der qualitativen Forderungen, die derzeit vorbereitet werden. Wir plädieren daher für eine vorsichtige gegenseitige Annäherung. Es gibt sicherlich Schnittmengen, wir dürfen aber keine manifestierten Ansprüche auf höchstem Niveau schaffen, von denen man später nicht mehr runterkommt.
Wann kommen die Arbeitgeber mit konkreten Gegenforderungen bei der Arbeitszeit?
Wir reden nicht von Gegenforderungen, sondern von Forderungen. Wir haben auch unsere Vorstellungen zu einer Auffrischung der Arbeitszeitbestimmungen im Manteltarifvertrag – nicht erst, seitdem sich die IG Metall da meldet. Wir werden diese nach und nach in Formulierungen gießen, aber die endgültige Position wird aller Voraussicht nach erst dann stehen, wenn die IG-Metall-Forderung steht.
Die Fragen der Höchstarbeitszeiten und gesetzlichen Ruhezeiten, die die Arbeitgeber schon vor längerer Zeit auf die Tagesordnung gebracht haben, müssen ja von der Politik entschieden werden. Wo aber sehen Sie Stellschrauben für die Tarifparteien: bei der 18-Prozent-Quote zum Beispiel, wonach nicht mehr als 18 Prozent der Beschäftigten im Betrieb bis zu 40 Wochenstunden arbeiten dürfen?
Da gibt es eine ganze Menge von Stellschrauben: Bei der Quote etwa, bei deren Berechnung oder bei der Frage, wie viele Mitarbeiter im Betrieb freiwillig mehr arbeiten können. Oder aber ob es zusätzliche Arbeitszeitvolumina gibt, die betrieblich oder individuell vereinbart werden können.
Erwarten Sie wie IGM-Bezirksleiter Zitzelsberger einen harten Konflikt?
Ich bin nicht der Auffassung, dass es so kommen muss – vernehme aber immer mehr Signale, die letztlich dazu führen könnten. In 16 Jahren haben wir eine Lohnsteigerung von 60 Prozent erlebt. Das sollte man mal gegen die Inflationsrate rechnen. Und wenn ich da noch höre, dass die IG Metall den Ganztagesstreik einführen will: Ich habe Streik immer als Mittel verstanden, um von schlechten Arbeitsbedingungen zu besseren zu kommen. Kann der Ganztagesstreik ein Mittel sein, um von sehr guten zu noch besseren Bedingungen zu kommen? Ich habe da meine Zweifel. Wenn Menschen mit einem Durchschnittseinkommen von mehr als 63 000 Euro im Jahr für sechs Prozent und Ansprüche auf Teilzeit mit Entgeltausgleich streiken sollten, dann würde mir jedes Verständnis fehlen. Das ist keine Verhältnismäßigkeit von Ziel und Mittel mehr.