Mia haben in Stuttgart das Publikum im fast ausverkauften Beethoven-Saal zu Jubelstürmen hingerissen. Die Band lieferte konsensfähigen Pop-Rock, eine klasse Show – und ziemlich viele verschiedene Requisiten.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Am Ende ist es eine ziemlich klassische deutsche Abendunterhaltung, die Mia und die Vorgruppe Laing geliefert haben. Musik mit deutschen Texten und vielen Referenzen, fokussiert auf die jeweilige Frontfrau, die mal Entertainerin ist und mal Conférencière. Das ist das, was die Berliner Gruppe Mia mit den Frauenpower-Einheizerinnen Laing verbindet. Was sie unterscheidet, ist die wesentlich großzügigere Ausstattung beim Hauptact des Abends.

 

Laing (Morgens immer müde) kommen mit drei Sängerinnen, einer Tänzerin und einem Schlagzeuger, sonst stehen nur drei Lampen auf der Bühne. Mia fahren auf: eine Windmaschine; einen zu zerschlagenden riesigen Schaumstoffwecker; ein weißes Piano; einen schwebenden Reifen, an dem Sängerin Mieze Katz minutenlang herumturnen wird; Wasser-, Konfetti- und Seifenblasenpistolen, die von vermummten Roadies wiederbefüllt werden; beim Song „Zirkus“ betritt Bassist Robert Schütze die Bühne auf Stelzen.

Mias anderthalbstündige Show für ein schwerpunktmäßig weibliches Publikum reißt im Verlauf des Abends so ziemlich jeden mit: die Mädels, die mit ihrem Freund in die Liederhalle gekommen sind ebenso wie die jungen Mädchen und die beiden jungen Frauen im Büro-Look. Die entblättern sich während des Mia-Konzerts mehr und mehr und stampfen schließlich fast enthemmt zu den Mia-Hits („Tanz der Moleküle“, „Zirkus“, „Hungriges Herz“) auf dem Boden. Mehr, mehr!

Mia spielen ihre im Kern fast schlagerhaften Songs (emotional-pathetische Texte, einprägsame Melodien) ein Stück rockiger als auf Platte, der Sound ist doch recht gitarrenlastig. Man hört da viele Achtziger-Anspielungen: ein bisschen Nena, viele Sequencer und staubtrockenen Wessi-Rock. Die solide Drei-Mann-Band hält sich, von einem eingeschobenen Roxy-Music-Cover („Love is the Drug“) während einer von Mieze Katz' zahlreichen Umziehpausen abgesehen, angenehm zurück.

„Ich will den Alltag heute hinter mir lassen … einen Abend wie diesen genießt man am besten im Kreise von Freunden“, sagt die Frontfrau ziemlich am Anfang. Das klingt nach ziemlich fokussierter Unterhaltungsarbeit und genau so wird es dann auch. Auf diese Musik kann man sich einigen, so etwas passt super zum Beginn des Wochenendes – und ist dann nicht gar so arg Mainstream wie Silbermond oder Juli (mit denen Mia aber dank der Liaison von Gitarrist Andy Penn mit der in Leonberg geborenen Juli-Sängerin Eva Briegel verbunden sind).

Dass sich diese Band vom übrigen deutschsprachigen Poprock-Geschehen abhebt, liegt vor allem an Mieze Katz, die vom kreischend lauten Publikumszuspruch regelrecht verzückt wirkt. Die Sängerin macht in allen ihren Kostümen Bella Figura, und sie setzt ihre markante Stimme richtig ein. Zu ihrem Charakter sagt sie unter anderem, sie sei „die Katze, die Hunde jagt“. Auf SWR4 fände man das nicht halb so cool wie an diesem Abend. Aber wenn die Windmaschinen zum zweiten Mal angehen, ist das kein Thema. „Sehen wir uns wieder?“, fragt Mieze Katz. Keine Frage. Und jedes Molekül bewegt sich.

Mia sind derzeit mit ihrem Album „Tacheles“ auf Tour, Laing kommen im März noch einmal ins Speakeasy. Ihren Auftritt im Keller Klub hatten sie krankheitsbedingt absagen müssen.