Manuela Thind will ihre Wohnung an der Wolframstraße in Stuttgart nicht aufgeben. Mit einer Unterschriftenaktion und weiteren Maßnahmen protestiert sie gegen das Vorgehen der SWSG.

Stuttgart - Manuela Thind will ihr Zuhause an der Wolframstraße nicht verlieren. „Ich kämpfe weiter“, sagt die schwerkranke 49-Jährige. Spätestens zum 31. Januar 2018 muss sie aus ihrer von der SWSG gemieteten 5-Zimmer-Wohnung ausgezogen sein – sonst droht ihr die Zwangsräumung mittels Gerichtsvollzieher.

 

Im Zuge einer juristischen Auseinandersetzung mit der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) hat sie einem Vergleich zugestimmt, in dem die Beendigung des Mietverhältnisses Ende 2016 und die Übergabe der Wohnung bis 31. Juli 2017 vereinbart wurde. Eine barrierefreie Wohnung, die den Anforderungen der an Morbus Crohn, Multiple Sklerose und Krebs Erkrankten gerecht wird, fand Manuela Thind bis Ende Juli nicht. Das Landgericht gewährte ihr daraufhin eine Fristverlängerung bis Ende November. Bis heute hat sie aber keine passende Wohnung gefunden. Die SWSG hat Thind, in deren Haushalt auch ihr Sohn (26), ihre Tochter (24) sowie die fünfjährige Enkelin leben, nun eine 87-Quadratmeter große Wohnung in einer Fürsorgeunterkunft in Freiberg angeboten.

Dorthin will die Familie aber nicht ziehen. Aus vielerlei Gründen, wie Manuela Thind sagt: Die Wohnung sei nicht barrierefrei; sie habe ihre gesamte ärztliche Versorgung im Stuttgarter Norden; die Enkelin habe einen nahegelegenen Kita-Platz. Und auch die Pflege in ihrer Wohnung sei „nach langem Kampf mit der Krankenkasse“ aktuell gewährleistet, wie der gesetzliche Betreuer ihres Sohnes, der ein Handicap hat, bestätigt. „Außerdem habe ich ein ärztliches Attest, das bescheinigt, dass ich nicht umzugsfähig bin“, sagt Manuela Thind.

Der Betreuer des Sohns unterstützt die Familie schon seit Jahren. Seine Frau macht sich ebenfalls für die 49-Jährige und ihre Familie stark. Im Internet hat sie Mitte dieses Jahres eine Petition gestartet, die sich an die SWSG sowie die Bürgermeister Werner Wölfle (Grüne) und Michael Föll (CDU), der auch Vorsitzender des SWSG-Aufsichtsrats ist, richtete. Die Bürgermeister wurden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass Manuela Thind in ihrer Wohnung bleiben kann, bis ein adäquater Ersatz für einen Umzug gefunden ist. 41 555 Menschen unterzeichneten die Petition. Zu einer Zwangsräumung, die bereits im Juli drohte, kam es daraufhin nicht.

SWSG sieht den Frieden in der Wohnanlage gestört

Um die Familie vor einer drohenden Obdachlosigkeit zu bewahren, wird von der SWSG in einer Fürsorgeunterkunft an der Balthasar-Neumann-Straße nun „ein barrierefreier Zugang zur Wohnung über eine Rampe“ hergestellt. Die 87-Quadratmeter- Wohnung sei dann über die Terrasse zu erreichen. Die Wohnung sei zwar nicht barrierefrei, aber barrierearm, räumt die SWSG ein. Dies sei nach Einschätzung „aller beteiligten Behörden und der SWSG allerdings ausreichend“. Die Unterkunft soll nur übergangsweise als Bleibe dienen, bis die Familie eine andere gefunden hat. Inzwischen macht sich auch die SWSG-Mieterinitiative für Manuela Thind stark.

Ein Verbleib der Mieterin in der Wohnung an der Wolframstraße kommt für die SWSG nicht infrage. Nicht nur wegen der Streitigkeiten und des Vergleichs. Auch der Frieden in der Wohnanlage sei gestört, es gebe Beschwerden über die Familie, teilt die SWSG mit. Der Versuch einer Mediation mit der Hausgemeinschaft sei gescheitert. „Die Mieterin lehnte die von uns organisierten Mediationsgespräche ab.“ Manuela Thind sieht keine Probleme vor Ort.

Laut SWSG wurde Vieles versucht, um eine Einigung zu erreichen – ohne Erfolg. Bereits vor der fristlosen Kündigung und Klage auf Räumung im Jahr 2016 hätten SWSG-eigene Schuldnerberater, das Sozialmanagement der Wohnungsbaugesellschaft wie auch die Kundenbetreuung „vergeblich versucht, eine Lösung zu erarbeiten, die eine fristlose Kündigung und die Klage auf Räumung verhindern sollte“, teilt die SWSG mit. Auch mehrere Versuche einer außergerichtlichen Lösung brachten kein Ergebnis. Trotz geringer Aussicht auf Erfolg macht Thind auf ihre Lage aufmerksam. Zuletzt demonstrierte sie mit Unterstützern am Rand der SWSG-Aufsichtsratssitzung. Weitere Aktionen sind geplant.