Nein, versicherten zwei hohe Ministeriale als Zeugen, sie hätten dem ersten U-Ausschuss zum Polizeieinsatz im Schlossgarten keine Akten vorenthalten. Für brisante Dokumente haben sie aber keine Erklärung – oder sie können sich nicht erinnern.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Sind dem ersten Untersuchungsausschuss zum Polizeieinsatz im Schlossgarten vom Staatsministerium absichtlich Unterlagen vorenthalten worden? Zwei dort einst maßgebliche hohe Beamte haben dies vor dem zweiten Gremium zum „schwarzen Donnerstag“ verneint. Der damalige Abteilungsleiter Michael Kleiner und der damalige Regierungsbeauftragte Michael Pope bestritten als Zeugen am Montag insbesondere, dass Akten „frisiert“ worden seien.

 

Diese Vermutung war unter anderem durch eine Notiz Popes aufgekommen, in der es hieß, man brauche noch Zeit für die „widerspruchsfreie Aufbereitung“ der Akten. Der Leitende Ministerialrat erklärte diesen – auch in CDU-Kreisen als schwierig empfundenen – Ausdruck mit der Abstimmung zwischen den drei beteiligten Ministerien: Man habe vermeiden wollen, dass Unterlagen, die mehrere Ressorts betrafen, nur von einem vorgelegt wurden. Nur dies sei mit dem Begriff „widerspruchsfrei“ gemeint gewesen. Im Ergebnis seien im Zweifel sogar mehr Akten vorgelegt worden als unbedingt nötig – und nicht weniger.

Rätsel um zwei Versionen eines Vermerks

Wesentliche Fragen zu den Akten blieben allerdings auch bei der Vernehmung von Kleiner und Pope unbeantwortet; teils konnten sie sich nach eigenen Angaben nicht mehr erinnern, teils hatten sie keine Erklärung für Merkwürdigkeiten. So blieb etwa ungeklärt, wie es zu zwei unterschiedlichen Varianten einer Notiz des Abteilungsleiters kam. In der dem ersten Ausschuss vorgelegten Fassung hatte es geheißen, der Polizeieinsatz könne nur „im Notfall“ abgebrochen werden. Inzwischen ist in den Mails von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) eine zweite, offenbar frühere Version aufgetaucht. Darin ist vom „äußersten Notfall“ die Rede und davon, dass sich der Staat „ein Scheitern der Aktion nicht leisten“ könne. Er habe damit Äußerungen der Polizei referiert, sagte Kleiner. Wie es zu den beiden Fassungen gekommen sei, sei ihm unerklärlich.

Keine Erinnerung hatte Kleiner angeblich an ein Angebot von Mappus, bei Ministerpräsidenten anderer Bundesländer persönlich um Verstärkung für die Polizei zu werben – obwohl er an der fraglichen Sitzung teilgenommen hatte. Er könne ein solches aber auch nicht ausschließen. Pope, der selbst nicht dabei war, will von Dritten von der Offerte erfahren haben. Er hatte Mappus zur Vorbereitung von dessen Aussage vor dem ersten Ausschuss ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bisher kein Zeuge das Angebot erwähnt habe. Die Rekrutierung von Polizeikräften ist bekanntlich nicht Aufgabe des Regierungschefs, sondern des Innenministeriums oder der Polizei. Es sei normal, dass ein Ministerpräsident für einen Auftritt vor einem U-Ausschuss vorbereitet werde, sagte Pope.

Rätselraten um Notiz zu Strobl

Ungeklärt blieb auch der Hinweis in einem Vermerk, das Büro von Mappus solle zur Abwehr von vermuteten Attacken der Opposition wegen Gesprächen „in Berlin“ Kontakt zum damaligen CDU-Generalsekretär Thomas Strobl aufnehmen. „Ich kann diese Notiz nicht einordnen“, sagte Kleiner; auch Pope betonte, er könne „beim besten Willen nicht sagen“, was es damit auf sich habe. Er bestätigte zwar eine Besprechung der Regierungsbeauftragten mit Mappus am Rande des CDU-Bundesparteitages im November 2010 in Karlsruhe. Trotz des „ungewohnten Ortes“ konnte er sich aber angeblich nicht erinnern, was genau dort besprochen worden sei; er habe das Treffen als „eher unspektakulär“ in Erinnerung. Zu einem Anruf des Bundeskanzleramtes, das am Abend des „schwarzen Donnerstags“ beim Lagezentrum des Stuttgarter Innenministerium die Telefonnummer von Mappus erfragt hatte, konnten beide Beamte nichts sagen.

Pope bestätigte auch, dass es zur Vorbereitung des ersten Ausschusses Beratungen mit der Landtags-CDU gegeben habe – etwa zur Reihenfolge der Zeugen. Das Staatsministerium sei dabei aber „eher Kellner als Koch“ gewesen. Beide Beamte, die inzwischen in anderen Ministerien arbeiten, wehren sich vehement dagegen, dass der Ausschuss Einblick in ihre Mails aus dem Herbst 2010 erhält. Das Staatsministerium prüft derzeit das weitere Vorgehen.