Die Dimensionen des künftigen Einkaufszentrums auf dem A1-Gelände in Stuttgart sind gewaltig. Rund 2,6 Kilometer lang sind allein die Ladenfronten.

Stuttgart - Ob sie sich denn schon einen Segway angeschafft habe, wird Andrea Poul beim Rundgang auf der Baustelle des Milaneo-Einkaufszentrums in Stuttgart gefragt. Nein, das wäre doch etwas übertrieben, gibt sich die Center-Managerin bescheiden. Immerhin ist ihr künftiger Arbeitsplatz mit 200 Shops auf 43 000 Quadratmeter Verkaufsfläche das größte Einkaufszentrum im Südwesten Deutschlands. Allein, bis man einmal an jedem Geschäft auf den drei Verkaufsebenen vorbeigegangen ist, hat man schon eine Strecke von rund 2,6 Kilometern zurückgelegt. Das ist mehr als ein Bummel von der unteren zur oberen Königstraße und zurück.

 

Das schreckt Andrea Poul überhaupt nicht. Seit 13 Jahren arbeitet sie für die ECE Projektmanagement, ein Unternehmen im Besitz der Familie Otto, die das Projekt entwickelt hat. Das Milaneo ist nach der RheinGalerie in Ludwigshafen ihr fünftes Einkaufszentrum, das sie betreut. Und Stuttgart das größte Projekt, das sie mit auf den Weg gebracht haben wird. Sie weiß aber auch, dass mit der Eröffnung die eigentliche Arbeit für sie als Center-Managerin erst anfängt. 'Das ist eine megagroße Herausforderung', gibt sie unumwunden zu. Jetzt will sie aber erst einmal ankommen und sucht eine Wohnung. 'Stuttgart ist eine tolle Stadt', schwärmt sie. Ob das reicht, das größte Einkaufszentrums Süddeutschlands mit Kunden zu füllen? 'Lassen Sie uns doch erst einmal aufmachen', antwortet sie beim Lokaltermin auf der Baustelle. Noch kann man nur erahnen, was hier ab dem 9. Oktober, dem Eröffnungstag, los sein wird.

"Das wird sich nach der Eröffnung zeigen"

Geht es nach den ECE-eigenen Gutachten, warten rund drei Millionen potenzielle Kunden darauf, die neu entstehenden Einkaufspaläste in der Landeshauptstadt mit Leben zu erfüllen. 'Das Gerber, das Dorotheenquartier und auch das Milaneo werden die Stadt weiter aufwerten', gibt sich die Center-Managerin zuversichtlich. Vor allem aus dem Umland erhofft sich das Milaneo zusätzliche Kaufkraft. Wie viel das sein wird, weiß man aber auch nicht so genau. 'Das wird sich nach der Eröffnung zeigen', so Poul. Auch Stefan Schußmann, der Vermietungsmanager der ECE, macht sich keine Sorgen, dass das Milano-Konzept nicht aufgehen könnte. Er hat das Vermarktungskonzept für das Milaneo entwickelt. 'Stuttgart ist einer der stärksten Einkaufsstandorte Deutschlands. Das Potenzial ist so groß, dass sich niemand auf der Königstraße Sorgen machen muss.

Da ist sogar noch Platz für ein Milaneo', sagt er mit Blick auf die Kritik aus dem Stuttgarter Einzelhandel. Die Nachfrage nach den Verkaufsflächen im Milaneo scheint ihm recht zu geben: Rund 93 Prozent der Verkaufsflächen sollen nach ECE-Angaben bereits vermietet sein, 60 Prozent davon allein an Unternehmen aus der Textilbranche. Darunter auch die irische Billigmarke Primark. 'Wir haben ganz bewusst mit dem Milaneo keine Kopie des Breuningerlandes versucht, sondern wollten uns mit diesem Konzept absetzen', so Schußmann. Voraus gingen sogenannte Lückenanalysen. 'Das machen wir an jedem neuen Standort im Vorfeld. Da schaut man, was es schon in einer Stadt gibt, welche Konzepte fehlen und wo vielleicht noch Nachholbedarf ist', erklärt er. Und obwohl es eigentlich schon das meiste in der Landeshauptstadt gebe, sei es gelungen, für das Milaneo 70 neue Handelskonzepte zu verpflichten.

Bei der Vermarktung haben die ECE-Manager längst die elektronischen Medien mit eingeplant. Wie das künftig in Stuttgart funktioniert, kann man derzeit schon in zwei Testcentern - sogenannten Future Labs - in Hamburg und Essen erleben. Dort wird eine spezielle App, eine Art Miniprogramm für Smartphones und Tablet-PCs, getestet, die Kunden, die sich im Umfeld des Shopping-Centers aufhalten, auf Wunsch über aktuelle Angebote informiert. Noch ist es Zukunftsmusik, dass sich der Kunde auch schon zu Hause per App darüber informiert, ob die Lieblingshose in der Wunschgröße oder Farbe vorrätig ist. 'Wenn der Kunde weiß, dass die Hose, die er will, auch da ist, kommt er vielleicht zuerst zu uns, um sie anzuprobieren', beschreibt ECE-Pressesprecher Christian Stamerjohanns die Ziele für die Zukunft. Mit diesen Ideen soll den Kunden künftig eine Alternative zum Online-Handel geboten werden.

Zwei Stunden am Tag im WLAN

Eine wichtige Voraussetzung dafür: Die Besucher des Milaneo können das hauseigene WLAN-Netz nutzen. Zwei Stunden am Tag sind kostenlos. Wie viel Miete die künftigen Ladenbesitzer an das ECE bezahlen müssen, blieb beim Pressetermin unbeantwortet. 'Zu den Mietpreisen möchten wir keine Aussagen machen. Unsere Mieten werden individuell festgelegt', heißt es. Der Hintergrund: die Mieten für Handelsflächen in Einkaufszentren werden nicht pauschal auf der Basis eines festen Quadratmeterpreises berechnet, sondern ergeben sich aus dem geschätzten jährlichen Umsatz pro Quadratmeter Verkaufsfläche. Ein Beispiel: ein Elektromarkt braucht viel, während ein Juwelier deutlich weniger Fläche braucht, um den gleichen Umsatz zu machen Deshalb werden in Einkaufszentren die Mieten meist sehr individuell ermittelt.

So kann in einem einzigen Einkaufszentrum der Quadratmeterpreis zwischen 15 und 100 Euro variieren. Manchmal ist die Miete aber auch eine Kombination aus monatlich fixem und einem variablen Mietanteil, der sich am Umsatz orientiert. Deshalb lässt sich die Miete pro Quadratmeter Verkaufsfläche auch nur schwer zu Vergleichen heranziehen. Eines aber ließen die ECE-Manager durchblicken: die Mieten im Milaneo seien bei weitem nicht so teuer wie auf der Stuttgarter Königstraße. Dort werden im Schnitt über 200 Euro pro Quadratmeter Handelsfläche bezahlt.