Eine Pyramide, ein Wackelbrett, und gefürchtet von allen: die Rampe und das Netz. Die Hindernisse beim Minigolf sind seit jeher gleich. Neben dem althergebrachte Vergnügen gibt es auch moderne Versionen.

Stuttgart - Eine Geschichte über Minigolf muss ganz oben beginnen – auf der Uhlandshöhe. Dort hat nämlich Robert Schwab im Juli 1962 die erste Anlage in Stuttgart eröffnet. Eigentlich wollte Schwab auf das Grundstück neben seinem Haus einen Tennisplatz bauen. Doch der Platz reichte nicht aus. Was also tun? Da erinnerte sich Schwab an eine Reise nach Konstanz, und wie er dort auf einer Kleingolf-Anlage den Schläger schwang. „Der Gedanke hat ihn nicht mehr losgelassen“, erinnert sich die 95-jährige Linda Schwab, Roberts Frau. 128 Fuhren Erde waren nötig, um den Platz zu ebnen. Die Bäume brachte Schwab mit der Straßenbahn auf die Uhlandshöhe und pflanzte sie. Sie geben dem Platz das Flair, sorgen aber auch für viel Arbeit.

 

Morgens muss man erst mal die Bahnen putzen

Nach dem Tode von Robert Schwab betreiben seine Frau und die beiden Kinder den Platz. Hatte doch der Vater im Testament verfügt, die Anlage solle weiterbestehen. Allerdings muss man morgens erst mal anderthalb Stunden die Bahnen putzen, Nadeln und Blätter machen sich dort immer wieder aufs neue breit. Der vielen Arbeit wegen öffnen die Schwabs auch nur noch am Wochenende. Wochentags machen sie nur auf, wenn sich Gruppen ankündigen. Und standen die Leute früher Schlange, so ist der Andrang doch überschaubar geworden. Was am Standort liege, vermutet die Famile, Laufkundschaft gebe es halt keine, „wären wir dagegen in der Stadt, könnten wir uns vor Leuten kaum retten“.

Übrigens spielt man auf der Uhlandshöhe strenggenommen nicht Minigolf, sondern Kleingolf. Da sind die Bahnen etwas kürzer. Doch der Volksmund hat sich angewöhnt, all die Bahnen ob sie nun etwas länger oder kürzer sind, ob sie aus Eternit, Beton oder Filz zu bestehen, als Minigolf zu bezeichnen. Und es ist kein Zufall, dass Schwab sich in Konstanz für das Spiel begeisterte.

Wer hat’s erfunden? Die Schweizer!

Denn wer hat’s erfunden? Die Schweizer! Genauer gesagt der Gartenarchitekt Paul Bongni. Die Angelsachsen betrieben schon länger das Golfspiel auf Bahnen. „Fantasy Golf“ oder „Miniature Parks“ gab es in den USA und in Großbritannien auf Jahrmärkten und in Parkanlagen. Unter dem Motto, bessser gut geklaut als schlecht erfunden, packte Bogni all die Einflüsse zusammen und entwarf einen normierten Parcours mit 18 genau beschriebenen Hindernissen. Er ließ sich das als „Minigolf“ patentieren. Bis heute streiten sie in Locarno und Ascona darum, wer im Jahre 1954 die erste Bahn baute. Die Deutschen zogen nach, im hessischen Traben-Trarbach folgte der erste Nachahmer, bis nach Hamburg kullerte der Ball. Dort etablierte sich die erste Minigolf-Hochburg. Aus dem Vergnügen wurde ein Sport. Und zwar vor allem, weil die Anlagenbetreiber keine Vergnügungssteuer zahlen wollten. Man stritt sich bis vors Verwaltungsgericht, das Minigolf aber als Glücksspiel einstufte. Bis sich Helmut Schmidts SPD der Sache annahm und Minigolf per Erlass zum Sport machte.

Profis haben 5000 Bälle

Ein weiser Entschluss: Wie sonst nur beim Rennrodeln dominieren die Deutschen beim Minigolf. Bianca Raith aus Schwaikheim spielt mit ihrem Team in der Bundesliga. Zudem ist sie Vizepräsidentin des Württembergischen Bahnengolfverbands. Zwar spielen rund 20 Millionen Menschen Minigolf im Jahr, schätzt der Deutsche Minigolfsportverband, doch richtig ernsthaft betreiben das Spiel 4500 Menschen in 270 Vereinen. In Württemberg gibt es 20 Vereine mit 300 Aktiven, sagt Bianca Raith. Immer wieder biete auch ihr Verein ein Schnuppertraining an, doch der Nachwuchs strömt nicht gerade. Was auch am Aufwand liegen kann. Im Winter fährt Raith einmal in der Woche nach Mannheim, dort übt sie in der einzigen Halle in Deutschland, in der es eine wettkampfgerechte Bahn gibt. Zudem braucht man Platz zu Hause. „Es gibt etwa 5000 verschiedene Bälle“, sagt sie. Viele davon besitzt sie. Sauber sortiert im Wohnzimmerschrank. Je nach Beschaffenheit der Bahn wird dann der Koffer gepackt, „160 reisen mit zum Wettkampf“.

Spielen im Schwarzlicht

Ins Black Light Stuttgart muss man seinen Ball nicht mitbringen. Dort bekommt man einen, samt Schläger – und 3D-Brille. Setzt man die auf, paddelt einem eine Schildkröte entgegen oder schaut man einem Hai ins Maul. Nein, man ist hier schon richtig. Das ist kein Aquarium. Früher verliehen Michael Steck und Nicole Winkler hier Filme, nach einem Umbau laden sie in ihrer Halle in Zuffenhausen zum Minigolf 2.0. 18 Löcher gibt es, die Hindernisse sind zumeist die Klassiker, doch alles leuchtet unter Schwarzlicht: Die Bahnen, die Bälle, die Kulisse. „Wir haben einen Spielplatz für Erwachsene“, sagt Steck. Deshalb ist auch am Freitagabend und am Samstag die Halle richtig voll mit 20- bis 40-Jährigen. Vor der Party geht’s zum Minigolf. Weil Michael Steck „Minigolf alleine zu dünn ist“, gibt es auch Minigolf auf Tischen. Man spielt den Ball mit Billardqueues. Und er hat einen Laserparcours gebaut.

Doch die meisten wollen Minigolf spielen. Auch im Schwarzlicht ganz klassisch. Auf die eigens für Steck und Winkler entwickelte App fürs Handy verzichten viele, sie schreiben die Resultate lieber per Hand ins Blöckle. Anders als anderswo ist aber die Hauptsaison. Im Herbst und Winter floriert das Geschäft, wenn es wärmer wird, ist dagegen Flaute. „Der Sommer ist für uns tödlich“, sagt Steck, „am liebsten wäre uns Dauerregen.“ Aber man kenne das ja von der Videothek, „man muss einfach die Nerven bewahren“. Und warten bis es kälter wird.

Minigolf für Golfer

Dann endet auf Hedelfingens Höhen die Saison. Der Ableger des Vereins Sportkultur, die Golfkultur, hat nicht nur Abschlagplätze für Golfer. Sie haben dort auch einen Minigolf-Platz. Einen ohne Hindernisse allerdings. Er heißt Little Augusta, klein Augusta. Einem großen Vorbild ist er nachempfunden, dem Platz in Augusta in Georgia. Dort spielen die Profis die US Masters, eines der vier berühmten Golfturniere. Veranstalter ist der Augusta National Golf Club. Dessen Gründer Clifford Roberts hatte 1932 verfügt, „dass die Mitglieder hier weiß sind und die Caddies schwarz. Und zwar so lange ich lebe“. Roberts starb 1977, erst 1990 wurde Ronald Townsend aufgenommen, das erste schwarze Mitglied. 2012 folgte mit der ehemaligen Außenministern Condolezza Rice die erste Frau. Wer wissen will, warum Golf als elitär gilt, kann also mal in Augusta nachfragen.

Gegen diesen Ruf kämpft man bei der Golfkultur an. Little Augusta dient auch dazu, Kinder ans Golf heranzuführen. „Minigolf ist eher zugänglich als Golf“, sagt Jessica Peuker, die Leiterin des Golfbüros, „der Schritt ist dann nicht mehr so weit.“ Stimmt. Nur wenige Meter trennen die Abschlagplätze vom Minigolf. Gespielt wird mit Putter und Golfball. Mit fünf verschiedenen Sorten Kunstrasen hat man die Bahnen modelliert. Manche Besucher seien zwar enttäuscht, weil es keine Hindernisse gebe, sagt Peukert. Aber gerade für Kinder sei die Bahn ideal, weil man „mehr Geschick als Kraft braucht“.

Das gute alte Minigolf-Spiel erfindet sich immer wieder neu, so scheint es. Auch wenn man das Original ganz oben findet – auf der Uhlandshöhe.

Minigolfbahnen in Stuttgart

Minigolf-Tennis-Park Stuttgart Galileistr. 20, 70565 Stuttgart, Tel. 07 11 / 7 80 30-71, www.minigolftennispark.de

Adventure Minigolf Wagrainstraße 136, 70378 Stuttgart, Tel. 07 11 / 90 79 80-0, www.citygolf-stuttgart.de/adventure-minigolf

Gaststätte Neckarblick Im Schleifrain 1, 70327 Stuttgart, Tel.07 11 / 46 58 30, E-Mail:neckarblick@t-online.de

Bahnengolfanlage Stuttgarter SC 1900 e.V. Talstr. 210, 70372 Stuttgart (Bad Cannstatt), Tel. 07 11 / 56 32 19, www.stuttgartersc.de

CVJM Untertürkheim In den Aspen 1, 70327 Stuttgart (Untertürkheim), Tel. 07 11 / 2 36 88 82, www.cvjm-untertuerkheim.de/minigolf.htm

Kleingolfanlage Uhlandshöhe Alfred.Lörcher-Weg, 70188 Stuttgart, Tel. 07 11 / 46 38 42

Minigolfanlage am Kursaal König-Karl-Str. 1, 70372 Stuttgart (Bad Cannstatt), Tel. 07 11 / 55 01 91 10

Minigolf Am Tazzelwurm, Höhenpark Killesberg

Black Light Stuttgart Strohgäustraße 10, 70435 Stuttgart, Tel. 07 11 / 8 26 12 44, www.blacklight-stuttgart.de

GolfKultur Stuttgart Steinprügel 2, 70329 Stuttgart,Tel. 07 11 / 90  11  08  47, www.golfkultur-stuttgart.de