Die EZB überschwemmt die Märkte mit Geld. Das verzerre die Preise, warnt ein Banker des Traditionsinstituts Metzler. Für Europas Probleme müssten andere Lösungen her.

Frankfurt/Main - Die neue Flut billigen EZB-Geldes verschärft nach Einschätzung des Privatbankiers Emmerich Müller vom Frankfurter Bankhaus Metzler die Gefahr von Übertreibungen an den Finanzmärkten. „Anleger suchen händeringend nach Alternativen. Die Gefahr einer Blasenbildung in bestimmten Anlageklassen ist nicht von der Hand zu weisen“, sagte der für das operative Geschäft zuständige Partner des 1674 gegründeten Traditionshauses der Deutschen Presse-Agentur.

 

„Generell gehen wir davon aus, dass die Zinsen noch lange unattraktiv bleiben werden“, sagte Müller. Das führe zu Verzerrungen. „Staatsanleihen sind definitiv überbewertet, weil die Schuldner dafür keinen Preis zahlen, der das Risiko abbildet.“ Aktien sieht der Bankier als Alternative: „Der Aktienmarkt ist noch fern einer Blasenbildung - auch wenn Aktien derzeit nicht mehr billig sind.“

Den jüngste Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB), von März 2015 bis September 2016 monatlich 60 Milliarden Euro in den Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen zu stecken, sieht Müller kritisch. „Ich verstehe unter ökomischen Gesichtspunkten nicht, warum wir uns darauf einlassen.“ Der Bankier betonte: „Das viele billige Geld der EZB löst die strukturellen Probleme in Europa nicht: die hohe Verschuldung, die Folgen der demografischen Entwicklung, die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit im globalen Umfeld.“

EZB-Chefvolkswirt Peter Praet verteidigte die Entscheidung der Notenbank. „Wenn die Inflation im Euroraum auf vier Prozent steigen würde, dann würde doch jeder von der EZB erwarten, dass sie etwas dagegen unternimmt. Also muss die EZB auch eingreifen, wenn die Inflation auf nahe null Prozent fällt“, sagte Praet der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag). Die Preisstabilität werde von oben und unten bedroht. Der Belgier unterstrich, dass die EZB ihre Entscheidung nicht hätte aufschieben können. „Vorsorge ist besser als Nachsorge. Also mussten wir reagieren, bevor der Schaden eintritt.“

Aus der Deutschen Bundesbank wurden Zweifel an der Effektivität der Anleihenkäufe durch die EZB laut. Zwar würden die ab 2009 eingeleiteten massiven Wertpapierkäufe der US-Notenbank Federal Reserve vielfach als Erfolg gesehen. Doch finanzierten sich US-Unternehmen viel stärker über die Kapitalmärkte, sagte Bundesbank-Vorstand Joachim Nagel einem Bericht von „Börse Online“ zufolge auf einer Veranstaltung am Freitagabend. In Europa stünden hingegen die Banken im Zentrum der Kreditvergabe, hätten aber vielfach ihre Aktivitäten „deutlich eingeschränkt, nicht zuletzt wegen verschärfter regulatorischer Vorgaben“.