Die Stadt Stuttgart fordert vom Land eine gerechte Verteilung von Flüchtlingen - ihre Unterbringung wird immer schwieriger.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die Unterbringung der wieder wachsenden Zahl von Flüchtlingen wird für die Stadt zunehmend schwieriger. Die vorhandenen 25 Gebäude, in denen derzeit 850 Migranten leben, sind voll, bei der Schaffung neuer Plätze ist die Stadt im Verzug. Deshalb hat der Oberbürgermeister in einem Schreiben an das Regierungspräsidium appelliert, das Land solle die Stadt entlasten, indem unerlaubt eingereiste Ausländer, die in Stuttgart in größerer Zahl ankommen als anderswo, nach dem üblichen Schlüssel auf alle 44 Stadt- und Landkreise verteilt werden.

 

Vor allem die Krisenherde in Südasien, aber auch die größere Reisefreiheit für Menschen in Osteuropa sind Gründe dafür, dass die Flüchtlingszahlen seit geraumer Zeit wieder wachsen (dazu der Beitrag nebenan). Innerhalb gut eines Jahres ist die Zahl der untergebrachten Flüchtlinge von 650 auf 850 gestiegen. Dies ist, verglichen mit früheren Jahren, kein dramatisch hoher Wert. Die Suche nach geeigneten Unterkünften bringt die Stadt aber inzwischen an ihre Grenzen. Im laufenden Jahren müssen weitere 260 Plätze geschaffen werden.

Trotz „größter Anstrengungen“ im Rückstand

„Wir haben ein Problem“, sagt der stellvertretende Sozialamtsleiter Stefan Spatz, der für das Thema bei der Stadt zuständig ist. Man sei dabei, weitere 70 Plätze bereitzustellen, die bis im März fertig sein werden. Ob die weiteren Unterkünfte rechtzeitig zur Verfügung stehen, ist ungewiss. Nach den Vorgaben des Landes sei man schon Ende des Vorjahres mit 75 Plätzen im Rückstand gewesen, erklärt Spatz, und dies „trotz größter Anstrengungen“.

Anders als in den 90er Jahren, als Tausende Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Stuttgart kamen, ist die Unterbringung heute deutlich schwieriger. Der Wohnungsmarkt in der Landeshauptstadt ist sehr viel angespannter als vor Jahren. Und anders als damals, als vor allem Familien hier Zuflucht gesucht haben, kommen nun zum größten Teil Einzelpersonen an. Das macht die Sache kompliziert, weil man nun Objekte finden muss, die sich als Heime eignen. Diese gibt es nicht in großer Zahl, die baurechtlichen Vorgaben und die Brandschutzbestimmungen sind sehr anspruchsvoll, was die Sache langwierig und teuer macht.

Stadt fordert Entlastung

Dies alles ist zu leisten unter der Maßgabe des sogenannten Stuttgarter Modells, wonach die Objekte nicht mehr als 50 Plätze haben sollen, man will die Flüchtlinge kleinräumig und dezentral unterbringen. Um die Akzeptanz geplanter Unterkünfte bei den Anwohnern zu erreichen, werden diese in die Planung eingebunden, was die Verfahren auch nicht einfacher macht.

In dieser schwierigen Lage hat die Stadt das Regierungspräsidium daran erinnert, dass Stuttgart in den letzten Jahren mehr als 300 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufgenommen hat. Diese werden nicht nach dem üblichen Verfahren auf das Land verteilt, sondern nach den Vorgaben des Jugendschutzgesetzes an dem Ort betreut, an dem sie sich gemeldet haben.

Die Stadt fordert vom Land, dass der übliche Verteilungsschlüssel wenigstens auf jene unerlaubt eingereisten Flüchtlinge angewandt wird, die nach einer Untersuchung nachweislich schon bei ihrer Ankunft volljährig sind, was für zwei Drittel gilt, oder die das 18. Lebensjahr später erreichen. Dies würde die Stadt entlasten, da von dieser Flüchtlingsgruppe derzeit 80 Plätze in den Unterkünften „blockiert“ würden, sagt Stefan Spatz. Dann wäre die Stadt, gemessen an den Vorgaben des RP bei der Schaffung von Flüchtlingsunterkünften, auch nicht mehr im Rückstand.