Die IG Metall startet am Donnerstag mit ersten Beschlüssen in die Metalltarifrunde. Neben höheren Löhnen strebt sie Veränderungen bei der Arbeitszeit an. Den Arbeitgebern schwant nichts Gutes, wie Südwestmetall-Hauptgeschäftsführer Peer-Michael Dick meint.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Vor der Empfehlung der IG Metall für die nächste Tarifrunde sieht Südwestmetall-Hauptgeschäftsführer Peer-Michael Dick eine übermäßige Belastung auf die Betriebe zukommen.

 
Herr Dick, angesichts der guten Geschäfte der Metall- und Elektroindustrie wird die IG Metall am Donnerstag vermutlich keine Signale von Bescheidenheit aussenden. Welche Prozentzahlen erwarten Sie konkret?
Die guten Zahlen können wir allenfalls bei der Umsatzentwicklung feststellen. Die durchschnittliche Rendite bewegt sich fast unverändert um die drei Prozent herum. Und wir haben die Erfahrung gemacht, dass die ifo-Konjunkturumfragen später durch die Bundesbank fast immer deutlich nach unten revidiert werden müssen. Immer noch hat knapp die Hälfte der Unternehmen eine Umsatzrendite von unter zwei Prozent. Das ist eines der Kernprobleme, an dem wir seit Jahren nagen, und das die IG Metall endlich zur Kenntnis nehmen sollte. Ich fürchte aufgrund der Diskussionen, dass es eine noch höhere Entgeltforderung geben wird als in der vorigen Tarifrunde. Das würde die neue Tarifrunde äußerst belasten.
Kann die Dieselkrise mit möglichen Absatzeinbrüchen die Verhandlungen noch stark beeinflussen?
Wir hoffen natürlich nicht, dass es soweit kommt – nur um ein noch vernünftiges Tarifergebnis hinzubekommen. Es gibt eine gewisse Gedämpftheit bei den Dieseln – beim Autoabsatz insgesamt geht es noch. Wenn es aber tatsächlich ernsthaftere Einbrüche geben sollte, würde dies selbstverständlich unsere Argumentation beeinflussen. Und dann muss das auch Konsequenzen für die Tarifrunde haben. Wir haben so viele Themen für die Zukunft auf der Agenda, wie die Forschung für die E-Mobilität oder Industrie 4.0, die viel Geld kosten – da sollten wir uns im Lohnbereich mal zurückhalten und uns mehr um die Zukunft der Arbeitsplätze kümmern.
Um ihre Forderungen nach mehr Zeitsouveränität für die Beschäftigten durchzusetzen, wird die IG Metall den Manteltarifvertrag kündigen. Wie schwerwiegend ist dies?
Der ist meines Erachtens fast noch schwerwiegender als das Entgeltthema. Man muss ja sehen, dass die IG Metall mit ihren voraussichtlichen Forderungen bei der Arbeitszeit materiell noch mal eine ganze Schippe drauf legt. Wir werden genau nachrechnen: Ich fürchte, dass die Summe der Belastungen Lichtjahre jenseits der nominellen Entgeltforderung liegen wird.
Beide Seiten wollen mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit – sehen Sie da Schnittmengen?
Ich sehe Schnittmengen, wenn man die jeweiligen Umfragen bei den Mitgliedern berücksichtigt. Zunächst mal ist ein erheblicher Teil der Beschäftigten laut der IG-Metall-Befragung mit ihrer Arbeit konkret zufrieden. Da fragt sich, warum die Gewerkschaft immer noch draufsatteln muss. Es gibt Situationen, in denen es sinnvoll sein kann, weniger zu arbeiten. Es kann aber genauso sinnvoll sein, später oder in anderen Situationen mehr zu arbeiten. Die Wünsche der Beschäftigten gehen im Trend eher zu mehr als zu weniger Arbeitszeit.
Wie stehen Sie zur Forderung nach einer befristeten Verkürzung der Arbeitszeit auf 28 Stunden – verbunden mit einem Rückkehrrecht und einem Entgeltausgleich?
Wir stellen fest, dass in vielen Betrieben für Mitarbeiter, die etwa Angehörige zu pflegen haben, Lösungen gefunden werden. Der Tarifvertrag gibt ja auch Flex- und Langzeitkonten dafür her, sodass ein pauschaler Anspruch nicht nötig ist. Zudem bietet die IG Metall noch keine Antwort auf die Frage, wie denn die ausfallenden Arbeitsvolumina ersetzt werden. Die Gewerkschaft hat es mit der Politik geschafft, alle Beschäftigungsverhältnisse neben der Vollzeitarbeit zu diskreditieren. Nun fordert man eine Teilzeit. Wie passt das zusammen?
Die IG Metall will auf eine entsprechende Anhebung der Personaldecke dringen?
Das ist der alte Traum der Gewerkschaft: eine Mitsprache bei der Arbeitsorganisation – das wird es sicherlich nicht geben.