Ein letzter, eintrittsfreier Tag am Sonntag, dann sitzen die Stammgäste des Bad Berg für mindestens 27 Monate auf dem Trockenen. Für das Kleinod am Rand des Schlossgartens beginnt die überfällige Sanierung.

Stuttgart - Die Landeshauptstadt greift für den Erhalt ihrer Mineralbäder tief in die Tasche. Nach dem 8,5 Millionen Euro teuren Kauf von 69,5 Prozent an der Mineralbad Berg AG folgt von Montag an die vom Gemeinderat Ende Juni beschlossene Generalsanierung. Ob die 29,4 Millionen Euro dafür ausreichen, wird man nach 27-monatiger Bauzeit bei der für Dezember 2018 geplanten Wiedereröffnung sehen.

 

Mit Sanierung sind die Arbeiten nur unzulänglich beschrieben. Im Berg bleibt kaum ein Stein auf dem anderen, auch wenn das Bad sich in Zuschnitt und Angebot wenig verändern und der jährliche Millionenverlust bleiben wird. „Die Gebäude werden auf den Rohbaustand zurückgeführt, nach dem Abriss werden wir die Substanz nochmals begutachten“, sagt Martin Schweizer, Leiter des Planungsteams bei 4 a Architekten. Das Büro aus Stuttgart ist international tätig. Bei Freizeit- und Thermalbädern hat es sich eine besondere Expertise erarbeitet.

Grundsubstanz mit Retro-Charme bleibt

Die Grundsubstanz des Kultbades Berg stammt aus den 50er Jahren. Eine Betonsanierung, die schon vergeben ist, bleibt da nicht aus. Das Besondere bei diesem Auftrag liege im Spagat, das Bad bei der Technik und zum Beispiel der Barrierefreiheit mit Rampen und drei Aufzügen auf den heutigen Stand zu bringen. „Gleichzeitig den Charme beizubehalten, das ist eine ziemliche Herausforderung“, sagt Schweizer. Außerdem gebe es ein großes öffentliches Interesse. 14 Tage bleiben den städtischen Bäderbetrieben, um das Berg zu räumen. Die hölzernen Umkleidekabinen werden eingelagert, auch die Brausen. „Die Sommerumkleiden lassen wir restaurieren, sie bilden einen Wiedererkennungswert“, sagt Schweizer.

Nach dem Auszug der Bademeister, die in Badetempeln wie dem nahen Leuze, im Mineralbad Cannstatt oder einem der zahlreichen Hallenbäder die 27 Monate überbrücken, wird abgerissen. Bis zum Jahresende soll der größte Teil geschafft sein, auch der Komplettabriss des Thermalbades im Flachdachbau neben der historischen Anlage. Das Becken entsteht neu in einem Anbau, der die Ostseite der zweiflügligen Anlage verlängert. Die Außenwände des Ostflügels mit der Kaltbadehalle werden um vier Meter nach außen gerückt. So entstehen am Becken 100 Quadratmeter Platz für Liegen. Auf der anderen Seite wird es in der Kaltbadehalle einen Schwimmkanal zum Außenbecken geben. Auch dieses entsteht neu. „Es ist so marode, dass es gemacht werden muss. Das Mineralwasser wird künftig von unten einströmen, das Becken gefliest und abends beleuchtet sein“, so Schweizer. Ein sogenanntes Entkopplungsbauwerk wird die Wässer aus fünf Quellen künftig sortieren. Für den Neubau dieser Technik muss ein Baum im Park fallen, ansonsten soll der Park unberührt bleiben.

Fotovoltaik auf dem Dach

Überhaupt die Technik: Sie kommt komplett neu. Auf dem Dach wird eine Fotovoltaikanlage (770 Quadratmeter) integriert, die 110 000 Kilowattstunden pro Jahr liefern, so den Stromhunger stillen und sich bereits nach zehn Jahren amortisieren soll. Drei Wärmepumpen und drei Gas-Brennwertkessel sowie ein kleines Blockheizkraftwerk gehören künftig zum Anlagenpark.

Deutlich verändern wird sich der Nordflügel. Die Fassade aus Riffelglas wird geöffnet, „die bisher innen liegende Kolonnade wird für Spaziergänger zugänglich, man kann als Nichtgast ins Freibad schauen“, beschreibt Schweizer den Wandel. Die Anlage werde transparenter, offener, biete neue Blickbeziehungen. Die Wartezeit von 27 Monaten soll sich lohnen.

Ausstellung der Architekten

Ein Teil der bisherigen Arbeiten des Büros 4 a Architekten wird bis zum 23. Oktober in der Galerie Sonnenberg in den Baumschulen M. Hörmann, Korinnaweg 50 A, gezeigt. Öffnungszeiten: Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung.