Er war 13 Jahre lang der Spezialagent Tony DiNozzo in der erfolgreichen Krimiserie „Navy CIS“. Jetzt mimt er in der neuen Serie „Bull“ (montags, Sat. 1, 21.15 Uhr) einen Psychologen, der Anwaltskanzleien berät. Wir haben Michael Weatherly in Amsterdam zum Interview getroffen.

Freizeit & Unterhaltung : Gunther Reinhardt (gun)

Stuttgart - Mit Hightech hat er in seinen früheren Rollen viel zu tun gehabt. Aber der Schauspieler Michael Weatherly interessiert sich – wie seine Titelfigur aus „Bull“ – mehr für Menschen.

 
Mr. Weatherly, werden Sie eigentlich oft mit Tony DiNozzo aus „Navy CIS“ verwechselt?
Ja, ich höre immer wieder: Hey, „Navy CIS“ muss echt Spaß gemacht haben. Du hast die ganze Zeit nur dich selbst gespielt! Das ist Quatsch: Ich bin nicht Tony DiNozzo. Und trotzdem ist ein bisschen was dran. Weil Tony einige Charakterzüge hat, die ich auch gern hätte – vor allem diesen Optimismus und diese Offenheit. Tony ist ein durchweg positiver, wenn auch etwas oberflächlicher Mensch. Ich war dagegen nie dieser gesellige Typ. Ich war in keinen Clubs, Teams oder Studentenverbindungen. Ich war immer irgendwie ein Außenseiter, der Musik gemacht hat und ein bisschen anders als die anderen war. Und Tony DiNozzo und ich haben übrigens auch eine komplett andere politische Einstellung.
DiNozzo ist wie Sie aber auch Vater.
Ja, ich habe zwei Kinder, die sind wie Kokain, wuseln ständig herum, wollen ständig dies und das, lassen einem keine ruhige Minute.
Sehen Sie deshalb gerade etwas verschlafen aus?
Nein, daran ist das Hotel schuld, in dem ich übernachtet habe. Ich war zu blöd, um herauszufinden, wie man in meinem Hightech-Zimmer das Licht ausmacht. Ich musste deshalb mit einem Kissen über meinem Kopf schlafen. Deswegen sehe ich so aus, wie ich aussehe. Vielleicht haben Sie aber auch nur zu viel „Navy CIS“ geschaut und haben ein falsches Bild von mir.
Wieso?
Manchmal haben sie es dort mit dem Make-up etwas übertrieben. Ich habe da 13 Jahre lang mitgespielt und bin dabei wie alle anderen 13 Jahre älter geworden. Die Spuren des Alters haben die aber gerne mit allen Mitteln versucht zu verwischen. Manchmal waren die Bilder so weichgezeichnet, dass man glauben könnte, es handle sich um eine Traumsequenz.
Der Psychologe Jason Bull, den Sie jetzt in der neuen Serie „Bull“ spielen, leitet eine Rechtsberatungsfirma und ist ein ganz anderer Typ als DiNozzo.
Ja, als ich von „Navy CIS“ weg bin, habe ich mir schon ein bisschen Sorgen gemacht, ob das Publikum mir glauben wird, dass ich jetzt dieser Typ bin. Dabei ergibt Jason Bull für mich eigentlich viel mehr Sinn als Tony DiNozzo. Vor allem, weil er so ein großes Interesse an Menschen hat. Das hat er mit mir gemeinsam. Du wirst kein Schauspieler, wenn du dich nicht für Menschen interessierst. Schauspielerei beginnt letztlich damit, dass du dich selbst verstehen lernst und dadurch andere besser verstehst.
Bull macht seine Menschenkenntnis, sein Einfühlungsvermögen zu Geld.
Ja, ich spiele einen Mann, der einen Job erfunden hat, den es früher nicht gegeben, den es früher nicht gebraucht hat. Er sagt mit einer ziemlich großen Trefferquote voraus, wie sich Menschen verhalten werden: Ganz egal, ob es dabei darum geht, wen jemand in einem Jahr wählen und welche Zahnpasta er kaufen wird – oder ob er einen des Mordes Angeklagten für schuldig hält.
Bull versucht beispielsweise, alles über Geschworene herauszufinden, um vorhersagen zu können, mit welchen Informationen man sie bei einem Gerichtsprozesse am besten manipulieren kann. Dabei verlässt er sich nicht nur auf seinen Instinkt sondern auch auf Hightech.
Oh ja, immer dieser Technik-Kram. Ich bin froh, dass ich mich darum nicht kümmern muss, dass ich immer nur am Filmset rechtzeitig erscheinen muss, um dann so zu tun, als ob ich eine Ahnung hätte. Als ich es vor 15 Jahren mit Jessica Alba in James Camerons Serie „Dark Angel“ mit ganz ähnlichen Technikspielereien zu tun hatte, war das noch Science-Fiction. Jetzt ist das Realität.
Wie meinen Sie das?
Wenn du vor 15 Jahren ein Date hattest, konntest du den Menschen, den du da treffen wolltest, nicht googeln. Heute kannst du einen kompletten Backgroundcheck machen. Du kannst herausfinden, ob er irgendwann mal eine Rechnung nicht bezahlt hat, für welche Dinge er mit seiner Kreditkarte bezahlt hat und all den Kram. Und das alles noch vor dem ersten Rendezvous! Die Frage, ob das richtig oder falsch ist, stellt sich leider nicht mehr. Es ist, wie es ist. Ein anderes Problem, das sich aus dieser Informationsflut ergibt, ist allerdings, dass diese Fülle an verfügbaren Daten die Menschen überfordert. Das macht sie manipulierbar. Wer das weiß, findet – wie Bull – immer Fakten, mit denen man eine Geschichte so erzählen kann, wie man sie erzählen will. Dabei entstehen dann auch irgendwann wahre Lügen und gelogene Wahrheiten. Und nur deshalb sind Leute wie Trump heute überhaupt möglich.
Donald Trump hat sich auch selbst immer wieder mal als Schauspieler versucht. 1991, in dem Jahr, in dem ihre Karriere mit einer Rolle in der „Bill Cosby Show“ begann, wurde ihm für seinen Part in dem Film „Mein Geist will immer nur das Eine“ eine Goldene Himbeere für den schlechtesten Gastauftritt verliehen.
Das waren andere Zeiten damals. Meinen ersten festen Job hatte ich dann 1992 in der Seifenoper „Loving“. Ich musste jeden Tag von sieben bis fünf Uhr arbeiten. Wir haben jede Episode wie ein Theaterstück den ganzen Tag lang geprobt und sie dann am späten Nachmittag vor der laufenden Kamera aufgeführt. Ich dachte immer nur: Mein Gott, ist das ein anstrengender Job.