Exklusiv Gut acht Millionen Euro wollte die EnBW von einem früheren Atommanager. Nun akzeptiert der Konzern seine Niederlage vor Gericht und legt keine Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Mosbach ein, das seine Klage im September abgewiesen hatte.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Im ersten von vier Schadenersatzprozessen gegen eigene (Ex-)Manager wegen verlustreicher Russlandgeschäfte gibt die EnBW jetzt auf. Der Energiekonzern legt keine Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Mosbach ein, das seine Millionenklage gegen einen früheren Geschäftsführer des Kernkraftwerks Obrigheim (KWO) im September abgewiesen hatte. „Die EnBW wird das Urteil nicht anfechten“, sagte ein Sprecher der Stuttgarter Zeitung. Nach der Analyse des Richterspruchs und der Abwägung von Chancen und Risiken verzichte man auf Rechtsmittel. Dazu hätte binnen vier Wochen Berufung beim Oberlandesgericht Karlsruhe eingelegt werden müssen.

 

Wegen angeblicher Pflichtverletzungen hatte die EnBW-Tochterfirma KWO von dem Ex-Geschäftsführer 8,5 Millionen Euro Schadenersatz gefordert. Dabei ging es um Projektverträge zum Rückbau des Atommeilers und zur Entsorgung radioaktiver Rückstände mit dem Moskauer Lobbyisten Andrey Bykov. Das Landgericht Mosbach verneinte einen Anspruch schon deswegen, weil der Manager für die fraglichen Jahre wirksam entlastet worden sei. Zudem habe ein übergeordneter EnBW-Manager – der heutige Technikvorstand Hans-Josef Zimmer – die fraglichen Verträge gekannt und unterstützt.

Keine Vorentscheidung für weitere Verfahren

Für die drei laufenden Prozesse stellt die Entscheidung dem EnBW-Sprecher zufolge „kein Präjudiz dar“. Begründung: dort gehe es „um andere Sachverhalte“. Gleichwohl wird in Unternehmenskreisen aufmerksam registriert, dass der neue EnBW-Chef Frank Mastiaux den noch unter seinem Vorgänger Hans-Peter Villis be-schlossenen Kurs jetzt zumindest in einem Fall nicht weiterverfolgt. Von Zimmer und  dem früheren EnBW-Kernkraft-Geschäftsführer Wolfgang Heni fordert der Konzern jeweils 80 bis 90 Millionen Euro. Die Prozesse vor den Landgerichten Landau und Heilbronn sind derzeit ausgesetzt, bis die Staatsanwaltschaft Mannheim ihre Ermittlungen zu den Russlandgeschäften abgeschlossen hat. Seit Juni 2012 ermittelt sie wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und der Untreue gegen sieben aktive und ehemalige Manager. Zu den Beschuldigten soll neben Zimmer und Heni auch der frühere Konzernchef Utz Claassen gehören, nicht jedoch Villis.

Beim Landgericht Heidelberg hat die EnBW derweil beantragt, auch das Verfahren gegen den früheren Technikvorstand Thomas Hartkopf auszusetzen; von ihm verlangt der Konzern 26 Millionen Euro. Grund des Antrags ist dem Sprecher zufolge, dass zwei Zeugen wegen der laufenden Ermittlungen ein Aussageverweigerungsrecht hätten. Über die Aussetzung habe das Gericht noch nicht entschieden.

Zweite Niederlage zeichnet sich ab

In dem Heidelberger Verfahren geht es um Pläne der EnBW und Bykovs, ein System zur Überwachung von radioaktiven Stoffen in Russland zu entwickeln. Dafür wurden zwölf Millionen Euro für eine Machbarkeitsstudie und 14 Millionen Euro als Anschubfinanzierung ausgegeben. Das Projekt mit dem Namen „Katharina“ scheiterte später, angeblich weil die russische Regierung das Interesse verloren hatte und sich nicht mehr daran beteiligen wollte.

Beim zweiten Verhandlungstag Ende September waren Zweifel aufgekommen, inwieweit Hartkopf zur Rechenschaft gezogen werden könnte. Er selbst will teilweise gar nicht informiert gewesen sein, auch Zeugen waren sich über seine Beteiligung nicht sicher. Nach Ansicht von Prozessbeobachtern zeichnet sich für die EnBW damit eine weitere Niederlage ab.