Exklusiv Die Rechnung von Stefan Mappus geht immer weniger auf: Der EnBW-Kauf beschert der Landesfirma Neckarpri einen Rekordverlust. Im nächsten Jahr würde ihr sogar die Insolvenz drohen – wenn es keine Landesgarantie gäbe.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der EnBW-Deal von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) wird für das Land Baden-Württemberg immer mehr zum Verlustgeschäft. Die Landesfirma Neckarpri GmbH, die knapp 47 Prozent der Aktien des Karlsruher Energiekonzerns hält, rutscht immer tiefer in die roten Zahlen. Im vierten Geschäftsjahr weist die Neckarpri 46 Millionen Euro Verlust auf, so viel wie nie zuvor. Das geht aus dem Jahresabschluss zum 30. Juni 2014 hervor, der am Donnerstag im Internet veröffentlicht wurde. In den Vorjahren hatte die Landesfirma Fehlbeträge von 16 und 26 Millionen Euro ausgewiesen.

 

Mappus hatte die EnBW-Aktien im Dezember 2010 auf Pump gekauft. Den Kaufpreis von rund fünf Milliarden Euro finanzierte er über zwei Milliadenanleihen. Deren Zinskosten sollten durch die EnBW-Dividende aufgebracht werden – ein Geschäft, von dem die „schwäbische Hausfrau“ begeistert sein werde, wie der CDU-Premier behauptete. Tatsächlich ging seine Rechnung nur im ersten Jahr halbwegs auf, weil der Dividende von 1,53 Euro damals die Zinskosten lediglich für einige Monate gegenüberstanden. Seither öffnet sich die Schere zwischen der inzwischen stark gesunkenen Dividende und den tendenziell steigenden Zinssätzen immer weiter.

Dividende sinkt, Zinsen steigen

Der Jahresverlust von 46 Millionen Euro erklärt sich vor allem durch den Rückgang der Dividendeneinnahmen. Wegen der schwierigen Lage der EnBW war die Ausschüttung von 85 auf 69 Cent reduziert worden. Statt 110 Millionen Euro flossen der Neckarpri deshalb nur noch 89 Millionen Euro zu. Zugleich stiegen die Zinsausgaben von 124,7 auf 128,8 Millionen Euro. Der Grund: eine der beiden Milliardenanleihen lief aus und wurde mit einem etwas höheren Zinssatz (2,3 statt 1,9 Prozent) um zehn Jahre verlängert. Weitere Aufwendungen schlagen mit 5,6 Millionen Euro zu Buche; dabei geht es im Wesentlichen um Rechts- und Beratungskosten im Zusammenhang mit der Schiedsklage. In dem noch nicht entschiedenen Verfahren fordert das Land von der französischen EdF einen Teil des Kaufpreises zurück.

Auch der Wert der EnBW-Aktien der Neckarpri ist wegen der schwierigen Lage für die Energieversorger weiter gesunken, auf nur noch gut 3,7 Milliarden Euro. Damit bestünde laut den Wirtschaftsprüfern eigentlich ein Abwertungsbedarf von gut 1,5 Milliarden Euro; wegen einer vom Land gegebenen Werthaltigkeitsgarantie wird dieser jedoch nicht gebucht.

Landesfirma wäre eigentlich pleite

Besonders kritisch wird die Entwicklung dem Ausblick zufolge vom kommenden Jahr an. Dann werde ebenfalls ein Fehlbetrag von 46 Millionen Euro erwartet, der jedoch nicht mehr durch einen Gewinnvortrag ausgeglichen werden kann; das Millionenpolster aus dem ersten Jahr ist nämlich aufgezehrt. Die Folge: Die Neckarpri GmbH hätte kein Eigenkapital mehr und wäre bilanziell überschuldet. Unter normalen Umständen könnte dies zur Insolvenz führen. „Aufgrund der bestehenden Garantien des Gesellschafters und der damit verbundenen Sicherung der Zahlungsfähigkeit ist der Fortbestand des Unternehmens dennoch gesichert“, heißt es im Lagebericht. Im Klartext: Würde der Steuerzahler nicht für die Landesfirma geradestehen, wäre sie jetzt pleite.

Der Verlust könnte im kommenden Jahr sogar noch höher ausfallen. Bei der Prognose von 46 Millionen Euro geht die Neckarpri davon aus, dass die Dividende der EnBW unverändert bleibt. Dies gilt jedoch keineswegs als sicher; vielmehr dürfte über eine weitere Senkung diskutiert werden. Zudem wird ein „nicht unerhebliches Risiko im Anstieg der Kreditkosten“ gesehen.

Ein Zuzahlung in das Eigenkapital der Neckarpri ist übrigens nicht geplant. Hier setzt das Land auf das Prinzip Hoffnung: Nach der Neuausrichtung werde die EnBW die erforderlichen Erträge erwirtschaften, um die jetzt erwarteten Verluste ausgleichen zu können.